Audimax Wien ohne Zwischenfälle geräumt

Das Audimax soll nun zugesperrt werden, teilte die Universität Wien mit. Die Universität Wien begründete die von ihr beauftragte Räumung mit der „dramatischen Sicherheitslage“. Die Schließung sei, wie auch bei anderen Hörsälen, zu Beginn der Weihnachtsferien erfolgt, hieß es in einer Aussendung der Uni. Das Gefahrenpotenzial sei angesichts der von den Besetzern geplanten Feiern zu Weihnachten und Silvester weiter angestiegen. „Die Sicherheit ist im Hauptgebäude ohne Schließung nicht mehr zu gewährleisten.“

Zunächst verließen im Zuge der Räumung die Obdachlosen das Audimax, zuletzt kam eine Gruppe aus rund zehn Studenten aus dem Hörsaal. Sie riefen: „Wessen Uni? Unsere Uni!“ und stellten vor dem Eingang zur Universität ein Transparent auf. Unterdessen hatten sich rund ein Dutzend Schaulustige bzw. von den Besetzern alarmierte Personen vor dem Gebäude eingefunden, zu Zwischenfällen kam es jedoch nicht.

„Geht auf jeden Fall weiter“

Jene Besetzer des Audimax der Uni Wien, die auf Aufforderung der Polizei den Hörsaal räumen mussten, denken weiterhin nicht an ein Ende der Proteste. „Es geht auf jeden Fall weiter“, so eine Besetzerin nach der Räumung gegenüber der APA. Die Protestbewegung werde nun in andere besetzte Uni-Räume wie den Hörsaal C1 am Campus im Alten AKH (Wien-Alsergrund) gehen. Auch weitere Besetzungen seien möglich. Die Räumung sei so überraschend gekommen, dass nicht genügend Zeit gewesen sei, um andere Teilnehmer der Protestbewegung zu mobilisieren, sagte einer der Besetzer. Sie hätten keinen Widerstand gegen die Räumung geleistet, weil es „sinnlos“ gewesen wäre. Und: „Vielen ist klar, dass wir nicht zum letzten Mal im Audimax gesessen sind.“

Flora Eder vom Vorsitzteam der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) an der Uni Wien übte gegenüber der APA Kritik am Zeitpunkt der Räumung. „Es ist schade, dass es gerade jetzt passiert, weil es für das Rektorat über die Ferien keine Zusatzkosten für die Anmietung von Vorlesungsräumen bedeutet hätte. Aber offensichtlich ist der Uni der Weihnachtsfrieden wichtiger als der bildungspolitische Frieden“. Eder verwies außerdem darauf, dass es „sehr konstruktive Gespräche“ zwischen Unileitung, ÖH und den Audimax-Besetzern über eine Freigabe des Hörsaals gegeben hätte. „Deshalb ist es unverständlich, dass gerade jetzt geräumt wird.“

Diskussion um Obdachlose

Scharfe Kritik kommt auch vom Verband der Wiener Wohnungslosenhilfe: Die Caritas habe extra ein Notschlaflager für die im Audimax untergekommenen Obdachlosen eingerichtet, am 21. Dezember hätte sie gemeinsam mit der ÖH und den Audimax-Besetzern vor Ort geklärt, wie man die Betroffenen am Besten dorthin bringen könne, so der Verbandsvorsitzende Markus Reiter von der Obdachloseneinrichtung „Neunerhaus“. Die Uni sei seit 18. Dezember von diesen Plänen informiert gewesen, betonte Reiter. Dass die Uni die aus dem Audimax verwiesenen Obdachlosen an das „Service für Wiener Wohnungslosenhilfe“ (P7) verwiesen hat, hält Reiter für sinnlos. „Die können auch nichts anderes sagen, als dass es keine freien Plätze gibt.“

Das Rektorat der Uni Wien verwies in einer Aussendung darauf, dass im Vorfeld Kontakt mit verschiedenen Notschlafstellen der Stadt Wien und der Caritas aufgenommen worden sei. „Die Universität Wien konnte in Kooperation mit der Exekutive erreichen, dass die Betreuung der Obdachlosen gewährleistet ist“, heißt es. Die Obdachlosen würden im P7 von der Caritas versorgt.

