Michael Niavaranis Bestseller „Vater Morgana“

Michael Niavarani, 1968 geborener Wiener mit persischen Wurzeln, ist als Kabarettist und TV-Darsteller äußerst populär. Dennoch überrascht, wie sehr sein Romandebüt in den vergangenen Wochen eingeschlagen hat. Der Amalthea Verlag lässt von „Vater Morgana – Eine persische Familiengeschichte“ bereits die achte Auflage drucken.

Noch mehr überrascht jedoch das Buch selbst: Niavarani hat einen höchst unterhaltsamen Familienroman geschrieben, der keineswegs eine simple Aneinanderreihung von Gags und Sketches ist, sondern immer wieder Erinnerungen an ähnlich angelegte Bücher von Könnern wie Lily Brett aufkommen lässt.

Die Familie Ansari ist eine ganz normale deutsch-österreichisch-amerikanisch-schwedisch-britisch-persische Familie und jener des Autors nicht unähnlich. In den vergangenen Jahrzehnten aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen aus dem heimatlichen Iran ausgewandert, leben die Mitglieder in unterschiedlichsten Weltteilen und sind doch mittels Telefon, Skype und Internet eng miteinander verbunden. Gelegentliche Verwandtschaftsbesuche und Familienfeiern werden zu großen kulturübergreifenden Ereignissen, bei denen auch die Jüngsten, die noch nie in Persien waren, in die Geheimnisse der Jahrtausende alten persischen (Ess-)Kultur eingeweiht werden.

Als der Vater des Erzählers überraschend in seinem Wiener Teppichgeschäft einem Herzinfarkt erliegt, bringt es niemand in der Familie übers Herz, der in den USA lebenden Großmutter (Mamanbosorg heißt das auf Persisch) die traurige Nachricht zu überbringen. Es beginnt ein großes Lügen und Betrügen, dessen tragische wie komische Komponenten Niavarani souverän ausspielt. Das nahe rückende persische Neujahrsfest Nowrouz, das in Wien wieder einmal die ganze Familie zusammenbringen soll, droht das Lügengebäude zum Einsturz zu bringen – gäbe es in London nicht einen Schauspieler, der dem Toten aus dem Gesicht geschnitten ähnlich sieht.

Mr. Vikram Rosenblatt, seinerseits mit jüdisch-indischen Wurzeln, wird als Doppelgänger engagiert und erhält einen Crash Kurs in Sachen persische Sprache, Kultur und Lebensweise im allgemeinen und in Sachen Ansarischer Familiengeschichte im Besonderen. Das ist für den überforderten Schauspieler schweißtreibend und für die Leser ebenso lehrreich wie brüllend komisch. Nicht immer gelingt es Niavarani, der seit 1993 die künstlerische Leitung des Kabarett Simpl innehat und 2011 Intendant der Festspiele Berndorf wird, die Balance zu halten. Mitunter verliert er beim detailreichen Schwelgen in bühnenreifen Szenen den Boden unter den Füßen oder erreicht die Persisch-Nachhilfe Volkshochschulniveau, doch obwohl Wahn und Witz immer mehr auf die Spitze getrieben werden, wird die im Kern tief traurige Geschichte nie an Klamauk verraten.

„Vater Morgana“ spielt ebenso grell und vielfarbig mit Klischees wie der zu Jahresbeginn gestartete Film „Salami Aleikum“, in dem Niavarani einen in Köln lebender persischer Fleischhauer mit vielen in seinem Roman enthaltenen Facetten ausstattet. Sein Roman ist um einiges intelligenter als der Film, die Story pfiffiger und die Figurenschilderung liebevoller – und am Ende hat man die verrückte Horde liebgewonnen.

INFO: Michael Niavarani, „Vater Morgana – Eine persische Familiengeschichte“, Amalthea Verlag Wien, 370 Seiten, 22,95 Euro, ISBN 978-3-85002-689-5.

(APA)

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