Van der Bellen zu Neujahr: "Miteinander" reden und Parteien "prüfen"

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat in seiner Neujahrsansprache dazu aufgerufen, „mehr miteinander“ und „weniger übereinander“ zu reden. Denn wer sich stets nur in der eigenen Meinung bestätigen lasse, der werde „nie zu neuen Erkenntnissen kommen“, sagte er – auch mit Blick auf das Superwahljahr 2024. Die Bürger forderte er auf, die wahlwerbenden Parteien dahingehend zu „prüfen“, „was sie aus den Menschen hervorholen“ und ob es sich um „konstruktive Kräfte“ handelt.

Er wünsche sich, „dass es uns als Gesellschaft gelingen möge, wieder mehr miteinander zu reden. Und weniger übereinander“, so das Staatsoberhaupt in der traditionell via ORF am 1. Jänner ausgestrahlten Rede. „Wir haben uns in den letzten Jahren angewöhnt, uns vor allem mit denen zu unterhalten, die ohnehin derselben Meinung sind wie wir. Und ich glaube, dass das auf Dauer nicht gut für unser Zusammenleben ist.“

„Lassen Sie uns wieder mehr miteinander reden“, so der Appell Van der Bellens. Auch plädierte er dafür, „dass wir uns nicht nur in den extremen Rändern unterhalten. Schauen wir doch auch einmal, was sich in der Mitte abspielt“. Um in diese Mitte zu gelangen, müssten sich „alle“ bewegen. Dies sei immer der österreichische Weg gewesen – „und ich hoffe, dass wir in Zukunft wieder mehr danach handeln“, so das Staatsoberhaupt.

Besonders in diesem Jahr werde man die Fähigkeit, miteinander zu reden, brauchen, verwies der Präsident auf die vielen anstehenden Wahlen 2024 – mit der EU-Wahl, der Nationalratswahl, zwei Landtagswahlen und Gemeinderatswahlen. Betreffend der zu erwartenden Wahlkämpfe sagte Van der Bellen, es möge den wahlwerbenden Parteien gelingen, „Argumente auszutauschen statt Anschuldigungen – und Ideen statt Verwünschungen“.

Und es dürfe auch gerne konstruktiv gestritten werden, dabei solle aber „niemals der Boden der Vernunft“ verlassen werden. „Ich habe nichts gegen Emotionen, ganz im Gegenteil. Aber in Wahlkämpfen werden sie meistens dann eingesetzt, wenn die Argumente ausgehen. Und dann holen sie selten das Beste in uns hervor“, mahnte Van der Bellen.

An die Bürger richtete er den Wunsch, selbst genau zu prüfen, welche Parteien denn zur Auswahl stehen: „Prüfen und beurteilen Sie die wahlwerbenden Parteien bitte auch danach, was sie aus den Menschen hervorholen. Daran kann man ganz gut erkennen, ob es sich um konstruktive Kräfte handelt oder nicht.“ Er wünsche sich „Vernunft für unsere Heimat“, „Vernunft in allen politischen Parteien“. Denn es werde auch eine Zeit nach der Wahl geben „und da sollten wir alle einander noch in die Augen sehen können“.

Explizit sprach der Präsident auch die Klimakrise an: „Es wird auch eine Zeit nach unserer Zeit geben. Ich wünsche mir, dass unsere Kinder und Enkerl dann auch noch einen lebenswerten Planeten, ein lebenswertes Österreich vorfinden.“ Klimanotstand und Treibhauseffekt seien wissenschaftlich bewiesen – „und wir alle erleben doch die Folgen jeden Tag, jede Woche, jeden Monat“. „Wie ignorant muss man sein, wie entfernt von der Natur, um das nicht wahrzunehmen?“, fragt sich Van der Bellen. Die Wissenschaft und Fakten, die Wahrheit würden sich nicht ändern, „nur weil wir sie nicht glauben“. Daher wünsche er sich für 2024 auch, „dass wir nicht an Fakten rütteln, an denen es nichts zu rütteln gibt. Setzen wir unsere Energie lieber dafür ein, die Probleme zu lösen.“

Gleichzeitig plädierte der 79-Jährige für „mehr Zuversicht“. Österreich sei eine „leistungsfähige Gesellschaft“, „eine einfallsreiche, mitfühlende, eine friedliebende und wohlwollende Gesellschaft“. Das Land habe alle Fähigkeiten und Eigenschaften, die es brauche, um eine gute Zukunft zu bauen: „Unsere Wissenschaft und Forschung. Unsere Kunst. Unsere Wirtschaft. Unsere Kraft und Energie. Unsere Neugier. Unsere Offenheit. Unsere Solidarität. Unsere Menschen“, sagte Van der Bellen. „Wir alle tragen etwas bei.“ Abschließender Neujahrsgruß des Präsidenten: „Ich wünsche Ihnen ein großartiges Jahr 2024. Möge es noch besser werden, als Sie es erwarten.“

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