Regierung einigt sich auf Erneuerbares-Gas-Gesetz

Quoten für Einspeisung von Biogas – Strafzahlungen geringer als ursprünglich geplant – Kritik von Oppositionsparteien und Gaswirtschaft, Lob von Landwirten und Umweltorganisationen

Die Regierung hat sich nach monatelanger Verzögerung nun auf das lange geplante Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG) geeinigt. Am Mittwoch passierte eine entsprechende Regierungsvorlage den Ministerrat. Ziel ist es, Gasversorger künftig zu verpflichten, Erdgas schrittweise durch festgelegte Quoten an Biogas zu ersetzen. Zum Beschluss im Nationalrat benötigte die türkis-grüne Regierung eine Zweidrittelmehrheit und damit Zustimmung von SPÖ oder FPÖ.

Die Begutachtung des EGG-Entwurfs ist bereits Ende März zu Ende gegangen, die Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen haben sich dann noch länger hingezogen. Die Regierungsvorlage wird nun an das Parlament übermittelt, wo Mehrheiten für die Zweidrittelmaterie gesucht werden.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hoffte im Pressefoyer nach dem Ministerrat auf rasche Verhandlungen. Immerhin gehe es um einen wichtigen Baustein der Energiewende. Österreich müsse raus aus dreckigen fossilen Energieträgern und der Erpressbarkeit. Was man selbst produziere, könne einem auch niemand wegnehmen – statt Gaswerk beim Kreml habe man ein Kraftwerk beim Misthaufen. Bezüglich des wieder gestiegenen Anteils von russischem Gas will Gewessler eine gesetzliche Diversifizierungspflicht. Man sei dabei, eine entsprechende Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes auszuarbeiten.

Auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) war von der Einigung angetan. Er sieht eine „Win-Win-Situation“. Man wolle mit der Novelle auch der Biogas-Förderung „Flügel verleihen“. Diese sei ein Schlüssel für die Energiewende in Österreich. Biogas sei klimaneutral und die Rohstoffe könnten Österreich nie ausgehen. Letztlich handle es sich auch um einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft.

Ziel des Vorhabens ist laut Regierungsangaben der Ausbau der heimischen Biogasproduktion. Ab 2030 sollen dann jährlich mindestens 7,5 Terawattstunden „Grünes Gas“ in das Gasnetz eingespeist werden. Versorger müssen sicherstellen, dass sie die Kunden ab dann mit mindestens 9,75 Prozent grünem Gas beliefern (2024 beträgt der Anteil 0,35 Prozent). Gegenüber dem Stand heute bedeutet das mehr als eine Verfünfzigfachung der heimischen Biomethanproduktion (0,14 TWh auf dann 7,5 TWh). Für die Jahre 2024 bis 2030 ist dabei ein stufenweiser Anstieg mit fixen Prozentvorgaben pro Jahr vorgesehen.

Neben dem Schutz des Klimas – laut Regierung wird durch das Erneuerbares-Gas-Gesetz bis 2030 4,2 Millionen Tonnen klimaschädliches CO2 gespart werden – soll das Gesetz auch die österreichische Energieunabhängigkeit stärken. „Denn heimisches Biomethan kann direkt russisches Erdgas ersetzen und verringert so die Abhängigkeit“, heißt es in den Regierungsunterlagen.

Bis 2040 soll der heimische Gasverbrauch dann vollständig durch Biogas gedeckt werden. Eingesetzt werden soll dieses vorrangig in jenen Bereichen, für die es keine anderen Lösungen gibt, vor allem in der Industrie. Die Erzeugung von „Biogas“ erfolgt durch die Verwertung von Holzresten, landwirtschaftlichen Abfällen oder Biomüll. Bei dem gesamten Prozess wird laut Regierung gleich viel klimaschädliches CO2 gebunden, wie bei der Verbrennung erzeugt wird.

Gegenüber dem Begutachtungsentwurf gesenkt wurden die Strafzahlungen bei Nichterfüllung der Quoten, an denen sich die Gasbranche gestoßen hatte. Die Sanktionen sehen vor, dass Versorger pro fehlende Kilowattstunde 15 Cent als Ausgleichsbeitrag an die EGG-Abwicklungsstelle zahlen müssen (im Entwurf waren noch 18 Cent ab 2025 vorgesehen). Diese Einnahmen sollen dann als Fördermittel für die Errichtung von Biogasanlagen und Anlagen zur Produktion von erneuerbarem Wasserstoff verwendet werden. Für die ersten Biomethananlagen gibt es zudem ein befristetes Sicherheitsnetz: Dieses soll garantieren, dass die produzierten Mengen auch abgenommen werden.

Die Oppositionsparteien opponieren erwartungsgemäß. NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer geht der Gesetzesentwurf nicht weit genug: Ein Biogas-Anteil von bis zu 10 Terawattstunden pro Jahr wäre möglich, meint sie. „Die geplanten 7,5 Terawattstunden bis 2030 sind also deutlich zu wenig und kommen zu spät.“

FPÖ-Technologiesprecher Gerhard Deimek warnte per Aussendung davor, dass die Mehrkosten den Konsumenten umgehängt werden könnten. Außerdem habe mit der FPÖ niemand gesprochen oder einen Gesetzesentwurf vorgelegt. „Die Crux daran ist aber, dass dieses Gesetz in dritter Lesung eine Zweidrittelmehrheit erfordert, also einen Konsens mit mindestens einer größeren Oppositionspartei nötig macht.“

Die zweite größere Oppositionspartei SPÖ kann im EGG ebenfalls wenig Gutes erkennen. Nicht geklärt sei etwa, wie hoch die Gesamtkosten der angestrebten Produktion von erneuerbarem Gas sein werden und wer diese Kosten tragen soll. Die „ÖVP-Agrarlobby hat sich durchgesetzt“, meinte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll.

Tatsächlich zeigten sich die Agrarier zufrieden mit dem Entwurf. Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger forderte die Oppositionsparteien auf, dem Vorhaben „raschest“ zuzustimmen. Auch der Kompost & Biogas Verband (KBVÖ) appellierte an alle Parteien, das EGG zu unterstützen und „zügig zu beschließen“.

Eine lange Liste an „entscheidenden Mängeln“ im Gesetzesentwurf legte hingegen die Gaswirtschaft vor. So werde das vorgeschlagene Quotenmodell zu Mehrkosten in Höhe von 3,6 Mrd. Euro bis zum Jahr 2030 führen, rechnet der Fachverband Gas Wärme (FGW) vor und schlägt stattdessen die Ausgleichszahlungen aus Basis von aktuellen Marktpreisen zu ermitteln. Außerdem fordert der Fachverband die Öffnung der Quote für den Import von erneuerbaren Gasen.

Die Umweltschutzorganisationen Greenpeace und Global 2000 begrüßen das geplante Gesetz, haben aber auch Kritikpunkte gefunden. Für Greenpeace ist das Erneuerbares-Gas-Gesetz „ein wichtiger Schritt, um Österreichs Abhängigkeit von fossilem Gas zu lösen und Klimaschutz voranzubringen“, allerdings falle das Ausbauziel im Gesetz zu niedrig aus. Beide Organisationen betonten, dass erneuerbares Gas nur dann nachhaltig sei, wenn es aus Abfallprodukten komme. Keinesfalls dürften Lebensmittel für die Energieerzeugung verwendet werden, sagten Jasmin Duregger von Greenpeace und Johannes Wahlmüller von Global 2000.

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