Wiener Ärztekammer: Präsidium fordert geschlossen Steinhart-Rücktritt

Alle Präsidiums-Mitglieder außer Steinhart für Rücktritt des Präsidenten

Der Wiener Ärztekammerpräsident Johannes Steinhart sieht sich mit einer Rücktrittsaufforderung des Präsidiums der Wiener Kammer konfrontiert. In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Dienstag forderten alle anderen vier Präsidiumsmitglieder den sofortigen Rückzugs Steinharts aus dem Präsidentenamt, „um weiteren Schaden von der Ärztekammer für Wien abzuwenden und zur Arbeit zurückkehren zu können“, wie es bereits in der Einladung zur Pressekonferenz hieß.

Alle drei Vizepräsidenten – Stefan Ferenci, Erik Randall Huber und Stefan Konrad sowie Finanzreferent Frederic Tömböl sprachen sich für den Abzug Steinharts aus dem fünfköpfigen Gremium aus. Anlass für die Rücktrittsaufforderung sind die Vorgänge rund um eine außerordentliche Sitzung der Kurie der niedergelassenen Ärzte vom vergangenen Freitag, über die es seitens der der Konfliktparteien unterschiedliche Auffassungen gibt.

Kammerpräsident Steinhart hatte bereits zuvor am Dienstagvormittag neuerlich erklärt, in besagter Sitzung sei Kurien-Obmann Huber Befangenheit zu bestimmten Themen und Anträgen ausgesprochen worden. Sechs Fraktionen hätten befürwortet, dies zu tun. Nachdem Huber sich geweigert habe, dieses Abstimmungsergebnis zur Kenntnis zu nehmen und den Raum zu verlassen, seien die Mandatare dieser sechs Fraktionen gezwungen gewesen, den Sitzungssaal zu wechseln. „Die Sitzung konnte dort konstruktiv und lösungsorientiert fortgesetzt werden“, hielt Steinhart am Dienstagvormittag fest.

Die Gegenseite sieht das grundlegend anders. Huber hatte die Vorgänge bereits am Wochenende kritisiert: Man habe versucht, ihm mit „roher Gewalt“ die Sitzungsführung zu entreißen, ein Mandatar habe einen anderen tätlich angegriffen, berichtete er schon am Samstag. 16 Mandatare hätten dann die Sitzung verlassen, der Vorsitzende habe sie dann wegen mangelnder Beschlussfähigkeit geschlossen. Die von der Vereinigung durchgeführte weitere Zusammenkunft von Mandataren sei daher als nichtige „Gegensitzung“ zu qualifizieren. Sowohl Huber als auch Ferenci warfen Steinhart mehrmals vor, die Geschäftsordnung zu missachten.

Ferenci forderte deshalb Steinhart schon am Montag in einem persönlichen Gespräch zum Rücktritt auf: Steinhart habe die Vorgänge zugelassen und damit „den Pfad des demokratischen Wegs verlassen und Methoden, die mehr an einen Putsch erinnern, angewandt“. Am Dienstagnachmittag schloss sich nun das gesamte Präsidium diesen Rücktrittsaufforderungen an.

Steinhart selbst hatte sämtliche Rücktrittsaufforderungen bereits am Dienstagvormittag zurückgewiesen. Er sei demokratisch zum Präsidenten der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer gewählt worden, betonte er. „Und wer mich kennt, der weiß, dass ich mich als Demokrat natürlich auch in Zukunft demokratischen Abstimmungen stelle“, versicherte Steinhart: „Eine demokratische Abwahl wäre aber etwas völlig anderes als die Rücktrittsaufforderung eines politischen Mitbewerbers, der glaubt, eine bestimmte – und im Übrigen dafür völlig ungeeignete – Situation für seine Zwecke ausnützen zu können.“

Formal kann der Präsident der Wiener Ärztekammer mittels Misstrauensantrag der Vollversammlung aus seinem Amt entfernt werden. Die nächste reguläre Vollversammlung wäre erst im Dezember angesetzt. Eine außerordentliche Sitzung kann ein Drittel der 90 Sitze zählenden Mitglieder der Vollversammlung einberufen. Um einen Misstrauensantrag in der Vollversammlung durchzubringen ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig.

Hintergrund der Turbulenzen dürften unter anderem die von Huber ans Licht gebrachten Vorwürfe gegen die Beschaffungsplattform Equip4Ordi (E4O) sein. Bei dieser handelt es sich um eine ausgelagerte Tochtergesellschaft der Kurie niedergelassene Ärzte. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue, Begünstigung und des schweren Betrugs – unter anderem wird auch Steinhart, der damals Obmann der Niedergelassenen-Kurie war, als Beschuldigter geführt. Dieser hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

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