Asyl: Unklarheit über Vorschlag zur Ausdehnung gemeinnütziger Arbeit

Laut Innenministerium können Länder Vorschläge eigenständig umsetzen – Wien und Kärnten vermissen Konzept

Das Innenministerium hat offenbar nichts dagegen, wenn die Länder Flüchtlinge zur Arbeit verpflichten und auch Sanktionen aussprechen. Morgendliche Berichte, dass hierfür den Flüchtlingsreferenten heute bereits ein Modell präsentiert wurde, dürften jedoch nicht ganz der Realität entsprechen. Die zuständigen Ressortchefs aus Wien, Kärnten und Salzburg betonten nämlich, dass ein entsprechendes Papier formal gar nicht vorgelegt worden sei.

So meinte der Wiener Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) gegenüber der APA, einzig die Möglichkeit der Kürzung des Taschengeldes sei angesprochen worden, und die gebe es schon seit vielen Jahren – wobei Hacker eine Reduktion des Betrags von 40 Euro monatlich ohnehin ablehnt. Seine Kärntner Amtskollegin Sandra Schaar legte per Aussendung nach. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) habe in seinen Ausführungen zum Bericht an die Konferenz-Teilnehmenden von einem Arbeitsmodell gesprochen, ohne jedoch auf konkrete Inhalte einzugehen.

Laut Auskunft seitens der Salzburger Vertreter wurde die Frage der Arbeitsverpflichtung bei der Konferenz zwar besprochen, aber nicht formal behandelt. FPÖ-Regierungskoordinator Dom Kamper erklärte dazu, grundsätzlich stehe man voll hinter der Idee und werde das „in Salzburg auf jeden Fall voll ausschöpfen“.

Anders die Töne aus Wien. Eine Verpflichtung zur Arbeit für Flüchtlinge würde jedenfalls gegen die Menschenrechte verstoßen und sei daher nicht möglich, betonte Hacker im APA-Gespräch. Auch sei es undenkbar, dass mit Flüchtlingen Lohndumping betrieben werde. Wenn diese als Straßenkehrer und Pfleger von Grünflächen dienen müssten, würden die derzeitigen Arbeitskräfte ihren Job verlieren. Gleichzeitig unterstrich Hacker, dass natürlich auch Flüchtlinge ihre Arbeitskraft einbringen müssten. Dafür wäre es jedoch hilfreich, wenn ihnen beispielsweise ihre Zeugnisse nicht erst nach Monaten ausgestellt würden, sieht er den Integrationsfonds gefordert.

Aus dem Innenministerium hieß es wiederum zur APA, dass Fachexperten des Ressorts der Ansicht seien, dass die Länder selbstständig etwa die vorgeschlagene Reduktion des Taschengeldes realisieren könnten. „Ob landesgesetzliche Bestimmungen betroffen sind, muss jedes Bundesland selbst bewerten.“

Flüchtlingsreferenten der Länder hatten sich bereits im September für eine Ausdehnung der Pflicht zur gemeinnützigen Arbeit ausgesprochen und das Innenministerium um ein Modell gebeten. Die derzeitige Regelung sieht gemeinnützige Arbeit im Quartier oder im Auftrag von Ländern und Kommunen vor.

Angedacht wurde etwa eine Ausdehnung auf gemeinnützige Organisationen. Auch soll es offenbar Konsequenzen bei Verweigerung geben: Neben der Reduktion des Taschengeldes (laut Ö1-Radio um die Hälfte) sieht der Vorschlag, der auch der APA vorliegt, die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen in den Bundesländern vor (wie es bereits in der Grundversorgung des Bundes üblich ist, etwa in Form von Essensgutscheinen). Auch der volle Erhalt dieser Sachleistungen soll nur möglich sein, wenn Arbeitswilligkeit vorliegt.

Die Debatte schwelt schon länger, die Vorarlberger ÖVP hatte etwa Anfang November einen „Vorarlberg Kodex“ angekündigt, den Asylwerber unterschreiben sollen und der sie zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) zeigte sich in Folge im November offen für diesen Vorschlag, während etwa Tirols Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer (SPÖ) das Ansinnen als nicht zielführend und „reinen Theaterdonner“ der ÖVP vor den Wahlen im Jahr 2024 bezeichnete. Hacker wiederum zeigte sich am Donnerstag erstaunt, dass die Länder heute nicht einmal einen entsprechenden Vorschlag diesbezüglich vorgebracht hätten.

Kritik kam von Wolfgang Salm von der Plattform „Gemeinsam für Kinderrechte“: Der Vorschlag sei nur ein weiterer Versuch, „politisches Kleingeld“ auf dem Rücken Schutzbedürftiger zu schlagen, sagte er am Rande einer Pressekonferenz. Das Taschengeld betrage 40 Euro im Monat und sei seit 20 Jahren nicht valorisiert worden. Dass man Leute nun zu „Zwangsmaßnahmen“ verpflichte, um sie zu beschäftigen, sehe er nicht ein. Ohnehin sei der Vorschlag aber wohl schwer umsetzbar, so Salm.

Für den Direktor der Volkshilfe Österreich Erich Fenninger „ist es angesichts der großen Nachfrage am Arbeitsmarkt nicht nachvollziehbar, warum es nicht generell einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt für schutzsuchende Menschen gibt.“ Einen Arbeitszwang, sogar verbunden mit Sanktionen, lehnt die Volkshilfe grundsätzlich ab: „Es gibt auch schlicht zu wenig solcher Jobs in den Gemeinden.“

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