Hartinger-Klein kündigt Papamonat und Pflegegelderhöhung an

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ zwei „Zuckerl“ angekündigt: Einen Rechtsanspruch auf den Papamonat und die Erhöhung des Pflegegeldes „sicher“ schon ab Stufe 3. Die Mindestsicherungsreform bekommt noch einen „Feinschliff“, zu den Problembereichen Ärztemangel, Pflegefinanzierung und zum Arbeitslosengeld hat sie Studien beauftragt.

Der „Feinschliff“ bei der – in der Begutachtung breit kritisierten – Mindestsicherungsreform betrifft, so Hartinger-Klein, vor allem die Erläuterungen und Erklärungen, und einige „Kleinigkeiten“ werde sie noch adaptieren. So werde man „sicher“ bei Häftlingen und Behinderten-Wohngemeinschaften „etwas machen“. Bei bedingten Haftstrafen will die Ministerin auf die im Entwurf vorgesehene Streichung für die Dauer der Freiheitsstrafe verzichten; darüber verhandelt sie gerade mit der ÖVP.

Keine Bereitschaft zur Änderung zeigte sie hinsichtlich der Familien. Denn aus der Sicht Hartinger-Kleins bringt die Neuregelung „keine Härte bei Kindern“. Ebenso kein Verständnis zeigte sich für Kritik daran, dass Asylwerber mit negativem Bescheid ihre Lehre nicht fertigmachen dürfen. Den Klagen der Unternehmen darüber hielt sie entgegen: „Man hätte sich vorher überlegen müssen ob ich Asylwerber nehme oder Asylberechtigten“ – schließlich gebe es 30.000 Asylberechtigte, die „eine Lehre machen können“.

Einen Rechtsanspruch auf den Papamonat auch in der Privatwirtschaft werde es „so rasch als möglich“ geben. Das habe schon mit dem Koalitionspartner ÖVP besprochen, sagte Hartinger-Klein. Sie ist überzeugt, dass man die Wirtschaft dafür gewinnen kann, schließlich sei der Papamonat ja unbezahlt (es gibt 700 Euro Kindergeld vom Staat, Anm.)

Ebenfalls schon mit der ÖVP vereinbart hat die Sozialministerin nach eigenen Angaben, dass das Pflegegeld nicht erst – wie im Regierungsprogramm vorgesehen – ab Stufe 4, sondern schon ab Stufe 3 erhöht wird. Auch eine Anpassung für die Stufen 1 und 2 „können wir uns ansehen“, das hänge jedoch vom Finanzminister ab. „Erst den Finanzminister dafür gewinnen“ müsste sie auch für eine – für sie durchaus vorstellbare – Pflegekarenz.

Wie die Pflege künftig finanziert wird – Versicherung oder Steuern -, könne sie noch nicht sagen. Dazu hat Hartinger-Klein eine Studie beauftragt, ebenso zum Arbeitslosengeld/Notstandshilfe neu. Studien und Gespräche gibt es auch zum Thema Ärztemangel. Hartinger-Klein will mehr Kassenarztplanstellen schaffen – und, auf den Hinweis, dass viele derzeit nicht besetzt werden können, betonte sie die Notwendigkeit für Anreize vor allem im ländlichen Bereich. Sie werde sich „jede Region genau ansehen, warum dort keiner hingehen will“. Wichtig sei jedenfalls, dass mit der Krankenkassenreform die Leistungen österreichweit gleich ausfallen werden,

Im – mit dem EuGH-Urteil aufgeworfenen – Karfreitags-Feiertag sieht Hartinger-Klein ein „herausforderndes Thema“ für die Regierung, sei es hier doch „ganz schwierig“, ein „Win-Win“ zu schaffen. Sieben Varianten gibt es für die Lösung, welche es wird könne sie noch nicht sagen, aber „es kann gut sein“, dass alle einen freien Tag mehr bekommen.

Der Zusammenarbeit mit der ÖVP gibt Hartinger-Klein die Note „fast eins“. Sie erzählte aber, dass es bei aller öffentlich demonstrierten Harmonie „schon oft Diskussionen hinter verschlossenen Türen“ gebe, wo man sich zu „Einigungen durchringen“ müsse. Zum Vorwurf der Türkis-Blau von den Kritikern vorgehaltenen „sozialen Kälte“ merkte die FPÖ-Ministerin an: „Ich muss nicht Wärme ausstrahlen. Ich bin die Wärme, weil mir die Menschen wichtig sind.“

Nicht wirklich berechtigt sein dürfte der Optimismus von Hartinger-Klein, man werde die Wirtschaft wohl für das Recht auf den Papamonat gewinnen können. Die Wirtschaftskammer zeigte sich sehr skeptisch – während die Arbeiterkammer die Ankündigung der Ministerin begrüßte. Auch in Sachen Karfreitag fielen die Reaktionen gegenteilig aus.

„Ein möglicher Papamonat wäre für kleinere und mittlere Betrieben kaum durchführbar, weil fehlende Fachkräfte über vier Wochen nicht einfach ersetzt werden können“, merkte der stv. Leiter der Sozialpolitischen Abteilung der WKÖ, Rolf Gleißner, an. Er verwies auf „bereits jetzt bestehende Rechtsansprüche von Vätern rund um die Geburt, die eine Beteiligung an der Betreuung ermöglichen“. Bis dato liege auch keine Meldung aus einem Betrieb vor, in dem einem Vater eine Freistellung verweigert worden wäre. AK-Präsidentin Renate Anderl hingegen begrüßte Hartingers Ankündigung der ORF-„Pressestunde“, das lange geforderte Recht auf einen Papamonat für alle Arbeitnehmer zu schaffen. Die Arbeiterkammer werde „die Regierung daran erinnern, dass das auch schnell umgesetzt werden muss“.

Gleißner erinnerte die Regierung an ihre Klarstellung, dass es nach dem Karfreitags-Urteil für die Wirtschaft „zu keiner Mehrbelastung kommen wird“. Also dürfe kein zusätzlicher allgemeiner Feiertag Ziel einer Neuregelung sein. Die WKÖ sei zwar „gesprächsoffen“ über die sieben Varianten. Aber Österreich habe mit 25 bzw. 30 Urlaubstagen und 13 Feiertagen bereits weit mehr freie Tage als der EU-Schnitt oder Deutschland. Aus Anderls Sicht haben sich die Österreicher dennoch „einen zusätzlichen Feiertag verdient“ – und die große Mehrheit, nämlich 81 Prozent in einer von der AK in Auftrag gegebenen Umfrage von Unique Research, sei für einen freien Karfreitag für alle.

„Nur wundern“ über den „Pressestunden“-Auftritt Hartingers konnte sich SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Die Ministerin habe zu den vielen Fragen „entweder gar keine Antwort wie beim Ärztemangel und bei der Pflege, oder falsche Antworten wie durch ihre Zerschlagung der Sozialversicherung und die Abschaffung der Notstandshilfe“. In Sachen Papamonat verlangte er die Fortzahlung des Entgelts.

Bemerkenswert für Muchitsch war, dass „Österreich jetzt zum ersten Mal eine Sozialministerin hat, die gegen höhere Löhne ist“. Denn auf die Frage, ob man bei der Finanzierung des Sozialstaates nicht auch bei höheren Löhnen ansetzen könnte, hatte die Hartinger-Klein munter Hinweis auf die Wettbewerbsfähigkeit gesagt: „Wenn Österreich die Löhne noch hinaufsetzt, wo sind wir dann?“

(APA)

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