Werner Kogler: "Regieren im Bund und nicht in St. Pölten"

Vizekanzler und Grünen-Chef hält an Zusammenarbeit mit ÖVP fest – Strebt Spitzenkandidatur bei der Nationalratswahl an, nicht aber bei der EU-Wahl

Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler verteidigt weiterhin die Entscheidung, sich auf eine Koalition mit der ÖVP eingelassen zu haben. „Selbstverständlich“ habe sich das ausgezahlt, sagte er im Sommerinterview mit der APA. Unstimmigkeiten mit Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wischte er beiseite, im Bund liefere man Ergebnisse. Bei der kommenden Nationalratswahl will Kogler erneut als Spitzenkandidat der Grünen antreten, bei der EU-Wahl nicht.

„Bekanntlich regieren wir im Bund und nicht in St. Pölten“, sagte er über die nicht abebbende Auseinandersetzung um die Fokussierung der mit der FPÖ koalierenden Landeshauptfrau auf die „normal denkende Mitte der Gesellschaft“, was Kogler als „präfaschistoid“ bezeichnet hatte. Bei seiner Kritik bleibt er: „Ich sehe nach wie vor die Frage offen, wie die Einteilung in Normale und Abnormale nicht dazu führen soll, dass Ausgrenzung betrieben wird.“ Dass sich sein Regierungspartner Karl Nehammer (ÖVP) nach dem jüngsten Tadel von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Verteidiger der Schnitzelesser (in Abgrenzung von Veganern) geäußert hat, wollte Kogler nicht weiter kommentieren.

„Mir ist wichtig, dass die Zusammenarbeit in der Bundesregierung so funktioniert, dass wir immer wieder Ergebnisse liefern. Und das tun wir“, unterstrich der Grünen-Bundessprecher und wiederholte das von seinen Parteigenossen oft strapazierte Wording, dass man in den dreieinhalb Jahren Regierungsbeteiligung in der Klimaschutzpolitik mehr weitergebracht habe, als die Regierungen in den 30 Jahren zuvor. Was Transparenz betreffe, habe man einen „Kulturwechsel der Sonderklasse“ herbeigeführt, ähnliches gelte im Sozialbereich mit Pensionserhöhungen über den Erwartungen und der Valorisierung der Sozialleistungen: „Es ist viel mehr erreicht worden, als erwartbar war.“

Die Frage, ob sich das Zusammengehen mit der ÖVP ausgezahlt hat, ist für Kogler daher klar beantwortet und jüngst auch durch einen politikwissenschaftlichen Befund belegt: „Selbstverständlich, sonst würden wir gar nicht mehr in der Koalition sein. Wir bringen viel weiter, so soll es auch bleiben.“ Am Klimaschutzgesetz oder dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz werde man dranbleiben, das sei „immer ein Bohren harter Bretter“. Ähnliches gelte für das Informationsfreiheitsgesetz und die Abschaffung des Amtsgeheimnisses, den Bodenschutz oder die angestrebte Gesundheitsreform im Zuge des Finanzausgleichs.

Mit wem die Grünen nach der Nationalratswahl 2024 zusammengehen wollen, sollte sich die Gelegenheit ergeben, ließ Kogler offen. Es gehe immer ums Programm, und für die Grünen stehe die „massive weitere Beschleunigung des Klimaschutzes“, die zugehörige soziale Absicherung und das Thema Transparenz im Mittelpunkt. Klar sind Koglers eigene Ambitionen: „Ich will und werde beim Bundeskongress für die Spitzenkandidatur bei der Nationalratswahl kandidieren.“ Bei der zuvor stattfindenden EU-Wahl will er dies hingegen (anders als beim letzten Mal) nicht tun.

Thematisch müsse es in der kommenden Legislaturperiode aus grüner Sicht um den „ganzen Umbau der österreichischen Industrie, der Wirtschaft, des Verkehrssystems auf volle Klimaschutztauglichkeit“ gehen. Zu Tempo 100 auf Autobahnen meinte er: „Da haben wir uns schon deklariert, aber dazu gibt es derzeit keine Mehrheit im Nationalrat.“ Auch SPÖ-Chef Andreas Babler stehe mit seiner positiven Sicht in dieser Frage „eher allein“ in der Sozialdemokratie.

Ob es bei Europa- und Nationalratswahl wie beim letzten Mal Überraschungskandidaten an den vorderen Positionen geben wird, ließ der Grünen-Chef offen. Im Europaparlament sei man personell gut aufgestellt, ebenso auf Bundesebene mit dem Regierungsteam. „Das ist wirklich ein Team, das ist nicht nur so dahergesagt“, zeigte sich Kogler voller Lob. Fragen der Kandidatenfindung seien jedenfalls noch weit weg.

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