Autobauer feilen am Ambiente

Man lässt sich fallen in weiche Sessel, die Landschaft zieht vorbei wie im Film. Dazu trägt eine leichte Wolke süßen Dufts aus einer Glaskugel die Insassen in eine Traumwelt aus 1001 Nacht. Solchen Komfort werden nur jene 100 Kunden erleben, die für den Maybach Zeppelin ab 483.000 Euro zahlen und noch einmal rund 5.000 Euro für den teuersten Wunderbaum der Welt mit eigenen Duftwässern investieren.

Doch das ist nur der Gipfel einer Reihe von Genüssen, mit denen die Autohersteller ihre Kunden auch in bodenständigeren Autos besser entspannen wollen. Denn auf der Suche nach neuen Ideen für den Innenraum rückt zusehends das perfekte Ambiente in den Mittelpunkt. Ging es den Entwicklern bislang vor allem um Ergonomie und Komfort, wollen sie nun mit Licht, Luft und Duft Einfluss auf das Befinden der Insassen nehmen und so deren Wohlgefühl steigern.

Parfümspendern komme dabei eine besondere Bedeutung zu, sagt Isabelle Burdel. Sie ist Parfümeurin in der französischen Duftmetropole Grasse und lobt den Geruch als schärfsten Sinn des Menschen: „Wenn wir ihn beeinflussen, beeinflussen wir auch die Stimmung und das Unterbewusstsein.“ Mit dem richtigen Parfüm könne man zum Beispiel Geborgenheit und ein Gefühl der Ruhe erzeugen.

Vor diesem Hintergrund steht Autofahrern eine zunehmende Anzahl von Beduftungsanlagen zur Verfügung – von der Luxus-Variante im Maybach über den bodenständigen Verdampfer im Fiat 500, Peugeot 207 oder Citroën C4 bis zum Wunderbaum von der Tankstelle. Opel-Entwickler Frank Leopold kann sich den Einsatz von Duftstoffen „für mehr Wellness im Wagen“ vorstellen. Auch Maybach-Produktmanager Patrick Marinoff gibt sich zuversichtlich: „Nicht ganz so aufwendig präsentiert und wahrscheinlich auch nicht ganz so teuer, werden wir solche Lösungen demnächst auch in Mercedes-Modellen sehen.“

Die Entwickler von Nissan sind auf diesen Zug bereits aufgesprungen. In ihrem japanischen Topmodell Fuga, das 2010 als Infiniti M-Serie auch nach Europa kommt, haben sie die „Wald-Klimaanlage“ eingeführt. „Im Wald fühlt sich der Mensch in der Regel am wohlsten“, sagt Entwickler Yuzuru Yoshinami und präsentiert zwei Duftspender, aus denen es nach Holz und Laub riecht. Sie werden in die Klimaanlage integriert und sollen den Innenraum in eine Lichtung verwandeln.

Neben Luft und Duft nutzen die Entwickler zunehmend auch das Licht, um bestimmte Stimmungen an Bord zu erzeugen. Schon jetzt schaltet etwa beim Opel Insignia OPC die Instrumentenbeleuchtung von Weiß auf Rot, wenn der Fahrer den Sportmodus wählt. Beim Mini kann er die Farbe stufenlos von Blau in Rot dimmen, bei Luxuslinern wie dem 5er GT von BMW oder der S-Klasse von Mercedes sorgen Lichtleiter nachts für eine kuschelige Atmosphäre. Für das Coupé des Rolls-Royce Phantom bietet die britische Nobelmarke für den Preis eines Kleinwagens sogar einen Sternenhimmel mit 1.600 LEDs im Dach an.

„Der Beleuchtung im und am Fahrzeug kommen in Zukunft deutlich mehr Aufgaben zu, als nur die der erhellenden Funktion“, sagt Hans-Peter Bailer, der bei BMW an neuen Lichtwelten forscht. Er will den Fahrer mit speziellen Inszenierungen willkommen heißen, ihm mit einer punktuellen Beleuchtung seinen Platz zuweisen und ihn mit dem richtigen Licht zur richtigen Zeit in die richtige Stimmung bringen. „Das Automobil ist ein Lebensraum. Den möchten wir mittels Licht so gestalten, dass man sich darin wohl fühlen kann.“

Selbst sparsamer fahren wird man mit der richtigen Beleuchtung bald können. Das erforschen Peugeot-Entwickler bei der Studie BB1, deren Innenbeleuchtung laut Sprecher Bernhard Voss je nach Fahrstil und Verbrauch variiert: Fährt das Auto zu schnell und zu ineffizient, glüht der Innenraum rot. Rollt man langsam und gelassen, ist alles „im grünen Bereich“. Ganz sicher sind sich die Entwickler aber wohl noch nicht. Zumindest bei den Serienmodellen genügt ein Knopfdruck – und Duftspender, Lichtorgeln oder Lufterfrischer geben Ruhe.

(APA/dpa)

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