Putin warnt USA vor weiterer Konfrontation

Mit der Ankündigung weiterer neuer Waffensysteme hat Russlands Präsident Wladimir Putin die USA in aller Schärfe vor einem neuen Rüstungswettlauf gewarnt. Sein Land habe für jede Bedrohung die passende Antwort parat, sagte Putin am Mittwoch in Moskau in seiner Rede an die Nation.

Sollten die USA etwa in Polen und Rumänien Mittelstreckenraketen stationieren, dann könne Russland seine Raketen als Antwort nicht nur auf die Stützpunkte dort richten. Ins Visier nehme das Land dann auch die Kommandozentralen, sagte Putin. Gemeint sind die USA und andere NATO-Staaten, die er aber nicht namentlich nannte.

Die USA sollten sich keine Illusionen machen, dass sie mit ihrer Raketenabwehr militärische Überlegenheit erlangen könnten. „Die Antwort unseres Landes wird immer wirksam und effektiv sein“, betonte Putin. Es war seine erste Rede an die Nation, seit erst Washington und dann auch Moskau den INF-Abrüstungsvertrag aufgekündigt hat.

Russland hat zwar Vorwürfe zurückgewiesen, über die laut Vertrag verbotenen landgestützten und atomar bestückbaren Raketen mittlerer und kürzerer Reichweite (500 bis 5.500 Kilometer) zu verfügen. Aber das Waffenportfolio, das Putin im Tagungszentrum Gostiny Dwor unweit des Kremls aufzählt, lässt die Gäste beeindruckt aufhorchen: Neben dem neuen Atom-U-Boot und dem unbemannten Waffensystem „Poseidon“ nennt er die Namen ultramoderner Waffen wie „Avantgarde“, „Kinschal“, „Pereswet“ und „Zirkon“.

Was die NATO und die USA warnen soll, ist zugleich und vor allem als Beruhigung für besorgte Russen gedacht: „All unsere Handlungen im Sicherheitsbereich tragen ausschließlich antwortenden, das heißt einen verteidigenden Charakter“, betont Putin. „Russland bedroht niemanden.“

Die NATO kritisierte die Äußerungen Putins scharf. „Erklärungen in denen gedroht wird, Verbündete ins Visier zu nehmen, sind inakzeptabel“, sagte der stellvertretende Bündnissprecher Piers Cazalet am Mittwoch. Die NATO sei ein defensives Bündnis, aber jederzeit bereit, jedes Mitglied gegen jegliche Gefahr zu verteidigen.

Seine inzwischen 15. Rede an die Nation hält der 66-Jährige vor Hunderten Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – Kulturschaffende und religiöse Anführer sind dabei – nach erprobtem Muster. Es ist ein Mix aus Versprechen sozialer Wohltaten für viele der von Armut geplagten Landsleute und aus außenpolitischen Seitenhieben gegen die EU und die USA.

Putin verspricht mehr Geld für Familien. Er fordert, Ärzte und Lehrer auf dem Land besser zu bezahlen. Viele Russen stört, dass die Löhne zu niedrig sind, um sich mehr zu leisten. Fachkräftemangel ist in Russland – wie in der deutschen Politik – ein Thema. Putin, der seit rund 20 Jahren in unterschiedlichen Funktionen an der Macht ist, liest den anwesenden Regierungsmitgliedern, Provinzfürsten, Juristen einmal mehr die Leviten. Sie mögen mehr tun für die Entwicklung des Landes.

Klar wird aber auch bei dieser Rede, dass er nur sich selbst zutraut, die Probleme des Landes zu lösen. „Der Staat sollte den Leuten helfen“, sagte er. Er sprach auch davon, dass es Bürger gebe, die sich keine Kleidung, Medikamente und sogar kein Essen leisten könnten. Seinen zuletzt wegen der Anhebung des Pensionsalters gesunkenen Zustimmungswerten tritt Putin entgegen, indem er etwa eine bessere medizinische Versorgung verspricht. Geschätzte Mehrausgaben von umgerechnet rund zwei Milliarden Euro sind für diese und andere sozialen Wohltaten nötig, wie Regierungspolitiker ausrechneten.

Das Geld dafür sei aber da, hieß es. Dass Putin 2024 tatsächlich auszieht aus dem Kreml, weil dann die laut Verfassung letzte Amtszeit endet, sieht der Großteil der Elite bisher nicht. Viele verbinden mit Putin die Hoffnung, dass er das Land in eine glanzvolle Zukunft führt.

Kaum einer machte das zuletzt deutlicher als Wladislaw Surkow, einer der führenden Ideologen im Kreml. In einem von politisch interessierten Kreisen heiß diskutierten Artikel rief er den Putinismus als Jahrhundertprojekt aus. Das eigne sich sogar als Exportschlager für andere Länder. Schon jetzt orientierten sich viele regierende Politiker und Oppositionelle im Ausland an Putin. Mit ihm sei ein Staat neuen Typs entstanden, „wie es ihn noch nie gab“, jubelte Surkow vor einigen Tagen in der „Nesawissimaja Gaseta“.

Nun hat Russlands Präsident zwar selbst daran erinnert, dass sein Leben endlich ist. Doch eine Alternative zu Putin ist nicht in Sicht – schon gar nicht in der zersplitterten Opposition. „Die große politische Maschine Putins nimmt gerade erst an Fahrt auf, sie ist auf eine lange, schwere und interessante Arbeit eingestellt“, meinte Surkow. Ihre volle Leistung werde sie erst noch erreichen.

(APA/ag.)

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