RSF-Österreich-Präsident Hausjell: "Schlechtestes Ergebnis bisher" – "Gute" Lage nur in acht Ländern weltweit
Österreich ist im Pressefreiheitsindex 2024 von Reporter ohne Grenzen (RSF) von Platz 29 im Vorjahr auf Platz 32 abgerutscht. Es handelt sich laut RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell um das bisher „schlechteste Ergebnis“ für die Alpenrepublik. Der Score ging von 77,3 auf 74,7 Punkte zurück, womit Österreich im Mittelfeld der als „zufriedenstellend“ eingestuften Ländern hinter Moldau und vor Mauretanien liegt. Eine „gute“ Lage wird nur acht Staaten attestiert.
Der Index stützt sich auf fünf Indikatoren: politischer Kontext, wirtschaftlicher Kontext, rechtlicher Rahmen, soziokultureller Kontext und Sicherheit. Am besten schnitt Österreich in puncto Sicherheit mit 90,5 Punkten (+1,3 Punkte) ab. Auch mit Blick auf den rechtlichen Rahmen ging es leicht bergauf (plus 1,1 Punkte auf 78,5 Punkte). Beim soziokulturellen Kontext lag das größte Minus in Höhe von 8,8 Punkten (75,3 Punkte) vor, gefolgt vom politischen Kontext mit einem Rückgang in Höhe von 5 Punkten (69 Punkte). Am schwächsten schnitt Österreich bei der wirtschaftlichen Situation der Medien (60,2 Punkte) ab (minus 1,7 Punkte).
Die Ursachen für den Abfall Österreichs im Pressefreiheitsindex seien vielfältig, so Hausjell. Die Justiz leuchte „hochproblematisch enge Verhältnisse und mutmaßlich korruptive Vorgänge zwischen der Regierungspartei ÖVP und etlichen großen Medien“ aus. Eine Novelle des Medientransparenzgesetzes hätte der „kriterienlosen Vergabe üppiger Regierungsinserate“ zur Steuerung mancher journalistischen Medien keinen Riegel vorgeschoben. Zugleich würden ÖVP und FPÖ einzelne Journalisten als vermeintliche Aktivisten attackieren.
Kritisch merkte der RSF-Österreich-Präsident zudem an, dass auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach die Regierung zu viel Einfluss bei der Bestellung der ORF-Gremien habe, bisher nicht mit einer Gesetzesnovelle reagiert wurde. Stattdessen habe die ÖVP für ein Zitierverbot aus Ermittlungsakten getrommelt. Die Angebotsvielfalt an Tageszeitungen schrumpfte im Vorjahr von 14 auf nun nur noch zwölf Titel, weil die republikseigene „Wiener Zeitung“ und die ÖVP-Parteizeitung „Oberösterreichisches Volksblatt“ in Printform eingestellt wurden.
Als positive Entwicklung wurde das noch nicht in Kraft getretene Informationsfreiheitsgesetz angeführt. Auch die Ausschüttung der Digitalisierungsförderung an bestehende Medien wurde prinzipiell begrüßt, wenngleich die Vergabe intransparent erfolge.
Um die Pressefreiheit im Land zu verbessern, könnte die Politik die Regierungsinserate als Teil der Medienförderung konzipieren und damit auch kleinere Medien fördern, meinte Hausjell gegenüber der APA. „Dadurch würde jegliche Mauschelei in beide Richtungen unterbunden und das Vertrauen in Medien und in die Regierungspolitik wieder ein Stück gestärkt.“ Auch sprach sich Hausjell für die Errichtung eines idealerweise auf europäischer Ebene eingerichteten Digitalvertriebs journalistischer Inhalte aus. Über diesen Weg könne die vielerorts angespannte finanzielle Lage der Medienhäuser, die sich nicht zuletzt durch so manche Kündigungswelle zeigte, verbessert und eine Art europäische Öffentlichkeit mitaufgebaut werden.
Als „Katastrophe für unabhängigen und vielfältigen Journalismus“ würde es Hausjell erachten, käme die FPÖ in Regierungsverantwortung. Schließlich sprach sich die FPÖ etwa wiederholt für einen aus dem Bundesbudget finanzierten „Grundfunk“ anstatt des derzeit aus einer Haushaltsabgabe gespeisten ORF aus. „Das wäre für einen Kleinstaat wie Österreich aus demokratiepolitischer Sicht extrem schädlich“, warnte der RSF-Österreich-Präsident.
Die Spitze des 180 Länder zählenden Pressefreiheits-Index führt zum 8. Mal in Folge Norwegen an. Dahinter folgen weitere nordeuropäische Staaten: Dänemark, Schweden, Niederlande, Finnland und Estland. Dort sei es wie auch in Portugal und Irland „gut“ um die Pressefreiheit bestellt. Weltweit betrachtet ortet Reporter ohne Grenzen jedoch eine „besorgniserregende Verschlechterung der Unterstützung und Achtung der Unabhängigkeit der Medien“, hieß es in einer Aussendung.
So kam es in Palästina seit Ausbruch des Gaza-Kriegs zu einer Rekordzahl an Übergriffen. Mehr als 100 palästinensische Reporter seien von den israelischen Streitkräften getötet worden – davon mindestens 22 bei der Ausübung ihrer Arbeit. Palästina belegt Platz 157. Direkt dahinter findet sich die Türkei, die Journalisten inhaftiert und Medien durch Internetzensur und richterliche Kontrolle schwächt. Noch weiter zurück liegt Russland (162), das einen regelrechten „Kampf“ gegen unabhängigen Journalismus führe. Mehr als 1.500 Journalisten seien seit dem Einmarsch in die Ukraine ins Ausland geflohen, hieß es von der international tätigen NGO. Schlusslichter im Pressefreiheits-Index sind Eritrea (180), Syrien (179) und Afghanistan (178).
18 Plätze gut machen konnte die Ukraine. Das kriegsgebeutelte Land landete auf Platz 61, da sich die Sicherheit für die Journalisten im Land verbessert und politische Eingriffe abgenommen haben. Auch Deutschland wanderte im Ranking nach oben (Platz 10), da die Zahl der Angriffe auf Journalisten durch rechtsextreme Gruppierungen zurückgegangen sei. In Polen sorgte eine neue Regierung, die sich stärker für das Recht auf Information einsetzt, für ein Plus von zehn Plätzen auf Rang 47. Schlusslichter in der Europäischen Union sind Ungarn (67), Malta (73) und Griechenland (88).
(S E R V I C E – www.rog.at)