Signa-Beben in München: Bau- und Planungsstopp – Porr betroffen

Immo-Konzern unterbrach die Arbeiten an der Alten Akademie – Bürgermeister legte daraufhin sämtliche Projekte des Unternehmens auf Eis- Mehrere "stadtprägende Stellen" betroffen – Zeitungen

Der Immobilien- und Handelskonzern Signa rund um den Investor René Benko ist gehörig ins Straucheln geraten – jetzt steht eine weitere Baustelle still. Wie mehrere deutsche Zeitungen am Donnerstag berichten, ordnete Signa einen Baustopp an der Alten Akademie in München an. Der Stopp gelte „bis auf Weiteres“, so die davon betroffene Baufirma Porr. Der Münchner Bürgermeister hat nun den Medienberichten zufolge sofort „sämtliche Signa-Planungen in der Stadt auf Eis“ gelegt.

Und das sind einige: Das neben der Alten Akademie größte Signa-Projekt in München ist laut „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstag) das ehemalige Hertie-/Karstadt-Kaufhaus am Hauptbahnhof. Es besteht zum einen aus dem denkmalgeschützten Altbau, dessen Zukunft nach der Schließung des Warenhauses, das ebenfalls zum Signa-Konzern gehört, unklar sei.

Anstelle des dahinterliegenden Areals entlang der Schützenstraße mit dem alten Galeria Karstadt Kaufhof, der abgerissen werden soll, habe Signa mit dem Architekturbüro David Chipperfield einen Büro- und Geschäftskomplex mit dem Projektnamen „Corbinian“ geplant. Dafür sei der Genehmigungsprozess mit der Stadt gelaufen – und sei nun vorerst auf Stopp gestellt.

Dasselbe gilt laut den Münchner Zeitungen zufolge auch für den geplanten Neubau anstelle des ehemaligen Kaut-Bullinger-Stammhauses an der Rosenstraße und für das Galeria-Kaufhaus am Rotkreuzplatz, auch die Immobilie gehöre Signa. Diese beiden Projekte seien aber auch schon vor Monaten zum Verkauf ausgeschrieben gewesen. Weiters zum Signa-Bestand in München gehört das Kaufhaus Oberpollinger in der Innenstadt und laut „Abendzeitung“ auch die Alte Börse am Karolinenplatz.

Die wirtschaftlichen Probleme der Signa-Gruppe hätten nun auch direkte Auswirkungen auf die Münchner Innenstadt, hielt die „Süddeutsche Zeitung“ fest. Benko hat in den vergangenen Jahren mehrere Top-Immobilien in der Münchner Innenstadt aufgekauft.

Die Hiobsbotschaft von der Alten Akademie habe die Stadt am Mittwoch via „Immobilien Zeitung“ erreicht. Die Reaktion des Münchner Oberbürgermeisters Dieter Reiter (SPD) auf den Baustopp ist scharf: „Ich habe das Planungsreferat gebeten, sofort alle Anträge der Signa-Gruppe auf Eis zu legen, beziehungsweise keine Fakten zu schaffen, indem zum Beispiel Abbruchgenehmigungen (…) erteilt werden“, erklärte Reiter laut „Süddeutsche Zeitung“, „Münchner Merkur“ und „Abendzeitung“ vom Donnerstag. Zudem werde sich das Planungsreferat „schnellstmöglich“ mit Signa zusammensetzen und „die Planungen der Münchner Projekte besprechen“.

Der Alte-Akademie-Komplex an der Neuhauser Straße, ein einst öffentlich genutztes Areal in Bestlage, war den Medienberichten zufolge das Vorzeige-Projekt Benkos in München. Signa wollte aus der Alten Akademie eine gemischt genutzte Immobilie für Einzelhandel, Büros, Wohnen und Gastronomie machen. Die Vision vom geöffneten Innenhof, dem neuen Kern des Gebäudes und dem Erhalt der historischen Fassade sei mit viel Tamtam präsentiert worden. Rund drei Jahre sei das her. Jetzt sei das Gebäude ausgehöhlt – und es tue sich erst einmal nichts. Der Stopp gelte „bis auf Weiteres“, so die Baufirma Porr Deutschland laut „Münchner Merkur“.

