Ein großes Lebenswerk ist zu Ende: Aktionist Günter Brus gestorben
Mitbegründer des Wiener Aktionismus starb am Samstag – Zuerst verfolgt, später vielfach ausgezeichnet – Zahlreiche Reaktionen – Ausstellung in Bregenz eröffnet programmgemäß
Der österreichische Künstler Günter Brus, Mitbegründer des Wiener Aktionismus, Autor, Bild-Dichter, Bühnenbildner und Zeichner, ist gestern, Samstag, 85-jährig in einem Grazer Krankenhaus gestorben. Entsprechende Meldungen bestätigte der Galerist Philipp Konzett, Mitinitiator und Geschäftsführer des im März öffnenden Wiener Aktionismus Museum, am Sonntagfrüh gegenüber der APA. Spitzen aus Politik und Kultur würdigten ein großes Lebenswerk, das zu Ende gegangen ist.
Brus, am 27. September 1938 in Ardning in der Obersteiermark geboren, schockte in den 1960er-Jahren gemeinsam mit Muehl, Nitsch und Schwarzkogler die Öffentlichkeit mit Körperkunst, die als Wiener Aktionismus weltbekannt wurde. Nachdem Brus in Österreich wegen einer Kunstaktion an der Wiener Uni zu monatelanger Haft verurteilt wurde, flüchtete er 1969 mit Frau und Kind nach Berlin, von wo er erst 1979 zurückkam. Brus zählte zu den bedeutendsten österreichischen Künstlern der Gegenwart und hat ein in vielfacher Hinsicht grenzensprengendes Werk geschaffen.
Seit Herbst 2011 ist ihm in Graz mit dem Bruseum ein eigenes Museum gewidmet. Für sein künstlerisches Werk hat Brus u. a. den Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst (1996) und den Oskar-Kokoschka-Preis (2003) erhalten. Zuletzt lebte er mit seiner Tochter Diana und seiner Frau Anna am nördlichen Stadtrand von Graz.
In der österreichischen Kunstszene herrschte am Sonntag große Betroffenheit. „Sein Einfluss auf die internationale Kunst kann gar nicht überschätzt werden“, würdigte etwa Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder den Verstorbenen, dessen bahnbrechende aktionistische Malerei der frühen 60er-Jahre er ab Anfang April im ehemaligen Essl Museum in Klosterneuburg ausstellen werde. „Wir verlieren einen Kunstrebell, der nie aufgehört hat, sich weiterzuentwickeln und seine künstlerischen Mittel immer wieder neu zu erfinden“, meinte Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere, das Brus 2018 zum 80. Geburtstag im Belvedere 21 eine große Retrospektive widmete.
„Auf seiner langen, tiefgehenden Suche hat Günter Brus die Weltkunst mit geprägt und unser Land zu einer Zeit mit verändert, als Veränderung dringend notwendig war“, meldete sich Vizekanzler und Kulturminister Werner Kogler (Grüne.) „Ein großer Geist und Mensch – er wird fehlen.“ Für den steirischen Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) zählte Brus zu den weltweit wichtigsten bildenden Künstlern. Er habe „die Steiermark durch sein Schaffen als ein Land von Kunst und Kultur in eine internationale Auslage gerückt. Mit seiner Kunst hat er das gesellschaftliche Gefüge erschüttert und aufgerüttelt.“ Auch der Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Ludwig (SPÖ) hob Brus‘ Bedeutung hervor: „Als einer der bedeutendsten Vertreter des Wiener Aktionismus setzte er sich in seinen Werken stets mit geltenden gesellschaftlichen Regelungen und Zwängen auseinander, die er scharf kritisierte.“
Wie das Kunsthaus Bregenz (KUB) am Sonntag bekannt gab, wird die angekündigte Schau „Günter Brus“ wie geplant am kommenden Freitag (16. Februar) eröffnet. Die Aufbauarbeiten für die Ausstellung mit fast 500 Arbeiten aus allen Schaffensphasen von Brus seien in vollem Gange, hieß es. Die Ausstellung sei gemeinsam mit Günter Brus und dem Bruseum entwickelt worden und würdige die wichtigsten Phasen seines außerordentlichen Werkes, sagte KUB-Direktor Thomas D. Trummer. „Günter Brus und seine Frau Anna haben wesentlich zur Auswahl beigetragen, ein großer Teil der Leihgaben stammt aus ihrem persönlichen Bestand. Es ist unendlich schade und traurig, dass Günter Brus die Ausstellung, die eine Woche nach seinem Tod eröffnet wird, nicht mehr erleben kann“, so Trummer.