Aufwärmtraining für Saisonbiker

Die Kette fetten, eventuell das Öl wechseln, dann noch die übrigen Betriebsflüssigkeiten, den Reifendruck und die Bordelektronik checken: Schon ist das Motorrad startklar für die bevorstehende Saison. Aber wie sieht es mit dem Fahrer aus – ist er es auch?

Nach dem Winter sind Saisonbiker den hohen Anforderungen des Motorradfahrens oft nicht mehr so gut gewachsen wie vor der Pause. Wer zwischendurch kaum Sport getrieben und womöglich ein paar Kilos zugenommen hat, steht nicht nur vor dem Problem, dass es in der Schutzkleidung eng werden könnte: Ohne Training erschlafft die Muskulatur, außerdem lassen Kondition, Motorik und Reaktionsvermögen nach. „Das alles braucht man aber, um sicher im Sattel zu sitzen“, betont Dominique Pascal Thury. Als erfolgreicher deutscher Motocross-Fahrer weiß der 19-Jährige, worauf es ankommt.

Innerhalb eines Monats können eingerostete Biker zur alten Form zurückfinden, ist Thury überzeugt. Ausdauertraining hält er dabei für besonders wichtig. Die fürs Motorradfahren entscheidende Muskulatur lässt sich gezielt wieder aufbauen und die Hand-Fuß-Koordination schulen, sagt Achim Schmidt von der Deutschen Sporthochschule Köln. Und laut Matthias Haasper vom Institut für Zweiradsicherheit (ifz) in Essen können vor der ersten großen Tour des Jahres auch Fahrübungen auf einem leeren Parkplatz nicht schaden. Die Experten schlagen mit Blick auf den Saisonstart folgendes Trainingsprogramm vor:

– Bevor sich Fahrer wieder auf ihre Maschine schwingen, sollten sie dreimal pro Woche eine halbe Stunde joggen. Thury rät, zusätzlich einmal pro Woche eine halbe bis eine Stunde lang zu schwimmen – „durchschwimmen und nicht planschen“, betont er. „Das steigert die Kondition und lockert den Körper.“

– Zu Hause lassen sich ohne großen Aufwand Hände, Arme, Nacken, Schultern, Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule trainieren, sagt Schmidt. Das seien Problemzonen bei Motorradfahrern. Gerade wenn die Rumpfmuskulatur zu schlapp ist, sackt der Fahrer auf der Maschine schnell in sich zusammen. „Dann wird es gefährlich, weil durch die Erschöpfung die Wahrnehmung, Konzentration und Reaktionsfähigkeit nachlassen“, erklärt er. Schmidt empfiehlt drei- bis viermal pro Woche ein Heimtraining, das mit dem Aufwärmen beginnen sollte: „Drei bis fünf Minuten auf der Stelle laufen oder besser mehrfach fünf Stockwerke Treppen steigen und anschließend die Muskeln dehnen.“

– Arme und Rücken lassen sich auf dem Bauch liegend stärken: Einfach einen Besenstiel in die Hände nehmen und damit über dem Kopf langsam 20 Klimmzugbewegungen machen. Die Arme nach vorne vollständig ausstrecken und nach hinten soweit wie möglich anwinkeln. Mit angehobenen Füßen wird die Übung schwieriger und effektiver.

– Liegestütze rücklings auf einem Stuhl stärken die Armmuskulatur. Die Hände stützen den Körper unter dem Gesäß auf der Sitzfläche ab, die Füße stehen auf dem Boden. In dieser Position sollte der Körper 20-mal Richtung Fußboden gesenkt und wieder hochgedrückt werden. Je mehr die Beine gestreckt werden, desto höher ist die Belastung.

– Um die Körpermitte zu stabilisieren, helfen Sit-ups. In Rückenlage müssen dazu die Füße angehoben werden und die Beine in der Hüfte und im Knie jeweils einen rechten Winkel bilden. Dann den Körper langsam anheben und wieder senken.

