Antisemitismus: Edtstadler mit Maßnahmenpaket gegen Hass im Netz

Verfassungsministerin: "Digitale Welt sicherer machen" – Braucht "gesamtgesellschaftlichen Schulterschluss" – IRG-Präsident Deutsch: "Hassorgie muss gestoppt werden"

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat am Montag gemeinsam mit dem Präsidenten der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreich (IRG) Oskar Deutsch ein Maßnahmenpaket gegen Antisemitismus im Internet vorgestellt. Vorgesehen ist u.a. eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Anbietern von Online-Plattformen und -Suchmaschinen. Es gehe darum, die „digitale Welt sicherer zu machen“, sagte die Ministerin. Deutsch betonte, die „Hassorgie“ müsse gestoppt werden.

Edstadler wie auch Deutsch verwiesen darauf, dass seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 die antisemitischen Vorfälle weltweit, aber auch in Österreich, massiv gestiegen sind. „Am 7. Oktober letzten Jahres ist die Büchse der Pandora geöffnet worden, was antisemitische Vorfälle betrifft“, so die Ministerin bei der Präsentation des Maßnahmenpaketes im Bundeskanzleramt. Deutsch erinnerte daran, dass sich seit dem 7. Oktober die Vorfälle „mehr als verfünffacht“ haben – ein starker Treiber sei das Internet, insbesondere die Sozialen Medien. Diese „Hassorgie“ müsse gestoppt werden, appellierte der Präsident an die Gesamtgesellschaft.

Es gelte, auch die digitale Welt „sicherer zu machen“ und zu einem Ort des „respektvollen Miteinanders“ werden zu lassen, so Edtstadler. Um das zu erreichen, brauche es einen gesamtgesellschaftlichen Schulterschluss, sagte sie.

Das Maßnahmenpaket umfasst 15 Punkte, unter anderem ist die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Anbietern von Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen vorgesehen. Dazu soll ein Gipfel gegen Antisemitismus im Netz seitens des Bundeskanzleramt geplant werden – unter Einbeziehung der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) als Vollzugsbehörde des sogenannten Digital Service Act (DSA), der große Internet-Plattformen einer verschärften Regulierung unterwirft. Auch sollen Online-Plattformen und Suchmaschinen in bestehende Formate auf Bundesebene einbezogen werden (z.B. in das Nationale Forum gegen Antisemitismus und in die Task Force Online-Antisemitismus).

Ebenfalls auf der Agenda von Edtstadler steht u.a. die Förderung der Entwicklung von KI-gestützten Systemen zur Erkennung und Bekämpfung von antisemitischer Hate-Speech und antisemitischer Fake News im Internet. Darüber hinaus soll auch die zivilgesellschaftliche Resilienz gestärkt werden: Geplant ist dazu die Organisation einer Medienkampagne über Antisemitismus und über die Folgen der Verbreitung im Internet, hier soll die Kooperation mit sozialen und traditionellen Medien gesucht werden, ebenso mit zivilgesellschaftlichen Organisationen.

„Jeder Einzelne ist aufgerufen, gegen Antisemitismus aufzustehen“, sagte die Ministerin. „Es ist nicht das Problem von Jüdinnen und Juden, sondern unser aller Problem, um das wir uns kümmern müssen.“ Und: „Auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum, ich betone das seit Jahren.“ Im Internet habe Antisemitismus genauso wenig verloren wie in der physischen Welt. „Ich habe mein Vision nicht aufgegeben: Ich möchte ein Österreich sehen, in dem Antisemitismus, egal von welcher Seite, keinen Platz hat.“

Deutsch erklärte, es jage derzeit eine Krise die andere – Corona, der russische Angriff auf die Ukraine, die Inflation. „Aber eine so unmittelbare Gefahr für Juden und Jüdinnen, wie wir sie seit dem 7. Oktober auch in Österreich erleben, ist katastrophal“, sagte er. Wie die Ministerin betonte er, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei, faktisch aber von vielen als ein solcher gesehen werde – und zu wenig dagegen vorgegangen werde. Deutsch forderte diesbezüglich ein rascheres Vorgehen der Justiz: Wenn in Sozialen Medien oder bei Demonstrationen „Tod den Juden“ oder „From the river to the sea“ skandiert wird, „das wird angezeigt“. Aber die Justiz müsse diese Fälle rascher behandeln: „Wir brauchen ein bis zwei Präzedenzfälle, damit man den Leuten zeigt, dass Antisemitismus kein Kavaliersdelikt ist“, so Deutsch.

Die SPÖ begrüßte die Ankündigung der Regierung: „Der dramatische Anstieg bei antisemitischen Vorfällen ist ein klarer Handlungsauftrag. Wir dürfen uns nicht auf der aktuell gültigen Nationalen Strategie gegen Antisemitismus ausruhen, sondern müssen konkret und nachhaltig gegen Antisemitismus vorgehen“ sagte die SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur Sabine Schatz in einer Aussendung. Auch sie betonte, dass Antisemitismus in unserer Gesellschaft keinen Platz haben dürfe, „unabhängig davon, wo dieser ideologisch angesiedelt ist“.

„Grundsätzlich ist jede Maßnahme im Kampf gegen Antisemitismus zu begrüßen“, sagte auch die NEOS-Sprecherin für Inneres, Stephanie Krisper. „Die Frage ist nur, wieso sich die Bundesregierung so lange Zeit gelassen hat und diese erst nach der Präsentation des Jahresberichts der Antisemitismusmeldestelle angekündigt hat?“ Der nach dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober eingetretene sprunghafte Anstieg antisemitischer Vorfälle sei seit Monaten evident. „Und generell zeigt sich, dass die von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen gegen Hass im Netz offenbar zu zahnlos sind.“

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