Tennis: Alcaraz rang Sinner in Paris nieder – Im Finale gegen Zverev
Spanier gewann Fünf-Satz-Krimi nach 4:09 Stunden – Sinner verpasste erstes Finale in Roland Garros, ist ab Montag aber neue Nummer eins – Finalgegner Zverev nach Viersatzsieg über Ruud
Für Carlos Alcaraz lebt der Traum vom ersten Triumph bei den French Open weiter. Der 21-jährige Spanier zog am Freitag mit einem 2:6,6:3,3:6,6:4,6:3-Erfolg über den Südtiroler Jannik Sinner erstmals ins Endspiel des Sand-Major-Tennis-Turniers ein. Der Verlierer muss weiter auf seinen ersten Paris-Finaleinzug warten, darf sich allerdings damit trösten ab Montag als neue Nummer eins der Welt aufzuscheinen. Zweiter Finalist ist der Deutsche Alexander Zverev.
Die Nummer vier des Turniers schaltete den ab Mitte des zweiten Satzes durch gesundheitliche Probleme gehandicapten Norweger Casper Ruud mit 2:6,6:2,6:4,6:2 aus. Zverev zog nach zuvor drei Semifinal-Niederlagen in Folge in Paris in sein insgesamt zweites Major-Finale nach den US Open 2020 ein und kämpft am Sonntag um seinen Premierentitel auf der höchsten Turnierebene. Alcaraz hat die Chance, nach den US Open 2022 und Wimbledon 2023 auch bei einem dritten Grand-Slam-Event den Pokal zu gewinnen.
Verloren hat der Spanier, der als jüngster Spieler der Profi-Ära auf Sand, Rasen und Hartplatz ein Grand-Slam-Endspiel erreichte, in einem Major-Finale noch nie. Sein bisher bestes Abschneiden in Roland Garros ist ihm schon sicher, zumal das bisherige Highlight der mit einer Niederlage gegen Novak Djokovic verbundene Halbfinaleinzug 2023 war. Den Serben würde Alcaraz mit einem Titelgewinn am Montag auf ATP-Rang drei verdrängen. Im Head-to-Head mit Zverev liegt Alcaraz 4:5 zurück, diese Saison setzte sich jeder Akteur einmal durch.
Sinner hatte am Dienstag die frohe Kunde erhalten, als erster Italiener überhaupt die Nummer-Eins-Position im ATP-Ranking zu erreichen und nahm den Schwung ins Halbfinale mit. Eine schnelle 4:0-Führung ließ sich der 22-Jährige nicht nehmen. Auch im zweiten Satz ging es mit einem 2:0 zuerst in einer ähnlichen Tonart weiter, ehe sich die Partie vorerst drehte. Der vor Turnierstart mit einer Hüftverletzung wochenlang ausgefallene Sinner servierte nicht mehr so stabil, ließ Chancen aus und ebnete damit Alcaraz den Weg zum noch klaren 6:3.
In Satz drei gelang dem Spanier ein frühes Break zum 2:1, Sinner schaffte aber postwendend das Rebreak und legte in einem Marathon-Game mit 3:2 vor. Wegen vermutlich Krämpfen im Unterarm ließ er sich kurz behandeln, wie wenig später auch am Oberschenkel, brachte damit aber kurioserweise Alcaraz außer Tritt. Nach einem Break zum 4:2 servierte Sinner schließlich gleich bei seinem ersten Satzball zum 6:3 aus. Im vierten Durchgang begegneten einander beide Akteure absolut auf Augenhöhe, daran änderte auch eine mehrminütige Pause wegen eines medizinischen Notfalls auf der Tribüne bei 4:4 nichts.
Alcaraz nutzte in der Folge gleich die erste Chance zum Break zum 6:4 und zog auch im Entscheidungssatz mit Break vorne weg. Diesen Vorteil ließ er sich auch dank einer starken Aufschlagleistung nicht mehr nehmen. Nach 4:09 Stunden war der Sieg im Krimi nach dem dritten Matchball in der Tasche. Und das in der jüngsten Paarung in einem Major-Halbfinale seit jener vom Spanier Rafael Nadal gegen den Schotten Andy Murray 2008 bei den US Open.
In seiner elften Fünf-Satz-Partie holte er zum zehnten Mal einen Sieg. Wie auch schon im US-Open-Viertelfinale 2022 setzte sich Alcaraz in fünf Sätzen gegen Sinner durch, damals war das mit 6:3,6:7(7),6:7(0),7:5,6:3 der Fall gewesen. Vor zwei Jahren war die Entscheidung erst nach 5:15 Stunden gefallen. Die damalige Partie sei noch ärger gewesen, sagte Alcaraz beim Siegerinterview auf dem Platz. „Das heute war aber wahrscheinlich eines meiner bisher härtesten Matches.“
Er habe auf dem Weg zum fünften Sieg – einer davon war zuvor dieses Jahr auch im Indian-Wells-Halbfinale gelungen – im neunten direkten Duell ordentlich leiden müssen. „Wir haben beide sehr kämpfen müssen“, betonte der Spanier. Gelernt habe er von der Niederlage in Paris gegen Djokovic 2023. „Du musst in den entscheidenden Momenten ruhig bleiben und immer weiterkämpfen, das habe ich geschafft. Ich bin glücklich, was mir gelungen ist.“ Bei seinem erst vierten Antreten im Paris-Hauptbewerb darf er sich um den Titel matchen.
Sinner war über den Ausgang der Partie klarerweise enttäuscht. „Wenn wir gegeneinander spielen sind es meistens sehr wichtige Spiele. Es ist spannend für das Spiel, vor allem wenn das Head-to-Head ziemlich ausgeglichen ist. Der Gewinner ist glücklich, und der Verlierer sucht einen Weg, um beim nächsten Mal zu gewinnen. Das werde ich versuchen“, sagte der Südtiroler. Die Hüfte sei okay gewesen, mit Fortdauer der Partie habe er aber schon etwas gespürt. „Aber das ist keine Ausrede, ich habe mich am Platz wohlgefühlt.“
Ruud legte mit einem 6:2 einen Traumstart hin, ging auch aufgrund von Magenproblemen aber als Verlierer vom Platz. Im zweiten Satz waren Breaks zum 1:0 und 4:1 entscheidend, in Durchgang drei nahm Zverev seinem Gegner zum 3:2 den Aufschlag ab, im Entscheidungssatz dann zum 1:0 und 5:2. Nach 2:35 Stunden war die gelungene Revanche für die klare Dreisatzniederlage im Paris-Halbfinale 2023 perfekt. „Ich kann meine Gefühle noch nicht beschreiben, bin einfach extrem glücklich“, verlautete Zverev.
Indes forderte die WTA eine ausgeglichene Ansetzung von Frauen- und Männer-Matches bei den French Open in der „Prime Time“. In allen elf Abendsessions dieses Jahr hatte es interessante Männer-Begegnungen zu sehen gegeben. Von den French-Open-Organisatoren gab es bisher keine Stellungnahme zu dieser Thematik. Im Frauen-Doppel zog die Italienerin Jasmine Paolini mit Sara Errani ins Endspiel ein und hat damit die Chance, das Double zu gewinnen. Die Einzel-Entscheidung steht am Samstag an, jene im Doppel am Sonntag.