Kurz-Prozess: Plädoyers haben begonnen, Urteil danach erwartet
WKStA sieht Tatbestand der Falschaussage im U-Ausschuss klar erfüllt – Schmid widersprach russischen Geschäftsmännern – Richterspruch voraussichtlich am Abend
Im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz haben am Straflandesgericht Wien die Plädoyers begonnen, bevor es Freitagabend ein Urteil geben soll. Dem einstigen ÖVP-Chef Kurz wird vorgeworfen, im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss seinen Einfluss bei Postenbesetzungen für die Staatsholding ÖBAG heruntergespielt zu haben. Für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) war es klar, dass der Tatbestand erfüllt sei.
Mit Kurz am Wiener Straflandesgericht beschuldigt ist dessen damaliger Kabinettschef Bernhard Bonelli. Beiden drohen bis zu drei Jahre Haft. „Selten war ein Fall der Falschaussage so klar gelagert“, befand Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic in seinem Schlussplädoyer. Kurz und Bonelli hätten nämlich „nicht nur die Message kontrolliert“. Oberste Priorität – und das lese sich auch aus dem türkis-blauen Regierungs-Sideletter heraus – hätten auch Personalentscheidungen gehabt.
Zuvor waren am Vormittag noch zwei Zeugen befragt worden, darunter der ehemalige Chef der Staatsholding ÖBAG, Thomas Schmid, zu einem Bewerbungsgespräch, bei dem dieser über Druck durch die Ermittler geklagt haben soll. Schmid widersprach den russischen Zeugen, sie würden die Unwahrheit sagen. Die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sprach von einer „Falle“ ohne dabei aber einen mutmaßlichen Fallensteller zu nennen.
Schmid hatte im Zuge seiner Zeugeneinvernahme die beiden Beschuldigten belastet, dem widersprechen Aussagen etwa der ehemaligen Finanzminister Hartwig Löger und Gernot Blümel (beide ÖVP) als Zeugen sowie einiger Aufsichtsräte und -rätinnen der ÖBAG. Auch Kurz und Bonelli beteuerten bis zuletzt ihre Unschuld.
Schmid sah sich zuletzt mit Aussagen zweier russischer Geschäftsmänner konfrontiert, die angeblich ein Bewerbungsgespräch mit ihm geführt haben sollen. Einer der beiden berichtete am Freitag via Videoschaltung nach Moskau das Gleiche wie sein Partner zuvor. Schmid soll bei dem Gespräch in Amsterdam sinngemäß gemeint haben, die WKStA habe ihn unter Druck gesetzt und er habe bei seiner Befragung nicht immer die Wahrheit gesagt – zumindest „zwischen den Zeilen“.
Auch Schmid sagte am Freitag noch einmal ergänzend und ebenfalls per Videoübertragung aus. Er widersprach den beiden russischen Zeugen. Über das Ermittlungsverfahren der WKStA gegen ihn sei beim Bewerbungsgespräch nie konkret gesprochen worden – schon gar nicht über angeblichen Druck. Kurz‘ Verteidigung versuchte dennoch weiter, an Schmids Glaubwürdigkeit zu kratzen, der Kronzeuge in der ÖVP-Umfragecausa werden will.