Unheilig – Gothic-Graf findet „Kitsch gut“
Alle paar Jahre tauchen aus der Gothic-Szene Acts auf und erobern Spitzenplätze in den Charts. Zuletzt ist das Unheilig mit dem Album „Große Freiheit“ (Universal) gelungen. „Ich mache seit zehn Jahren Musik – und im Grunde das Gleiche wie vor zehn Jahren“, konnte der Graf, Sänger und Mastermind von Unheilig im Interview mit der APA in Wien den plötzlichen Erfolg nicht erklären.
„Ich komme aus der schwarzen Gothic-Szene, das ist mein Zuhause“, betonte der Graf, der seinen bürgerlichen Namen zum Schutz der Privatsphäre lieber geheim hält. „Im Moment finden meine Musik halt viele andere Menschen auch gut. Ich selbst mache da keinen Unterschied, ob meine Hörer aus der schwarzen, der Heavy-Metal- oder der Hip-Hop-Szene kommen.“
Sucht man ein Genre für Unheilig, so findet man in den weiten des Internets neben Gothic Begriffe wie Neue Deutsche Härte, Electro-Pop oder Synth-Rock. Er sei ganz froh, dass man seinen Sound schwer einordnen kann, meinte der Graf. Und fügte lachend hinzu: „Ich weiß bis heute nicht, was Neue Deutsche Härte heißt. Mir ist dieser Begriff zu martialisch. Ich habe mich nie an einem Stil oder an einer Richtung orientiert.“
Mit Vergleichen habe er allerdings keine Probleme. Selbst über die in einem Forum gepostete Definition „Unheilig klingt wie Rammstein trifft Roland Kaiser“ kann der Graf schmunzeln. „Kaiser ist mir neu. Heino hab ich schon gehört.“ Dass seine Lieder eine gehörige Portion Kitsch enthalten, streitet der Deutsche gar nicht ab. „Ich finde Kitsch gut. Ich brauche Kitsch. Den Tannenbaum zu Weihnachten will ich bunt und schrill. Öko-Weihnachtsbäume finde ich langweilig. Ich möchte bei Filmen ein richtiges Happy End. So ist es auch mit Balladen. Ich weiß, dass eine Ballade gut ist, wenn ich weinen muss. Es muss Emotion da sein.“
„Große Freiheit“ ist ein Konzeptalbum. „Wenn ich Songs schreibe, brauche ich einen thematischen Rahmen. Diesmal geht es um eine Schiffsreise, um die Suche nach Neuland – und um die Geschichten, die man auf der Reise erlebt.“ Der Plattentitel sei „keine Hommage an die Große Freiheit in Hamburg. Der steht schlicht für Fernweh, Aufbruch, den Horizont.“ Und mit dem Thema könne er auch „was anfangen“: „Ich bin ein Kind der See, war als Kind oft am Meer.“
Mit dem Konzern Universal im Rücken erlebt der Graf und sein Projekt – „Unheilig ist mein Solo-Ding. Mit der Band trete ich auf und gehe ich ins Studio. Aber was die Kreativität betrifft, ist es meine Solo-Sache“ – einen ungeahnten Höhenflug. Das war nicht immer so: „Ich habe als jünger Künstler ein paar Fehler gemacht“, erzählte der Sänger von seiner Unterschrift unter einen Knebelvertrag. „Dann bin ich wach geworden. Ich stand vor der Wahl: Kommst du aus dem Knebelvertrag raus oder hörst du ganz auf. Dieser Sprung ins kalte Wasser und dabei nicht zu ertrinken, sondern zu kämpfen und nicht aufzugeben, hat mich viel Kraft gekostet. Aber er hat mir auch viel gebracht.“
INFO: Unheilig, „Große Freiheit“, Universal.
(APA)
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