68. Song Contest: Schweizer Act Nemo holt sich den Titel

Erste nonbinäre Person, die Bewerb gewinnt – Österreich landet auf vorletztem Platz – Kaleen: "Weiter zum nächsten Abenteuer"

Der Eurovision Song Contest bleibt seiner Rolle treu, in Fragen geschlechtlicher Vielfalt ein Vorreiter zu sein: Mit dem Schweizer Act Nemo hat die erste nonbinäre Person – also ein Mensch, der sich weder als Mann noch als Frau definiert – den größten Musikbewerb der Welt gewonnen. Nemo sicherte sich mit der Bombastnummer „The Code“ im schwedischen Malmö den Titel vor dem zuletzt höher favorisierten Kroatien. Österreich kam indes über einen vorletzten Platz nicht hinaus.

Die 29-jährige Oberösterreicherin Kaleen zeigte sich allerdings in keiner Weise niedergeschmettert von Platz 24 im 25-köpfigen Tournament für ihre Technonummer „We Will Rave“: „Ich bin überhaupt nicht enttäuscht.“ Und sie blickt bereits nach vorne, hat sie doch frisch einen Plattenvertrag in der Tasche: „Es geht weiter zum nächsten Abenteuer.“

Noch ein wenig euphorischer zeigte sich Nemo – und zerbrach vor Aufregung gleich einmal die gläserne Siegtrophäe auf offener Bühne. Ein Ersatz wurde allerdings schnell besorgt. Der Schweizer Act verstand den Triumph in der Malmö Arena nicht nur als persönlichen Sieg: „Es macht mich unglaublich stolz – nicht auf mich, sondern auf unsere gesamte Community.“ Der ESC sei ein Raum für Menschen, die gehört und verstanden werden müssten: „Wir brauchen mehr Mitmenschlichkeit und müssen uns mehr zuhören.“ Nemo stammt aus der Schweizer Kleinstadt Biel, lebt mittlerweile aber in Berlin und kann mit 24 Jahren bereits auf eine längere Musikkarriere zurückblicken.

Letztlich kam der Sieg der Schweiz dennoch etwas überraschend, hatte doch der kroatische Kandidat Baby Lasagna zuletzt als deutlich größerer Favorit gegolten. Er landete nun auf Platz zwei mit einem gewissen Respektabstand. Während die Schweiz 591 Punkte erhielt, waren es für Kroatien 547. Die Schweiz mauserte sich dabei zum klaren Jurysieger, Kroatien konnte hingegen das Publikumsvotum für sich entscheiden. Die Ukraine folgte mit 453 Punkten auf Platz drei.

Mit dem insgesamt dritten Sieg der Schweiz wandert der Song-Contest-Tross 2025 nun also in die Eidgenossenschaft, wobei jetzt noch nicht feststeht, welche Stadt sich zur Ausrichtung bereit erklärt. Der größte Musikbewerb der Welt wird alljährlich in Dutzenden Ländern weltweit ausgestrahlt, wobei allein das Finale von gut 150 Millionen Menschen verfolgt wird.

Es bleibt abzuwarten, ob der Bewerb, der sich eigentlich als dezidiert unpolitisch versteht, in der Schweiz einen besseren Verlauf nimmt als im heurigen Jahr und wieder etwas zur Ruhe kommt. So war der ESC vor allem von vehementen Protesten gegen das Antreten Israels trotz des laufenden Gaza-Krieges überschattet. So gab es mehrere Großdemonstrationen in Malmö mit teils israelfeindlichen Parolen, in Zuge derer unter anderen auch „Fridays for Future“-Ikone Greta Thunberg abgeführt wurde. Und vor der ESC-Arena versammelten sich einige Hundert Protestierende und beschimpften die Zuschauer.

Zugleich sah sich bereits die ganze Woche über die israelische Kandidatin Eden Golan, die letztlich mit ihrer Ballade „Hurricane“ auf Platz fünf landete, mit Protesten innerhalb der Halle konfrontiert. Größere Teile des Publikums buhten die 20-Jährige vor, nach, aber auch während ihrer Auftritte gnadenlos nieder und führten damit das ESC-Motto „United by Music“ letztlich ad absurdum.

Buhs setzte es im Finale auch für den einst beliebten EBU-Supervisor Martin Österdahl, der mit seinem Kultspruch „You’re good to go“ die Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse in den Finalshows einläutet. Hintergrund ist hier die Disqualifikation der Niederlande vom Finale, weil Sänger Joost Klein vorgeworfen wird, eine bedrohliche Geste in Richtung einer Kamerafrau getätigt zu haben, die ihn gegen seinen Willen filmte. Die EBU wertete dies als Verstoß gegen ihre Anti-Gewalt-Politik. Der öffentliche Rundfunk der Niederlande legte hingegen offiziellen Protest gegen die Entscheidung ein.

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