E-Control: Auch Totalausfall russischer Gaslieferungen verkraftbar

Vorstand Haber: Gasmarkt "völlig auf den Kopf gestellt" – Österreich hat Bedeutung als Gas-Transitland verloren – 2030 werden thermische Kraftwerke nur noch 15 Prozent Anteil haben

Selbst bei einem Totalausfall der russischen Gaslieferungen über die Ukraine würde Österreich auch einen besonders kalten Winter gut überstehen, sagte E-Control-Vorstand Alfons Haber. Die Gasspeicher wären dann noch immer zu knapp einem Fünftel gefüllt. In einem normalen Jahr und wenn weiter Gas aus Russland kommt, seien die Speicher am Ende der Heizsaison Ende März noch immer zu zwei Dritteln voll.

Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine habe das Ersetzen russischen Gases hohe Priorität, sagte Haber. „Auf gesamteuropäischer Ebene kam im Jahr 2021 noch circa ein Drittel des Gasverbrauchs der EU durch russische Pipelines nach Europa. Im Jahr 2023 bewegte sich diese Zahl bei etwa 8 Prozent der Pipelineimporte am gesamten Gasverbrauch der EU.“

In den vergangenen Jahren sei der Gasmarkt „völlig auf den Kopf gestellt“ worden, sagte Haber. Die Gasflüsse im österreichischen Gastransportnetz und in der EU hätten sich seit Februar 2022 wesentlich und nachhaltig verändert. Österreich habe seine Rolle als Transitland weitgehend verloren und sei auf den Transit durch Deutschland und Italien angewiesen, um bei einem Ausfall von russischen Gaslieferungen die Versorgung zu sichern. Kritik übte Haber an der deutschen Speicherumlage, die ein großes Hindernis für die Diversifizierung der Gasbezugsquellen sei. Die Rechtmäßigkeit dieser Speicherumlage werde von der EU-Kommission noch zu bewerten sein.

Von den rund 77 TWh Erdgas in den österreichischen Speichern gehört gut ein Drittel nicht-österreichischen Kunden. Ein Viertel der Speichermenge (19,46 TWh) entfällt auf die strategische Gasreserve.

Auch Österreichs Stromversorgung sei derzeit gesichert, hält die E-Control in ihrem Monitoringbericht fest, den sie jährlich erstellen muss. 2030 werde die Zusammensetzung des Kraftwerksparks aber völlig anders aussehen als heute. „Etwa 50 Prozent werden PV und Windkraftwerke ausmachen, ein weiteres Drittel entfällt auf Lauf- und Speicherkraftwerke. Weiterhin vorhandene Wärmekraftwerke machen etwa 15 Prozent aus. Zusammen werden etwa 41 Gigawatt (2021 rund 24 GW) an installierter Leistung vorhanden sein“, erläutert Haber die Pläne. Eine stündliche Simulation der Aufbringung in unterschiedlichen Wettersituationen zeige, dass eine Unterdeckung, also eine technische Importnotwendigkeit, von lediglich wenigen Minuten im Jahr 2030 statistisch zu erwarten sei.

In den vergangenen zwei Jahren hat die vorhandene Kraftwerksleistung laut E-Control deutlich zugenommen. 2022 wurden netto 1,256 GW an Kraftwerksleistung zugebaut. Die gesamte installierte Engpass-Leistung betrug mit Jahresende 25,335 GW. 1 Gigawatt des Zubaus entfiel auf Photovoltaik, die Windkraft legte um 200 Megawatt zu, gefolgt von Laufkraftwerken mit rund 130 MW, Speicherkraftwerken (50 MW) und Biomasse (20 MW). Gleichzeitig wurden etwa 170 MW an fossilen thermischen Kraftwerken stillgelegt. 2023 hätten sich der Kapazitätsausbau nach vorläufigen Werten auf 2,66 GW mehr als verdoppelt. An Windanlagen kamen ähnlich wie 2022 240 MW dazu.

Der Stromverbrauch ging 2022 um 1,8 Prozent auf 63,3 TWh zurück – wobei der Rückgang vor allem auf die Haushalte zurückzuführen war. Bezieht man den Strom ein, den Verbraucher mit eigenen PV-Anlagen decken, dann Betrug der Verbrauch 66 TWh.

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