„Der Auftraggeber Signa hat Porr Deutschland Ende der vergangenen Woche angewiesen, die Arbeiten an dem Projekt Alte Akademie vorläufig einzustellen“, habe ein Sprecher der Baufirma am Mittwochnachmittag auf Anfrage der „Süddeutschen Zeitung“ mitgeteilt. Auf Bitten von Signa führe man lediglich noch „einzelne Sicherungsmaßnahmen“ durch, erklärt der deutsche Porr-Sprecher. Informationen darüber, wie lang der Baustopp anhalten solle, habe man nicht.

„In Deutschland hat die Signa selbst einen vorläufigen Baustopp des Projekts Alte Akademie angeordnet“, bestätigte die Porr-Konzernsprecherin in Wien am Donnerstag auf APA-Anfrage. Bei Projekten der Signa in Österreich sei der Baukonzern „nicht beziehungsweise nicht mehr aktiv, da die Arbeiten seit längerem abgeschlossen sind“. In Deutschland sei es nur die Alte Akademie gewesen. Für weitere Informationen mögen man sich „an die Bauherrn wenden“.

Bezüglich der Alten Akademie sieht Münchens Oberbürgermeister jetzt den Freistaat Bayern in der Pflicht, dem auch das Gebäude und das Grundstück gehörten. Die Signa-Gruppe habe es 2013 in Erbpacht gekauft. Reiter fordert den Freistaat nun auf, „alles zu tun, damit hier im Herzen der Stadt eine schnelle Lösung erreicht werden kann“. Der Freistaat müsse dafür sorgen, „dass schnellstmöglich geklärt wird, wie es mit dem Erbbaurecht weitergehen soll“, teilte er den deutschen Zeitungen zufolge mit.

Der Bürgermeister äußerte sich sehr kritisch zum Geschäftsgebaren des Tirolers Benko, der außer Filetgrundstücken in vielen deutschen Städten auch die Galeria-Karstadt-Kaufhof-Warenhäuser übernommen hatte. Inzwischen legte der Galeria-Konzern zwei Insolvenzen hin.

„Ganz grundsätzlich ist es natürlich äußerst bitter, wenn ein Investor gleich mehrere Immobilien an stadtbildprägenden Stellen in München besitzt und diese Firma dann erheblich unter Druck gerät“, so Reiter. „Ich denke an die vielen Mitarbeitenden in München und deutschlandweit, die in den Warenhäusern jetzt erneut um ihren Arbeitsplatz bangen.“

„Wir haben es leider in München erleben müssen, dass der Profit für Herrn Benko ganz klar vor der Verantwortung für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht“, setzte Reiter nach. Leider füge dieses Verhalten der ganzen Branche großen Schaden zu, denn es gebe sie auch, die verantwortungsvollen Vermieter und Investoren. „Was ich auf keinen Fall sehen möchte, ist, dass die Immobilien der Signa, die in exponierten Lagen in unserer Stadt situiert sind, womöglich auf unbestimmte Zeit leer stehen und verwahrlosen. Das wäre sozusagen das Worstcase-Szenario.“

Für die Mitarbeiter und die Immobilien der Signa-Gruppe in München hofft Reiter, dass schnell Klarheit herrscht, wie es nun weitergeht. Und dass, falls die Immobilien verkauft werden, sich „vernünftige Investoren finden, die das Thema nachhaltige und verantwortungsvolle Stadtentwicklung als ihre Hauptaufgabe sehen und mindestens so wichtig erachten, wie den schnellen Gewinn“.

Es sei rechtlich möglich, dass Signa das Erbbaurecht und damit das Bauprojekt an der Alten Akademie in München an einen anderen Investor abgebe, so die „Süddeutsche Zeitung“. Weil das Vorhaben weiterhin attraktiv und bereits weit geplant sei, gelte „es in der Immobilienbranche als unwahrscheinlich, dass aus der Alten Akademie eine Bauruine werden könnte“, hieß es in der Zeitung weiters.

Bei anderen großen Bauprojekten in Deutschland, etwa dem „Elbtower“ in Hamburg oder dem Kaufhaus am Hermannplatz in Berlin, war es schon in den vergangenen Wochen zu Bau- und Planungsstopps gekommen.

Die Signa-Holding geriet in den vergangenen Monaten extrem unter Druck von Geldgebern – auch weil sie ihren Immobilienbestand wegen der generellen Krise auf dem Markt deutlich abwerten musste. Anfang November zog Benko aus der Führung der Holding zurück und übergab den Vorsitz des Beirats an den deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz. Benkos Familienstiftung bleibt aber größter Anteilseigner bei Signa.

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.