Bregenzer Festspiele gehen 2024 mit "Rückenwind" in ihre 78. Saison

Mutige Programmierung mit "Der Freischütz" und "Tancredi" – Ein Viertel der Tickets für das Spiel auf dem See wurden schon abgesetzt

Die Bregenzer Festspiele gehen 2024 mit „Rückenwind“ in ihre 78. Saison. Mit „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber – das Stück wird erstmals als Spiel auf dem See gezeigt – sowie Gioachino Rossinis „Tancredi“ als Oper im Festspielhaus als den zwei wichtigsten Produktionen wurde mutig programmiert. Zu sehen und hören wird es überdies zwei Uraufführungen auf der Werkstattbühne geben, und auch das Schauspiel kommt nicht zu kurz. Das Programm umfasst über 80 Veranstaltungen.

Abschiedsstimmung war bei der Programmpressekonferenz des Festivals am Mittwoch keine auszumachen, auch wenn Intendantin Elisabeth Sobotka nach Abschluss der Spielzeit (17. Juli bis 18. August) an die Staatsoper nach Berlin wechseln wird. Wie ihre Mitstreiter auf dem Podium – Festspielpräsident Hans-Peter Metzler, Regisseur Philipp Stölzl und Michael Diem als Kaufmännischer Direktor – sprühte Sobotka vor Tatendrang und Vorfreude. Dabei gab sie ohne Umschweife zu, im Hinblick auf die Auswahl von „Der Freischütz“ (Premiere: 17. Juli) zunächst „ein bisschen skeptisch“ gewesen zu sein – trotz „toller Musik und hinreißender Szenen“. Die zugrunde liegenden Themen aber wie etwa die Angst vor dunklen Mächten oder Versagensangst machten das Stück trotz seiner langen Dialoge und seiner „Biedermeier-Haltung“ aktuell.

Auch Regisseur Philipp Stölzl, der den „Freischütz“ inszeniert und für Bühnenbild und Lichtdesign verantwortlich zeichnet, sprach von einem „schweren Stück“. Die „Mischung aus Dialog und Musiknummern ist das Allerschwierigste“, sagte Stölzl, der in Bregenz schon „Rigoletto“ (2019/21) als Regisseur auf die Seebühne gebracht hatte. Man wolle den „Freischütz“ in Bregenz aber als „Theatermusik-Mischung umarmen“. So sei nicht nur der Text komplett überarbeitet worden, auch habe man ausschließlich Deutsch sprechende Sänger engagiert. Er glaube bei der Seebühnenaufführung an einen „tollen, mitreißenden, fast cineastischen Abend“, sprach Stölzl von magischem Realismus auf der Seebühne. Auch werde es erstmals keinen Wassergraben zwischen Seebühne und Zuschauertribüne geben, man werde „bis in die erste Reihe spielen“. Es werde eine ganz neue Art sein, den See zu erleben, versprach Stölzl.

Metzler und Diem betonten, dass es den Bregenzer Festspielen sehr gut gehe. „Das Programm kommt seit Jahren hervorragend an“, unterstrich der Festspielpräsident. Mit der Sanierung und dem Aufbau der neuen Bregenzer Festspielbühne liege man im Plan, man hoffe auf einen nicht zu harten Winter, so Metzler. Diem sagte, die Festspiele seien „so gut unterwegs wie noch nie“. Für den „Freischütz“ habe man bereits ein Viertel der insgesamt 175.000 aufgelegten Karten verkauft. „Wenn das Spiel auf dem See gut läuft, zieht das alle anderen Produktionen mit“, so Diem.

Sobotka sprach von einem insgesamt „üppigen Programm“, das von der Überzeugung getragen sei, dass die Aufführung auf der Seebühne allein nicht reiche. Mit „Tancredi“ (Premiere: 18. Juli) als Oper im Festspielhaus zeige man einen „ernsten Rossini“, dessen Libretto so grauenhaft sei, „dass man das nicht unverändert auf die Bühne bringen kann“. Obwohl ein Frühwerk, zeuge das Stück mit seinen schwungvollen Melodien und den rauschenden Finali aber vom musikalischen Einfallsreichtum Rossinis, der „Tancredi“ im Alter von nur 20 Jahren zu Papier brachte. Inszeniert wird die Oper in Bregenz von Jan Philipp Gloger, die musikalische Leitung hat Yi-Chen Lin inne.

Auf der Werkstattbühne bieten die Festspiele die beiden Uraufführungen „Unmögliche Verbindung“ (Premiere: 27. Juli) des tschechischen Komponisten Ondrej Adamek und „Hold Your Breath“ der Irin Ena Brennan an. „Unmögliche Verbindung“ (Regie: Thomas Fiedler) setzt sich mit dem Scheitern zwischenmenschlicher Kommunikation auseinander. Als Inszenierung im Rahmen des Bregenzer Opernateliers sind die Menschen in „Hold Your Breath“ (Premiere: 15. August) mit einer geheimnisvollen Kreatur konfrontiert, deren Bewegungen alle ergreift und verändert. Entstanden ist das Stück aus der Zusammenarbeit von Brennan mit Regisseur David Pountney – dem ehemaligen Intendanten der Bregenzer Festspiele – sowie dem bildenden Künstler Hugo Canoilas.

Im Opernstudio im Theater am Kornmarkt kommen Rossinis „Der Ehevertrag“, seine erste öffentlich aufgeführte Oper, und der Einakter „Gianni Schicchi“ aus Giacomo Puccinis „Il trittico“ zur Aufführung (Premiere: 12. August). Beiden Werken sei ein „Gespür für ironische Situationskomik gemein“, hieß es. „Es bekommen ganz viele junge Sänger die Möglichkeit, sich auszuprobieren“, verbarg Sobotka den Stolz auf das von ihr geschaffene Opernstudio nicht. Ebenfalls im Theater am Kornmarkt tritt die Musicbanda Franui auf. Sie hat Joseph Roths Roman „Hotel Savoy“ mit dem Schauspiel Stuttgart und der Staatsoper Stuttgart in eine Hybridoperette umgesetzt (Premiere: 21. Juli).

Schauspielinszenierungen gibt es heuer drei, zwei davon bereits vor dem eigentlichen Beginn des Festivals. Gezeigt werden „Der Menschenfeind“ von Molière als Gastspiel des Burgtheaters am 30. und 31. März sowie Heinrich von Kleists „Der zerbrochne Krug“ am 18. und 19. Juni – das Stück war 2022 bei den Festspielen angesetzt gewesen, hatte aber kurzfristig abgesagt werden müssen. Ab 1. August gibt es im Theater Kosmos „Mondmilch trinken“ von Josef Maria Krasanovsky als Uraufführung zu sehen. Dabei handelt es sich um das Siegerstück des Wettbewerbs der Österreichischen Theaterallianz zum Thema „Deal or no deal“.

Und wie war das mit Sobotkas Abschied? Auch dieser wird musikalisch gewürdigt: Im Rahmen der Reihe „Musik & Poesie“ wird Kunstpfeifer Nikolaus Habjan das Schaffen der Intendantin würdigen. Mit „Ich pfeif‘ auf die Sobotka“ wird er humorvoll die Intendanzjahre Sobotkas Revue passieren lassen.

(S E R V I C E – Bregenzer Festspiele 2024, 17. Juli bis 18. August. www.bregenzerfestspiele.com)

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