– Liegestütze fördern die Ganzkörperspannung. In Bauchlage die Hände auf Brusthöhe neben dem Körper aufstützen und den Rumpf 20-mal hochdrücken und absenken. „Der Rücken muss ganz gerade bleiben“, betont Schmidt. Die Schwierigkeit von Liegestützen kann man variieren: Bleiben die Knie auf dem Boden, fällt die Übung vergleichsweise leicht. Wer die Beine ausgestreckt oder zusätzlich die Füße auf der Sofakante erhöht platziert, muss sich mehr abrackern.

– Po und Rücken können im Vierfüßlerstand trainiert werden. Über Kreuz werden Arm und Bein pro Seite 20-mal langsam bis zur Waagerechten gestreckt. „Wer fit genug ist, kann das komplette Trainingsprogramm nach dem ersten Durchlauf noch einmal wiederholen“, sagt Schmidt.

– Gas geben, schalten, bremsen, blinken – eine gute Hand-Fuß-Koordination ist fürs Motorradfahren sehr wichtig. Auch sie lässt sich trainieren: Im Sitzen beschreiben die ausgestreckten Arme kleine Kreise, während die Füße abwechselnd auftippen. Dann stehend die Arme seitlich kreisen lassen – einen vorwärts, den anderen rückwärts. Bei der nächsten Übung im Sitzen trippeln die Füße auf dem Boden, während abwechselnd die eine Hand über den Oberschenkel reibt und die andere leicht draufschlägt. Danach mit einer Hand auf dem Kopf einen Kreis beschreiben und mit der anderen auf die Brust klopfen. Zum Schluss sitzend mit einem Fuß von links nach rechts über den Boden wischen, mit dem anderen auftippen und mit den Händen klatschen.

– Ist die Fitness nach etwa vier Wochen konsequenten Trainings aufgefrischt, stehen noch ein paar Fahrübungen auf dem Plan. Diese können laut Haasper zum Beispiel sonntags auf einem leeren Parkplatz absolviert werden, auf dem weder Passanten noch Hindernisse wie Laternen im Weg stehen. Alles, was Biker für die Übungen brauchen, sind acht halbe Tennisbälle als Pylonen-Ersatz, ihre Schutzkleidung und ihr Motorrad. Anfangs wird das Krad mit abgestelltem Motor nur geschoben, um wieder ein Gefühl dafür zu bekommen. Dabei seitlich neben der Maschine hergehen und Kreise, Achten und Vierecke schieben.

– Nach langer Pause sind erste Fahrübungen mit möglichst geringem Tempo besonders kniffelig: Den Blick geradeaus, anfahren, bremsen und die Füße erst von den Rasten nehmen, wenn das Motorrad steht. Dann so langsam wie möglich durch eine schmale Gasse fahren, die mit den Tennisballhälften markiert wird.

– Die Tennisballhälften im Kreis mit einem Radius von rund 20 Metern anordnen. Anschließend rechts und links herumfahren. Dabei den Kurvenradius und die Geschwindigkeit verändern. Ein höheres Tempo erfordert bei dieser Übung mehr Schräglage.

– Mit den halbierten Bällen lässt sich auch ein Slalomparcours legen. Der Abstand zwischen den Markierungen sollte mindestens zehn Meter betragen. Das Fahrtempo nach und nach auf maximal 50 km/h steigern.

– Auf lebenswichtige Ausweichmanöver können sich Kradfahrer nach der Winterpause vorbereiten, indem sie vier Ballhälften zu einer zwei Meter breiten Barriere anordnen. Aus einigen Metern Entfernung wird auf das Hindernis zunächst mit 30 km/h und später etwas schneller zugesteuert. Kurz davor die Kupplung ziehen, nach rechts oder links ausweichen und in die Fahrspur zurückkehren.

(APA/dpa)

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