„Dramatische Sicherheitslage“

Die Räumung des Audimax und der übrigen von den Besetzern genutzten Räume im Hauptgebäude begründete die Uni in einer Aussendung mit der „dramatischen Sicherheitslage“, die bei einer Besetzung über Weihnachten oder Silvester „unkalkulierbar“ geworden wäre. Unter anderem sei vor einer Woche „ein in Deutschland polizeilich gesuchter Demonstrant“ in dem Hörsaal verhaftet worden, die Besetzer seien außerdem gewaltsam in Büroräumlichkeiten eingedrungen, der Drogenhandel und -konsum habe zugenommen.

Die Uni will allerdings auf jeden Fall mit jenen, „die an einer konstruktiven Lösung interessiert sind“, weiterhin über die ursprünglichen Forderungen der Protestbewegung wie die Verbesserung der Ausstattung der Uni reden. Außerdem würden alle bisher diskutierten Themen, von Fragen der Curricula bis zur Studienadministration, weiterhin in den universitären Organen weiter bearbeitet. „Alle Studierenden und MitarbeiterInnen sind jederzeit eingeladen, ihre Anregungen einzubringen“, so die Unileitung.

Über das Wochenende hatten Uni-Leitung und Studentenvertreter stundenlang über die Situation im Audimax verhandelt. Das Rektorat sprach dabei von immer massiver werdenden Sicherheitsproblemen. Unter anderem gebe es immer mehr Probleme mit dem Brandschutz. So seien etwa immer wieder Mistkübel angezündet worden, hieß es.

ÖH kommt bei Gesprächen weiter

Die ÖH-Vorsitzende Eder hatte gegenüber der APA betont, dass „wir das natürlich ernst nehmen“, ein Ignorieren wäre auch fahrlässig. Die Sicherheitsfragen würden auch von den Besetzern im Audimax ernst genommen. Bei den Gesprächen gab es außerdem große Übereinstimmungen bei einem anderen Thema, nämlich der Aufteilung der rund acht Millionen Euro, die die Universität aus der „Notfallreserve“ erhält. Diese sollen schwerpunktmäßig in die Lehre fließen und vor allem zur Verbesserung der Betreuungsrelationen verwendet werden. Dazu gibt es Anfang Jänner ein Treffen zwischen Studentenvertretern und Rektorat.

Wichtig sei, dass Geld investiert werde, um in den Studieneingangsphasen kleinere Gruppen statt Massenvorlesungen zu etablieren. Außerdem müsse das Betreuungsverhältnis in Fächern Publizistik und Internationale Entwicklung verbessert sowie Geld in Sprachcurricula investiert werden. Ein weiteres wichtiges Thema sei das Überdenken der Erweiterungscurricula.

Das Audimax ist der größte Hörsaal Österreichs. Im Zuge von Protesten an der Akademie der Bildenden Künste gegen die Einführung des Bachelor/Master/PhD-Systems wurde auch das Audimax am 22. Oktober von gegen die Bildungssituation protestierenden Studenten besetzt. Seither fanden dort keine Lehrveranstaltungen statt. Die Universität Wien musste diese von der Inneren Stadt an externe Orte wie das Austria Center in Wien-Donaustadt auslagern. In den letzten Wochen sammelten sich auch immer mehr Obdachlose im besetzten Hörsaal, während die Zahl der protestierenden Studenten massiv zurückging.

Grazer Hörsäle teilweise frei

Die studentischen Besetzer der Hörsäle auf der Universität Graz haben sich inzwischen mit Rektor Alfred Gutschelhofer geeinigt: Der besetzte Hörsaaltrakt ABC wird während der Weihnachtsferien freigegeben, die Studierenden übersiedeln dafür in die Ersatzräume in der Schubertstraße. Am 7. Jänner 2010 kehren sie jedoch zurück in den Hörsaal B. Der Hörsaal A wird ab dann nur noch an vier Tagen der Woche abends für Versammlungen genutzt. Die Vertreter der Studenten meinten jedoch, dass der Protest damit nicht beendet sei.

