Ukraine – Blinken in Kiew – Selenskyj fordert Patriots für Charkiw

Flugabwehr "großes Defizit" der Ukraine – Blinken: Hilfe "ist auf dem Weg"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei einem Besuch von US-Außenminister Antony Blinken Patriot-Flugabwehrsysteme für die von russischen Bomben und Raketen bedrohte Großstadt Charkiw gefordert. Zum Schutz der Stadt und ihres Umlands seien zwei dieser Systeme notwendig, sagte Selenskyj am Dienstag in Kiew. US-Hilfe für den Abwehrkampf sei von entscheidender Bedeutung. Dabei sei Flugabwehr das „größte Defizit“, sagte Selenskyj.

Die Waffen seien teils schon eingetroffen, teils noch unterwegs, sagte Blinken. „Das wird auf dem Schlachtfeld einen realen Unterschied machen gegen die russische Aggression“. Er nannte aber keine Details. Bei einer Rede am Polytechnischen Institut von Kiew sagte er später, es werde nach Flugabwehrsystemen gesucht. Der US-Kongress hatte im April nach monatelanger Blockade Militärhilfen im Umfang von 61 Milliarden Dollar (rund 56 Milliarden Euro) für Kiew bewilligt. Nach ukrainischen Medienberichten sagte Blinken der Ukraine weitere, so umfangreiche Waffenhilfen zu, dass sie die Lage auf dem Schlachtfeld verändern können.

Die Ukraine ist aus einem Mangel an Waffen, Munition und Soldaten seit Monaten in der Defensive. In der Region Charkiw gerät die ukrainische Armee derzeit durch eine russische Offensive zunehmend in Bedrängnis. Am Montag räumte der ukrainische Generalstab „taktische Erfolge“ der russischen Truppen in der Region im Nordosten der Ukraine ein. Moskau meldete am Dienstag die Einnahme eines weiteren Dorfes in der Region. Russische Einheiten hätten das Dorf Buhruwatka unter ihre Kontrolle gebracht und seien „tief in die Verteidigung des Feindes“ vorgerückt, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Buhruwatka liegt in der Nähe der umkämpften ukrainischen Grenzstadt Wowtschansk.

Die Verzögerung der US-Hilfen habe die Ukraine verwundbar gemacht, gestand Blinken in der Rede vor Studenten ein. Er beschrieb die Sicherheitsabkommen, die die Ukraine derzeit mit vielen Ländern abschließt, als Brücke zu einer NATO-Mitgliedschaft. Die USA wollten die Ukraine in einem auf zehn Jahre angelegten Abkommen in vielen Bereichen von der Luftfahrt bis zur Luftverteidigung, von Drohnen bis zur Minenräumung unterstützen. Bei einem neuen russischen Angriff werde es Konsultationen auf höchster Ebene geben. Auch solle das Abkommen den Aufbau der ukrainischen Verteidigungsindustrie beschleunigen.

Solche Vereinbarungen könnten sicherstellen, dass der Beitritt der Ukraine zur NATO reibungslos vonstattengehen werde, wenn alle Bedingungen erfüllt seien und alle Verbündeten zustimmen, sagte Blinken. Schon der kommende NATO-Gipfel in Washington im Juli werde „greifbare Schritte“ der Integration für die Ukraine bringen, versprach er. Er rief die Ukraine auch zu Reformen in Wirtschaft und Rechtssystem auf. Dies werde den Beitritt zur EU erleichtern.

In Moskau kommentierte Kremlsprecher Dmitri Peskow, Blinkens Besuch in Kiew zeige, wie nervös die USA und die Ukraine wegen der Lage im Krieg seien.

Blinken war Dienstagfrüh von Polen aus mit einem Nachtzug nach Kiew gereist. Es ist der vierte Ukraine-Besuch des US-Außenministers seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022. Die Reise solle vor allem ein starkes Signal aussenden, um die Ukrainer zu beruhigen, die offensichtlich „in einer sehr schwierigen“ Situation seien, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter zu Journalisten. Er verwies auf die Kämpfe an der Front im Osten und die Angriffe auf Charkiw.

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