Die gute Somalierin – Neuer Farah-Roman „Netze“

Eine Frau in einer Burka auf dem Umschlagfoto, darunter der Name des Nobelpreis-Kandidaten Nuruddin Farah als Autor, und im Klappentext das Versprechen einer Lese-Reise durch die mysteriöse Schreckenswelt der somalischen Hauptstadt Mogadischu.

Das könnte ein spannender Mix sein für alle, die mehr wissen wollen über das Leben in diesem Land, das nur noch als eine Art Vorhof der Hölle in die Schlagzeilen und öffentliche Wahrnehmung gerät. Cambara heißt die „Reiseführerin“ durch Farahs neuen Roman aus seinem nach Jahrzehnten mit Gewaltherrschaft, Bürgerkrieg und Anarchie verwüsteten Heimatland, das er selbst schon 1974 verlassen musste. Die Hauptfigur von „Netze“ kehrt nach mehr als 15 Jahren Exil im kanadischen Toronto mit einem Koffer voller Dollars nach Mogadischu zurück.

Sie will einem der Warlords, den kriminellen Herrschern über die Millionenstadt Mogadischu ohne funktionierende staatliche Strukturen, das Wohnhaus ihrer Eltern wieder entreißen. Und damit den Schmerz über den Tod ihres kleinen Sohnes in einem kanadischen Swimmingpool bekämpfen. Cambaras gewalttätiger Ehemann hat ihn für ein außereheliches Schäferstündchen unbeaufsichtigt gelassen.

Der aus seinem südafrikanischen Exil immer wieder besuchsweise heimkehrende Farah kann den Alltag in Mogadischu fesselnd darstellen. Wie organisiert man eine Taxifahrt von Stadtteil A in den Stadtteil B so, dass die Todes- oder Entführungsgefahr durch Wegelagerer auf ein Minimum reduziert wird? Wie lebt eine Haushaltshilfe, sprich: Sklavin von Warlords, deren Tagesablauf und Stimmung von der allgegenwärtigen Kaudroge Khat bestimmt wird? Auch für solche Formen von Leben und Überleben gibt es Strategien und Regeln. Mitunter höchst komplexe.

Was bringt einen hochangesehenen Autor wohl dazu, 500 Seiten Höllenfahrt auf Leben und Tod mit dem Happy End eines zurückeroberten Hauses und einer Theatervorstellung so abzuschließen: „Am Ende der Vorstellung, die allgemein als Erfolg eingeschätzt wird, treffen sich Cambara und ihre Mutter, und die beiden verbringen ihre erste Nacht im Haus der Familie, hocherfreut, dort schlafen zu können und bis in die Morgenstunden zu plaudern.“

INFO: Nuruddin Farah, „Netze“, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main, 483 Seiten, 28,80 Euro, ISBN 978-3-518-42103-1.

(APA/dpa)

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