Nahost – Neuer Raketenbeschuss aus Gaza auf Israel

Israel bombardiert südlichen Gazastreifen – Haus eines Attentäters im Westjordanland abgerissen – Frankreich fordert Waffenruhe und kündigt Sanktionen für gewalttätige Siedler an

Die islamistische Hamas hat am Dienstag wieder Raketen aus dem Gazastreifen auf israelische Ortschaften abgefeuert. In der Küstenstadt Tel Aviv wurde das erste Mal seit mehreren Tagen Raketenalarm ausgelöst, wie die israelische Armee mitteilte. Es gab zunächst keine Berichte zu Verletzten. Die Qassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der islamistischen Hamas, bekannten sich zu den Angriffen.

Auch aus dem Libanon ging nach Militärangaben eine Rakete im israelischen Grenzort Metulla auf offenem Gelände nieder. Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah reklamierte den Angriff für sich. Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge danach Ziele im Libanon angegriffen. Der Ursprungsort des Abschusses sei getroffen worden, teilte das Militär am Dienstag mit.

Bei den israelischen Luftangriffen im Süden des Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben mindestens 20 Menschen getötet worden. Im Gebiet von Rafah an der Grenze zu Ägypten seien drei Häuser zerstört worden, teilte die von der radikal-islamischen Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde am Dienstag mit. In Khan Yunis berichteten Augenzeugen, dass Israel mit Panzern und Flugzeugen Ziele in der Nähe des Zentrums der Stadt beschossen habe. Es sei zu heftigen Gefechten zwischen israelischen Soldaten und Kämpfern der Hamas in der Stadt gekommen.

Zehntausende Palästinenser haben in den vergangenen Wochen vom Norden des Gazastreifens aus auf Geheiß Israels im vermeintlich sicheren Süden Schutz gesucht. 4.000 von ihnen kamen auf dem Gelände des Nasser-Krankenhauses in Khan Yunis unter. Sie seien nun den israelischen Angriffen ausgesetzt, sagte der WHO-Vertreter für den Gazastreifen, Richard Peeperkorn.

Das Al-Ahli-Arab-Krankenhaus in Gaza-Stadt musste am Dienstag den Betrieb einstellen. Man könne nach der Erstürmung durch die israelische Armee „weder Patienten noch Verletzte aufnehmen“, sagte Klinikleiter Fadel Naim der Nachrichtenagentur AFP. Die israelische Armee habe mehrere Ärzte, Krankenschwestern und Verletzte festgenommen und einen Teil des Klinikkomplexes zerstört, sagte Naim.

Das Al-Ahli-Arab-Krankenhaus war bereits am 17. Oktober durch eine Explosion auf seinem Parkplatz beschädigt worden. Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas machte damals Israel verantwortlich und sprach von mehr als 400 Todesopfern. Israel sprach dagegen von einer Explosion durch eine fehlgeleitete Rakete des mit der Hamas verbündeten Islamischen Jihad.

Auch das Kamal-Adwan-Hospital im Norden des Gazastreifens sei nach einer Erstürmung israelischer Soldaten vergangene Woche mittlerweile nicht mehr funktionsfähig. Die Patienten hätten evakuiert werden müssen. „Wir können es uns nicht mehr leisten, Krankenhäuser zu verlieren“, mahnte Peeperkorn.

Bei ihren Angriffen auf den Gazastreifen nimmt die israelische Armee auch Krankenhäuser ins Visier. Israel wirft der Hamas vor, dort militärische Infrastruktur eingerichtet zu haben und Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“ zu missbrauchen. Die Hamas weist die Vorwürfe zurück.

Die palästinensische Gesundheitsbehörde aktualisierte indes die Opferzahlen. Seit Beginn der israelischen Gegenangriffe seien im Gazastreifen 19.667 Menschen getötet und rund 52.586 verletzt worden.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat mehrfach das Ziel ausgegeben, die Hamas zu vernichten. Mit dem Feldzug im Gazastreifen reagiert seine Regierung auf das Massaker von Hamas-Kämpfern am 7. Oktober, bei dem rund 1.200 Menschen – zumeist Zivilisten – getötet und etwa 240 weitere als Geiseln verschleppt worden waren.

International wächst angesichts des Leids der Zivilbevölkerung aber die Kritik am Vorgehen der Streitkräfte. Der vierfache Vater Raed musste seine Familie bereits zwei Mal evakuieren. Die Menschen in Gaza seien erschöpft, sagte der 45-Jährige. „Geld ist nichts mehr wert, es ist nichts mehr zu bekommen“, berichtete er. „Wir mussten mitten in der Nacht aus den Betten, überlebten die Bombardierung und suchten auf den Straßen nach Nahrung, wir sind müde“, sagte er in Rafah. „Wir wollen Frieden, einen Waffenstillstand, Waffenruhe, wie auch immer sie es nennen, aber bitte beendet den Krieg.“

Im Westjordanland zerstörte Israels Armee am Dienstag das Haus eines palästinensischen Attentäters. Der Palästinenser hatte den Angaben nach im August in der palästinensischen Stadt Huwara zwei Israelis, einen Vater und seinen Sohn, in einer Waschanlage erschossen. Er war im November festgenommen worden.

Israel setzt Häuserzerstörungen als Bestrafungs- und Abschreckungsmaßnahme ein. Von Menschenrechtsorganisationen wird diese Kollektivstrafe als Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht eingestuft. Israels höchstes Gericht hat Häuserzerstörungen jedoch immer wieder erlaubt und Klagen dagegen zurückgewiesen. Nach Angaben des UNO-Nothilfebüros OCHA hat das israelische Militär in diesem Jahr 34 Häuser „aus Gründen der Strafverfolgung“ abgerissen, 18 davon seit dem 7. Oktober.

Die Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten ist seit langem extrem angespannt. Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober hat sich die Lage noch einmal verschärft. Seit Jahresbeginn kamen dem Ministerium zufolge insgesamt 485 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen im Westjordanland, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen ums Leben. Israel hat 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Die Palästinenser fordern die Gebiete dagegen für einen eigenen Staat – mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna hat ihren Aufruf zu einer sofortigen Waffenruhe im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas bekräftigt. „Wir fordern eine sofortige, anhaltende Waffenruhe, um zu einem Waffenstillstand zu kommen“, sagte Colonna nach einem Treffen mit ihrem britischen Amtskollegen David Cameron am Dienstag in Paris. Sie sprach sich auch dafür aus, die EU-Sanktionen gegen die Hamas und die „Finanzierung des Terrorismus“ zu verschärfen.

Auf nationaler Ebene kündigte sie Sanktionen gegen gewalttätige israelische Siedler an, die im Westjordanland gegen Palästinenser vorgehen. „Ich habe die von manchen Siedlern begangenen Gewaltakte mit eigenen Augen gesehen, das ist inakzeptabel“, sagte Colonna, die zuvor Israel, das Westjordanland und den Libanon besucht hatte. Frankreich werde die Sanktionen gegen einzelne Siedler „auf der Basis dokumentierter Informationen“ verhängen, fügte sie hinzu.

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