Wifo-Chef: "Konjunkturell ist das Jahr 2023 zum Vergessen" – Inflation weiterhin hoch, deutlicher Rückgang im kommenden Jahr – Arbeitsmarkt robust – Budgetdefizit sinkt
Wifo und IHS haben ihre Konjunkturprognose für Österreich gegenüber der Juni-Schätzung deutlich nach unten korrigiert und rechnen nun für heuer mit einer „milden Rezession“. Für 2023 wird ein Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,8 bzw. 0,4 Prozent erwartet, bei der Sommerprognose war noch ein Wirtschaftswachstum von 0,3 bzw. 0,5 Prozent prognostiziert worden. Außerdem hoben Wifo und IHS die Inflationsprognose für 2023 leicht auf 7,7 bzw. 7,8 Prozent an.
„Konjunkturell ist das Jahr 2023 zum Vergessen“, sagte Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr bei der Präsentation der Konjunkturprognose am Freitag in Wien. „Die gute Nachricht ist, dass die Rezession in ihren letzten Zügen liegt.“ Die Frühindikatoren würden „zaghaft auf eine Trendumkehr“ hinweisen, so Felbermayr. Deutlichen Handlungsbedarf sieht der Wifo-Chef bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen.
Für den seit Juli amtierenden IHS-Chef Holger Bonin hat Österreichs Wirtschaft, „das Schlimmste schon hinter sich“. Im nächsten Jahr gehe „es schon wieder konjunkturell aufwärts“. „Die Wirtschaftslage gibt der Politik definitiv keinen Anlass für ein allgemeines Konjunkturprogramm“, betonte Bonin. Es sei aber sinnvoll, Kapazitäten im durch die gestiegenen Zinsen angeschlagenen Bausektor mit Anreizen und Rechtssicherheit für die energetische Gebäudesanierung sowie mehr sozialen Wohnbau zu erhalten. Die Regierung solle sich auf „strukturelle Reformen konzentrieren“, so der IHS-Chef.
Starke Zinssteigerungen, gedämpfte Kaufkraft, hohe Energiepreise und eine schwache internationale Konjunktur belasten die heimische Wirtschaftsentwicklung im laufenden Jahr. Für 2024 erwarten das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) und das Institut für Höhere Studien (IHS) aufgrund kräftiger Reallohnzuwächse und einer Belebung der Weltwirtschaft hierzulande ein reales Wirtschaftswachstum von 1,2 bzw. 0,9 Prozent. Im kommenden Jahr sollte die Inflationsrate laut aktueller Herbst-Prognose auf 4,0 bzw. 4,2 Prozent sinken.
Österreichs Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren eine Achterbahnfahrt erlebt: Nach dem coronabedingten Einbruch des realen Wirtschaftswachstums im Jahr 2020 von minus 6,6 Prozent ging es 2021 mit plus 4,2 Prozent und 2022 mit plus 4,8 Prozent wieder steil nach oben. Im zweiten Halbjahr 2022 setzte dann ein internationaler Konjunktureinbruch ein, der auch Österreichs Volkswirtschaft erfasste.
Trotz der konjunkturellen Schwächephase erweist sich der österreichische Arbeitsmarkt als robust. Die Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten soll sich laut Wifo/IHS-Prognose heuer um 1,0 (Wifo) bzw. 1,1 (IHS) Prozent und im kommenden Jahr um 0,5 Prozent erhöhen. Die Arbeitslosenrate soll von 6,3 Prozent (2022) auf 6,5 Prozent (2023) und dann auf 6,6 bzw. 6,8 Prozent steigen.
Die hohe Inflation lässt auch die Steuereinnahmen sprudeln. Gleichzeitig belasten inflationsbedingt steigende Ausgaben der öffentlichen Hand für Vorleistungen, Löhne und Gehälter, Pensionen, indexierte Sozialleistungen und Zinsen den Staatshaushalt. Auch die Abgeltung der kalten Progression bei der Lohn- und Einkommensteuer sowie die Tarifsenkung bei der Körperschaftsteuer führen zu weniger Einnahmen. Das Wifo rechnet für heuer mit einem staatlichen Finanzierungssaldo in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von minus 2,4 Prozent, das IHS mit einem Budgetsaldo von minus 3,0 Prozent. Für 2024 prognostizieren die Institute ein niedrigeres Finanzierungssaldo des Staates laut Maastricht-Definition von minus 1,6 bzw. minus 1,9 Prozent.