koTennis: Jannik Sinner feierte in Melbourne ersten Major-Triumph

Wien-Sieger drehte bei Revanche 0:2-Satzrückstand zum Fünfsatz-Sieg – Medwedew verlor wie 2022 gegen Nadal mit Sieg vor Augen

Jannik Sinner hat sich am Sonntag bei den Australian Open erstmals zum Grand-Slam-Sieger gekürt. Der 22-jährige Italiener rang in einem Re-Match des Wien-Finales 2023 den als Nummer drei gesetzten Daniil Medwedew in fünf Sätzen nieder und drehte einen 0:2-Satzrückstand. Sinner gewann nach 3:43 Stunden 3:6,3:6,6:4,6:4,6:3 und ist damit ein neues Siegergesicht auf Major-Level. Medwedew verpasste in seinem sechsten Grand-Slam-Finale seinen zweiten Titel nach den US Open 2021.

Der „winner“ Sinner darf sich über einen Siegerscheck in Höhe von umgerechnet 1,93 Mio. Euro freuen. Im Ranking bleibt er vorerst noch Vierter, doch was er aus Melbourne auch noch mitnehmen darf: Er hat auch die Sensationsserie von Novak Djokovic in Melbourne im Halbfinale beendet und den 25. Grand-Slam-Titel des Serben verhindert. Und er sorgte auch für den ersten italienischen Sieg im Einzel (Männer und Frauen) in Australien überhaupt.

Sinner lobte bei seiner Siegeransprache zunächst Medwedew für sein tolles Turnier. „In jedem Match gegen dich finde ich etwas, wo ich mich verbessern kann, du machst mich zu einem viel besseren Spieler.“ Zudem hob der Südtiroler auch die vielen Stunden des Russen auf dem Platz in den vergangenen zwei Wochen hervor. „Und doch bist du so viel gelaufen. Ich hoffe, du wirst die Trophäe auch einmal holen.“

Der neue Champion bedankte sich vom australischen Sommer auch bei seinen Eltern, bei denen es zu Hause gerade minus 20 Grad habe. „Meine Eltern haben mich immer aussuchen lassen, was ich machen will. Ich hoffe, dass viele Kinder diese Freiheit haben.“ Medwedew hatte Sinner schon zuvor gelobt. „Gratuliere, Jannik. Du hast heute wieder gezeigt, warum du es verdienst. Du hast dein Level enorm gesteigert“, sagte Medwedew, der nun Dritter im ATP-Ranking bleibt. „Es waren tolle zwei Wochen, auch wenn es wehtut, im Finale zu verlieren. Aber vermutlich ist es besser, im Finale zu verlieren, als vorher“, sorgte der sportliche Verlierer für Gelächter.

Nicht einfach für ihn diese Worte zu finden, denn auf dem Platz lag Medwedew zunächst klar auf Siegeskurs. Er präsentierte sich von Anfang bärenstark und übernahm sofort das Kommando. Im Vergleich zu den Vorrunden spielte er mit weit höherer Geschwindigkeit bei den Grundschlägen und ließ so Sinner, der erstmals auf diesem Level im Endspiel stand, gar nicht ins Spiel kommen. Ein frühes Break zum 2:1 war schon die Vorentscheidung, zumal Medwedew beim eigenen Service nichts anbrennen ließ. Mit dem dritten Satzball holte er nach 36 Minuten zum 6:3 gar noch ein zweites Break gegen den Südtiroler.

Auch in Satz zwei ging es zunächst in dieser Tonart weiter: Mit Breaks zum 3:1 und 5:1 lag Medwedew flott wieder klar voran, dann gelang Sinner ein Rebreak und er verkürzte auf 3:5. Im neunten Game wurde Medwedew ob des kurzen Aufbäumens von Sinner etwas nervös und der Italiener hatte sogar noch eine Chance auf ein weiteres Break. Dann nutzte Medwedew aber seinen zweiten Satzball zum 6:3 nach 1:22 Stunden. Das gleiche Ergebnis wie im ersten Satz, zumindest zeigte Sinner im Finish aber mehr Gegenwehr.

Der dritte Durchgang verlief ausgeglichener, zumal diesmal beide Protagonisten in ihren Aufschlag-Games souverän agierten. Doch im zehnten Game eröffnete sich für Sinner die Chance. Medwedew verwandelte ein 0:30 noch zum 40:30, doch danach nutzte Sinner die erste Möglichkeit zum Break und Satzgewinn. Nach 2:09 Stunden schaffte es Sinner in die „Verlängerung“.

Das Spiel stand ab nun auf der Kippe. Sinner schöpfte Selbstvertrauen, während bei Medwedew, der im gesamten Turnierverlauf fast sechs Stunden mehr auf dem Platz verbracht hatte, die Power in den Grundschlägen nicht mehr an jene der ersten beiden Sätze heranreichte. Sinner vergab aber je eine Breakchance zum 2:0 bzw. 3:1, danach fing sich Medwedew wieder und ließ selbst bei 3:3 eine wohl vorentscheidende Breakchance aus. Das sollte sich rächen, denn Sinner nutzte wie im Satz davor im zehnte Game seinen einzigen Satzball und erzwang mit dem 6:4 den nächsten Fünf-Satz-Kampf für Medwedew.

Sein vierter im siebenten Spiel in Melbourne, zweimal davon hatte Medwedew ein 0:2 in Sätzen noch gedreht. Nun drohte ihm selbst dieses Schicksal, eine 2:0-Führung im Melbourne-Finale aus der Hand zu geben. Zudem war ihm dies vor fast exakt zwei Jahren im Endspiel gegen Rafael Nadal passiert, als der Spanier ihm den Melbourne-Titel noch entriss. Jetzt waren dem Russen die gesamten Strapazen des Turniers anzumerken, er versuchte die Rallyes kurz zu halten und Sinner nutzte dies beinhart aus. Das Break zum 4:2 war dann nach 3:33 Stunden die Vorentscheidung. Zehn Minuten später servierte Sinner zum Triumph aus und ließ sich vor Freude auf den Rücken fallen.

Am Turnierschlusstag wurden übrigens die eindrucksvollen Rekord-Besucherzahlen im Melbourne Park noch einmal nach oben geschraubt: Nun hat man in den 15 Turniertagen des Hauptbewerbs ebenfalls erstmals die Millionenmarke (1,020 Mio.) überboten, in den drei Turnierwochen inklusive Qualifikation waren es 1,11 Millionen. Bei keinem Major waren bisher mehr Fans vor Ort. Ein weiteres interessantes Detail: Im Finale wurde das insgesamt 35. Fünfsatz-Match dieses Turniers gespielt – ein Rekord.

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