Nahost – Israelische Bodentruppen weiter im Gazastreifen
Militär: Hamas-Verantwortlicher für Drohnen "ausgeschaltet" – Israel will weitere Gaza-Hilfslieferungen ermöglichen – Sorge um Hamas-Geiseln
Nach Ausweitung der israelischen Bodeneinsätze im Gazastreifen befinden sich die Truppen nach Militärangaben weiter vor Ort. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte am Samstag, in der Nacht seien israelische Truppen in den Norden des Gazastreifens vorgedrungen und hätten den Bodeneinsatz ausgeweitet. Beteiligt seien Infanterie, Panzertruppen, Ingenieurkorps und Artillerie. Unter den israelischen Soldaten gebe es keine Opfer.
Hagari sagte, es seien mehrere ranghohe Kommandanten der islamistischen Hamas getötet worden, die auch von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird. Darunter sind nach Militärangaben auch ein Hamas-Marinekommandant sowie der für Luftangriffe zuständige Hamas-Anführer Asem Abu Rakaba. Dieser habe unter anderem den Einsatz von Drohnen und Drachenfliegern koordiniert und sei an der Planung des Massakers an israelischen Zivilisten am 7. Oktober beteiligt gewesen. „Er hat die Terroristen angeleitet, die mit Drachenfliegern nach Israel eingedrungen sind und war für die Drohnenattacken auf israelische Militärposten verantwortlich“, hieß es in einer Mitteilung der Armee. Bei den Massakern und in den Tagen danach wurden mehr als 1.400 Menschen in Israel getötet.
Israelische Kampfflugzeuge haben bei nächtlichen Angriffen im nördlichen Gazastreifen nach Angaben von Israels Armee 150 unterirdische Ziele getroffen. Dazu gehörten „von Terroristen genutzte Tunnel, unterirdische Kampfräume und weitere unterirdische Infrastruktur“, erklärte die israelische Armee am Samstag. Zudem seien mehrere „Terroristen“ der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas getötet worden.
Die israelische Armee hat auch eine Verstärkung der humanitären Hilfslieferungen für die palästinensische Bevölkerung angekündigt. „Für die Einwohner des Gazastreifens, die in das Gebiet südlich von Wadi Gaza gegangen sind, weiten wir die humanitäre Hilfe aus“, sagte der Armeesprecher. Man werde im Verlauf des Tages die Einfuhr von Lastwagen mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten in den Süden des Küstenstreifens ermöglichen.
Die israelische Armee hatte die Menschen im Norden des Gazastreifens immer wieder aufgefordert, zu ihrer eigenen Sicherheit in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zu fliehen. Das haben nach Militärangaben bereits mindestens rund 700.000 Menschen getan. Die Vereinten Nationen sprechen sogar von 1,4 Millionen Binnenflüchtlingen. Insgesamt leben in dem dicht besiedelten Gebiet mehr als 2,2 Millionen Menschen.
Nach Ausweitung der israelischen Bodeneinsätze im Gazastreifen haben am Samstag rund 600 Menschen in Tel Aviv an einem Solidaritätslauf für die dort festgehaltenen Geiseln teilgenommen. Sie trugen Startnummern mit Namen und Bildern der Geiseln, wie der israelische Sender Kan berichtete. Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete, Angehörige der Geiseln hätten nach Ausweitung der Bodeneinsätze ein dringendes Treffen mit dem sogenannten Kriegskabinett gefordert. „Diese Nacht war die bisher schlimmste von allen, und wir haben sie in großer Angst verbracht“, zitierte ynet aus einer Stellungnahme der Angehörigen. Es herrsche große Ungewissheit hinsichtlich des Schicksals der Geiseln in Gaza, „die dort festgehalten werden und auch den schweren Bombardements ausgesetzt sind“.
Meirav Leshem Gonen, Mutter einer weiblichen Geisel, sagte dem israelischen Armeesender am Samstag: „Ich verstehe nichts von Strategie, ich verstehe etwas von Mutterschaft – und ich habe das Gefühl, dass dies ein Krieg ist, den wir schon verloren haben. Wie kann man sicherstellen, dass meine Tochter und die anderen Geiseln wirklich lebend nach Hause kommen?“
Israel geht nach Medienberichten davon aus, dass die Hamas Verhandlungen über eine Freilassung der Geiseln absichtlich in die Länge gezogen hat, um den Beginn einer israelischen Bodenoffensive zu verzögern. Ungeachtet von Berichten über angebliche Fortschritte bei Vermittlungsbemühungen von Ägypten und Katar sei kein Durchbruch abzusehen, berichtete die „Times of Israel“. Militärsprecher Daniel Hagari sprach von „psychologischem Terror“ der Hamas.