Zu Tisch in Wales

Essen in Wales ist ein kleines Abenteuer. Denn dort kommt schon einmal ein Brei aus Seetang auf den Tisch oder Fleischbällchen aus Schweineherz und Schweineleber. Doch auch Schleckermäuler kommen auf ihre Kosten – mit süßen Sachen wie Bara Brith und Welsh Cakes.

Ein bisschen Mut gehört dazu, den dunklen Brei zu probieren. Für Besucher von außerhalb zumindest. Denn jeder echte Bewohner von Wales liebt das „Laverbread“, den dicken Brei aus Seetang. In Wales ist er eine Delikatesse. Carol Watts verkauft das heimische Schmankerl seit zwölf Jahren auf dem Indoormarkt in Swansea an der Südküste von Wales. „Am besten schmeckt das Laverbread, wenn es in Speckfett und Zwiebeln angebraten wird“, schwärmt sie.

Vorher muss das Algengewächs gute zehn Stunden vor sich hin köcheln. Es kann heiß oder kalt gegessen werden – beziehungsweise als Beilage eines echten Welsh Breakfast, mit Eierspeise, Bohnen und Würstchen. Dann kann es das recht fettige Frühstück sogar mit einem positiven Nebeneffekt für die Gesundheit ausgleichen: „Laverbread ist sehr gesund, es ist extrem eisenhaltig“, sagt Watts.

An ihrem Stand verkauft sie auch die zweite einheimische Delikatesse: Cockles – Herzmuscheln. „Unsere Cockles stammen aus Penclawdd, in der Gower Peninsula. Dort werden sie noch immer per Hand gesammelt, das übernimmt keine Maschine.“ Für viele Bewohner von Swansea ist es zur guten Tradition geworden, mit einem randvoll gefüllten Becher Muscheln in der Hand über den Markt zu spazieren.

Gegenüber von Watts Stand duftet es nach Frischgebackenem. Dort steht Jill Wade und verkauft „Welsh Cakes“, die etwas süßere unter den walisischen Spezialitäten. Die Backwaren sehen aus wie kleine Pfannkuchen, mit Rosinen bestückt und mit Staubzucker verziert. „Mehl, Butter, Zucker, Eier und Früchte“, zählt Wade auf. Frisch gebacken auf einer Steinplatte, zieht ihr Duft durch die große Markthalle. „Am besten schmecken sie nach dem Mittagessen mit einer Tasse Tee oder in Kaffee gedippt“, sagt Wade.

Zur Teatime ist neben den Welsh Cakes ein anderes Gebäck traditionell vertreten: das Bara Brith. Dabei handelt es sich um ein Früchtebrot – aus Restbeständen. Teig, der vom Brotbacken übrig bleibt, wird mit Früchten gespickt, die über Nacht in kaltem Tee gelegen haben. Das fleckige Brot, so lautet die Übersetzung, essen die Waliser mit einer ordentlichen Schicht Butter. Ein weiteres typisches Gericht sind Crempogs, Pfannkuchen, kleiner und dicker als das französische Pendant, das Crêpe. Wie die Welsh Cakes werden sie auf einer Steinplatte oder über offener Flamme gebacken, traditionell an Geburtstagen.

Eine der Hauptmahlzeiten des kleinen Landes zwischen England und Irischer See ist das Cawl, „eine Gemüse- und Fleischsuppe, die mit schlichtem Cheddarkäse und Brot gegessen wird“, erklärt Elisabeth Luard. Die Kochbuchautorin aus West Wales hebt jedoch hervor, dass die regionalen Unterschiede in Wales sehr ausgeprägt sind. „Der Norden von Wales ist traditionell ärmer, dort enthält das Cawl weniger Fleisch und Käse.“ Das Regionale der Küche gilt auch für andere Mahlzeiten und Zutaten. „Im Süden ist die Küche traditionell stärker mit der englischen verwandt, mit vielen Ofengerichten, wie Braten und Pies.“

In der großen Markthalle von Swansea verkauft Jonathan Mills Käse aus lokaler Herstellung. Viele seiner Käse stammen von der Snowdonia Cheese Company, benannt nach einem berühmten Nationalpark des Landes. Einer der beliebtesten Käse kommt allerdings aus Caerphilly, nördlich von Cardiff. „Caerphilly ist sehr mild, vielleicht ein bisschen bitter“, beschreibt Mills den Geschmack. Bis vor kurzem hatte Mills auch einen Käse im Sortiment, der mit Laverbread gespickt war.

(APA/dpa)

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