"Das verfluchte Geisterschiff": Eine Wagner-Oper als Wander-Oper
Wiener Staatsoper präsentiert eine kongeniale Adaption des "Fliegenden Holländers" für kleine Opernfreunde
Eine Wagner-Oper als Wander-Oper für angehende Musikliebhaber: In der Wiener Staatsoper feierte am Samstag das neue Kinderstück „Das verfluchte Geisterschiff“ seine Premiere – eine Adaption des „Fliegenden Holländers“. Erneut hat Regisseurin Nina Blum nach „Entführung ins Zauberreich“ ein Stationentheater für Musiktheaterfreunde in spe für das Haus am Ring konzipiert. Das Ergebnis ist Oper für Kinder auf Augenhöhe mit aller Wertschätzung für die Musik.
Blum gelingt mit ihrem bewährten Team aus Librettistin Margit Mezgolich und dem Komponisten Gerald Resch, ernsthaft zu Wagners Musik zu stehen und diese mit dem auf 13 Personen reduzierten Bühnenorchester in einer nicht infantilen Fassung zu spielen. Auch wenn John Barrys Bond-Motiv kurz ebenso anklingt wie die „Titanic“-Hymne, dominieren Wagners Arien, um die herum eine neue Geschichte gewoben ist um den verfluchten Kapitän, der nur alle sieben Jahre einen Tag an Land gehen darf, um dort die Liebe zu finden, will er nicht auf ewig über die Weltmeere segeln müssen.
Das Ganze beginnt auf der Feststiege der Staatsoper, wohin sich die Ratte (Christina Kiesler) gerade abseilt – die charmante Führerin und Conférencier des Vormittags. Sie ist die beste Freundin von Senta (Jenni Hietala), Teenagerin mit leichten Gothic-Vorlieben, die gleichsam ein Groupie der dunklen Sagengestalt des Holländers ist, dessen Konterfei sie auf ihrem T-Shirt trägt.
Papa Daland (Simonas Strazdas) ist da ein wenig anders gestrickt. Der einstige Kapitän lebt mittlerweile auf einem Hausboot, ist eher ein Angsthase und möchte mit allen gut Freund sein. So schmeißt er eine Party für sein Töchterlein, wo wir auch Senta Sandkastenfreund Eric (Lukas Schmidt) kennenlernen, in puncto Ängstlichkeit Daland in nichts nachstehend.
Just auf dieser Party erscheint schließlich eine schwarze Erscheinung – der Holländer (Jusung Gabriel Park). Es ist eine coole Gestalt, die sich auch in Bayreuth wiederfinden könnte. Senta ist Feuer und Flamme. Und so gibt sich der schüchterne Eric selbst einen Ruck und dem Holländer die Hand, um die Freundin zu schützen. Nun müssen die Ratte, Senta und nicht zuletzt die kleinen Opernbesucher auf einen langen Tauchgang gehen, um Eric zu retten und den Fluch, der auf dem Holländer lastet, zu lösen.
Für das junge Publikum – empfohlen ist „Das verfluchte Geisterschiff“ ab sechs Jahren – ist die Inszenierung ein Heidenspaß aus Action, leichtem Grusel und viel Witz, bei dem sie direkt adressiert, aber nicht verschaukelt werden. Das reifere Begleitpersonal kann sich an kleinen humoristischen Seitenhieben, queeren Subtexten, Stimmen, die ihrer Aufgabe gewachsen sind und nicht zuletzt dem Umstand freuen, an mehrere Orte im Haus zu kommen, die nicht auf den gängigen Wegen liegen. Ratten-Ehrenwort drauf!
(Von Martin Fichter-Wöß/APA)
(S E R V I C E – „Das verfluchte Geisterschiff“ von Richard Wagner und Gerald Resch, Text: Margit Mezgolich/Richard Wagner an der Staatsoper, Opernring 2, 1010 Wien. Musikalische Leitung: Markus Henn/Eric Melear, Regie: Nina Blum, Bühne: Marcus Ganser, Kostüme: Agnes Hamvas. Mit Senta – Jenni Hietala, Daland – Simonas Strazdas, Erik – Lukas Schmidt, Der Holländer – Jusung Gabriel Park, Eine Ratte – Christina Kiesler. Weitere Aufführungen am 17., 25., 30. und 31. Dezember, am 6., 16. und 22. Jänner, am 25. und 27. Februar, am 11., 12. und 24. März, am 7., 9., 10. und 25. April, am 5., 20., 22., 27. und 28. Mai sowie am 2., 13., 20. und 24. Juni. www.wiener-staatsoper.at)