Die Einigung sei das Ergebnis von mehreren Gesprächen zwischen Gutschelhofer, den Besetzern und dem ÖH-Vorsitzenden Cengiz Kulac in den vergangenen Tagen. Mit der Freigabe des Hörsaals A tagsüber, sei die Anmietung von Kinosälen im UCI in der Annenstraße nicht mehr notwendig. „Die Uni Graz bleibt in anderer Form besetzt, bis die Regierung die Forderungen erfüllt, so die Vertreter der Studierenden. Gemeinsam mit dem Rektorat wolle man die Bedingungen an den Hochschulen weiter verbessern. Eine Arbeitsgruppe wurde dazu eingerichtet, die sich zumindest einmal monatlich treffen soll.

Tiroler SoWi-Aula wieder frei

Nach siebenwöchiger Besetzung des größten Hörsaals der Universität Innsbruck an der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, der SoWi-Aula, haben sich die Aktionisten, allen voran die Bewegung „UniBrennt!“, am 18. Dezember mit der Uni-Leitung geeinigt. Das oftmals diskutierte und abgeänderte „Positionspapier“ wurde von beiden Seiten unterzeichnet. Die Studierenden ziehen in den „Geiwi-Turm“ um.

„Sie haben einen bemerkenswerten Schritt gesetzt“, würdigte Rektor Karlheinz Töchterle den Protest der Studenten, der von konstruktiver Note sei. Die Universitäten hätten ein grundsätzliches Problem wie zu wenig Platz und Geld, welches diskutiert gehöre. Die Österreichischen Universitäten und damit auch Innsbruck seien am Beginn des Ganzen gestanden, das Signal sei und solle weiterhin nach Außen getragen werden. „Ich freue mich auf den weiteren Prozess, wir sind auf einem guten Weg“, meinte Töchterle nach der „Vertrags“-Unterzeichnung und erklärte, den wichtigen Dialog über die Reform der neuen Studien fortsetzen zu wollen.

Die Studenten hatten in ihrem „Positionspapier“ Räumlichkeiten für den Fortbestand des Prozesses und für wöchentlich mehrere Plena sowie einem monatlich stattfindenden gesamtuniversitären Uniplenum mit Pflichtanwesenheit gefordert. Weiters müsse die Universitätsleitung Finanzmittel in ausreichender Höhe zur Verfügung stellen, die Kommunikation nach Außen, Innen und innerhalb der Universität gewährleisten und ihre Positionierung zu den bisherigen Forderungen und Gesprächen darstellen.

Protest in „neuer, einzigartiger Form“

Der Protest solle in „neuer, einzigartiger Form“ fortgeführt und ausgeweitet werden. Am 11. Jänner sollen die neuen Räumlichkeiten bezogen werden. Bis 22. Dezember werde die bisherige Basis geräumt, durchgeputzt und ab 11. Jänner für Vorlesungen wieder zur Verfügung stehen.

Am 29. Oktober hatten sich die Tiroler Studenten formiert und gegen die „Missstände im Hochschulsystem“ auch mit Plakaten wie „mehr Geld für Bildung“, „Bildungsgarantie statt Börsenspiele“ und „Keiner Mag. uns mehr“ protestiert. Nach dem Protestzug besetzten rund 600 Personen die SoWi-Aula. Seit damals war der Hörsaal für Vorlesungen nicht zugänglich, Ersatzhörsäle für bis zu 500 Personen wurden organisiert. Formationen wie „Gebt die Sowi-Aula frei!“ oder die Bewegung „Studieren statt blockieren“ hatten versucht, die „Blockade“ zu beenden. Mehrere Aktionen wie eine „Bildungs-Tanz-Demo“ säumten die 50-tägige Besetzung, Mitte November stattete Kabarettist und Schauspieler Josef Hader den Studenten einen Besuch ab.

(APA)

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