TV-Kommissare und ihre „Dienstautos“

Der Stuttgarter „Tatort“-Kommissar Thorsten Lannert fährt im Porsche zum Einsatz, sein Kollege Frank Thiel in Münster mit dem Fahrrad. Welches Dienstfahrzeug Til Schweiger als Kommissar in Hamburg demnächst bekommt, steht laut Norddeutschem Rundfunk noch nicht fest. Sicher ist nur: Bei den Autoherstellern hätte er große Auswahl – kostenlos.

Wie das gewöhnlich läuft, erklärt Mercedes-Benz-Sprecher Tobias Müller: „Auf das Drehbuch nehmen wir keinen Einfluss. Wichtig ist uns, dass Markenwerte von Mercedes wie zum Beispiel Sicherheit im Film widergespiegelt werden. Wenn uns die vorgeschlagene Verwendung zusagt, stellen wir ein Fahrzeug unentgeltlich zur Verfügung. Wenn der Dreh fertig ist, bekommen wir den Wagen zurück.“

Auch VW hilft den Sendern sparen und verleiht Autos für Filmproduktionen – „auf Anfrage“, betont Sprecher Eric Felber, und „auf Basis des deutschen Rundfunk-Staatsvertrages“. Schleichwerbung ist danach absolut tabu.

Schon der Anschein von Schleichwerbung soll vermieden werden, heißt es beim Westdeutschen Rundfunk. „Wenn zum Beispiel eine Kameraeinstellung einen Fahrer am Lenkrad zeigt und das Markenlogo deutlich erkennbar ist, könnte man uns Werbung unterstellen“, erklärt WDR-Sprecherin Barbara Feiereis. Deshalb „wird das dann abgeklebt oder verfremdet“. Aber der Film bewege sich wie die Menschen in einer Welt, die von Marken geprägt sei, sagt ein ehemaliger „Tatort“-Produzent. Diese Realität bei jedem Kameraschwenk krampfhaft auszublenden, wäre Quatsch. „Es bleibt eine Gratwanderung.“

Für Autohersteller ist ein großer Auftritt ihrer Marke in einem Hollywood-Blockbuster eine ganz andere Sache. Wenn James Bond im Aston Martin vorfährt oder Tom Cruise als „Mission Impossible“-Agent im BMW i8 durchs nächtliche Mumbai rast, ist das besser als jeder Werbespot. Product Placement sei „ein Imageinstrument zur Markenstärkung“, heißt es bei BMW.

Ob von einem Hauptkommissar im deutschen Fernsehkrimi so viel Glanz abfällt, dass auch nur ein Auto mehr verkauft wird, sei dahingestellt. Der Wiener Moritz Eisner ist im VW Golf unterwegs, Kommissarin Klara Blum in Konstanz fährt Mercedes, ebenso wie ihre Berliner Kollegen Ritter und Stark.

„Die bayerische Polizei fährt BMWs. Zur Abbildung der Lebensrealität ist deshalb schon vor langem die Entscheidung getroffen worden, dass die Kommissare Batic und Leitmayr ebenfalls im Dienst BMW-Fahrzeuge fahren sollen“, erklärt Regine Fenn vom Bayerischen Rundfunk. Sie stehen damit in der Tradition von „Kommissar“ Erik Ode und von „Derrick“ mit seinem legendären Satz: „Harry, fahr schon mal den Wagen vor.“

Der Kölner „Tatort“-Kommissar Freddy Schenk dagegen fährt keinen Dienstwagen aus den ortsansässigen Ford-Werken, sondern am liebsten dicke Schlitten aus den USA aus der Asservatenkammer. „Das wurde auf die Figur zugeschnitten“, erklärt WDR-Sprecherin Feiereis: „Schon bei der Rollenkomposition der Figur wurde das überlegt.“ Auch der Ludwigshafener Kommissars Mario Kopper gewinnt Charakter durch seine Liebe für italienische Oldtimer, so wie der bodenständige Thiel in Münster mit seinem Fahrrad.

Im wirklichen Leben hat ein Kommissar weniger Möglichkeiten. Einen 5er oder 7er BMW als Dienstwagen? „Auf keinen Fall! Der Staat schaut auch auf die Kosten“, sagt Johann Bielmeier, Kripobeamter in München und Sprecher des Bundes deutscher Kriminalbeamter in Bayern. Und im Dienst das Privatauto fahren? „Würde keiner machen.“ Kann er sich den sichergestellten Ferrari als Dienstwagen nehmen? Bielmeier lacht: „Leider nicht. Das bestimmt der Dienstherr.“ Und sein Traumauto wäre eher ein großer Audi oder VW-Bus: „Das wär’s! Da bringt man schön was rein“, erklärt er: „Wir stellen ja oft Unterlagen sicher.“

Radfahrer Thiel hat inzwischen auch sein Auto gefunden. Der „Tatort“-Kommissar macht jetzt ganz offen Reklame für Toyota – im Werbefernsehen.

(APA/dpa)

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