Wenig Andrang zu Beginn des Prozesses um VW-Sammelklage

Vor dem Oberlandesgericht Braunschweig hat in Deutschland am Montag der Prozess wegen der Dieseltricksereien von Volkswagen begonnen. Der Vorsitzende Richter Michael Neef erläuterte zu Beginn der mündlichen Verhandlung zunächst die Musterfeststellungsklage, mit der die Verbraucherzentrale Bundesverband stellvertretend für hunderttausende VW-Kunden Schadenersatzforderungen durchsetzen will.

Das OLG Braunschweig nahm die Musterklage an. „Der Senat hält die Musterfeststellungsklage für zulässig“, sagte Richter Neef zum Auftakt.

Zum Auftakt blieben noch zahlreiche Zuschauerplätze frei. Das dürfte auch daran gelegen sein, dass der Zugverkehr um Braunschweig wegen des Herbststurms massiv gestört war.

Experten rechnen mit einem langen Verfahren, das sich inklusive einer Runde beim Bundesgerichtshof über vier Jahre hinziehen könnte. Die Anwälte der Verbraucherschützer halten jedoch auch eine kürzere Verfahrensdauer für möglich und hoffen, dass Volkswagen sich zu einem Vergleich bereit erklärt. „Für VW kann es kein Interesse sein, dass dieses Verfahren ständig in der Öffentlichkeit stattfindet“, sagte Ralph Sauer von der auf Musterfeststellungsklagen spezialisierten Kanzlei SAUER Litigation. „Dass VW momentan, da die Ansprüche noch nicht verjährt sind, auf harter Mann spielt, das ist klar. Nächstes Jahr sieht es vielleicht anders aus, weil man das Thema aus der Presse haben will“, zeigte sich Sauer zuversichtlich.

Volkswagen hält einen Vergleich für sehr unwahrscheinlich. „Ein Vergleichsschluss ist kaum vorstellbar, da völlig unklar ist, wer sich mit welchen möglichen Ansprüchen angemeldet hat“, teilte der Konzern mit. Volkswagen hoffe auf ein zügiges Verfahren. „Es nützt niemanden, wenn sich dieser Prozess unnötig hinzieht.“

Wegen des erwarteten großen öffentlichen Interesses verhandelt der 4. Zivilsenat in der Stadthalle. Zuletzt hatten sich fast 470.000 Autokäufer in das Klageregister eingetragen. Rund 1.000 Österreicher haben sich dem Verfahren angeschlossen.

Am ersten Verhandlungstag sollte es vor allem um Zulässigkeitsfragen gehen. Es wird erwartet, dass der Senat die von den Klägern formulierten Feststellungsziele unter anderem darauf abklopft, ob sie ausreichend begründet sind. Der Senat hatte bereits vor einigen Wochen Bedenken bei einzelnen Anträgen geäußert, die seiner Meinung nach zu weit gefasst sein könnten. Über die Erfolgsaussicht einzelner Anträge dürfte es nach Meinung von Experten noch nicht gehen.

Die Verbraucherschützer wollen feststellen lassen, dass Volkswagen in Dieselautos eine verbotene Abschalteinrichtung eingebaut hat und den Klägern daher ein Anspruch auf Schadenersatz zusteht. Der Autobauer habe die Kunden vorsätzlich, sittenwidrig getäuscht. VW bestreitet, dass es sich in Europa um eine illegale Abgassteuerung handelt. Zudem macht der Konzern geltend, dass inzwischen fast alle betroffenen Fahrzeuge ein Software-Update erhalten hätten und den Haltern deshalb kein Schaden entstanden sei. In mehreren der bisherigen Einzelverfahren ist VW von Landgerichten und Oberlandesgerichten zur Rückabwicklung von Käufen manipulierter Diesel verurteilt worden.

Mit der Musterfeststellungsklage hatte die deutsche Regierung im vergangenen Jahr eilig die Möglichkeit geschaffen, Ansprüche zu bündeln. Damit sollte verhindert werden, dass Ansprüche verjährten. Nicht wenige Kläger verbinden damit immer noch die Hoffnung auf eine Gleichbehandlung, nachdem Verbraucher in den USA schon vor zwei Jahren mit Milliarden entschädigt wurden. Eine vergleichbare Wiedergutmachung hierzulande lehnt Volkswagen ab und verweist auf eine komplett andere rechtliche Situation in den Vereinigten Staaten. Allein in den USA hat der Abgasskandal Volkswagen einschließlich Strafen mehr als 25 Mrd. Euro gekostet.

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