Kalte Progression – Niedere und mittlere Einkommen werden entlastet

Variables Drittel soll Erwerbstätige und Familien entlasten – Steuerliche Begünstigung für Überstunden ausgeweitet

Das variable Drittel der sogenannten kalten Progression wird zu Entlastung der niedrigen und mittleren Einkommen verwendet. Zusätzlich sollen Familien steuerlich entlastet werden, wie die Regierung am Freitag angekündigte. Mit der Ausweitung der steuerlichen Begünstigung von Überstunden sollen außerdem steuerliche Anreize für Mehrarbeit gesetzt werden.

Beide Koalitionspartner lobten die angekündigte Entlastung bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt am Freitag als „ausgewogenes Paket“, mit dem Erwerbstätige und Familien steuerlich entlastet würden. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) betonte besonders den Leistungsaspekt durch die Entlastung der Erwerbstätigen: „Leistung muss sich lohnen“. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sprach dagegen von einem „sozialen Drittel“ der abgeschafften Kalten Progression, weil durch die Entlastung von Familien und Personen mit niedrigen Einkommen der soziale Zusammenhalt gestärkt werde.

Die Kalte Progression als schleichende Steuererhöhung im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer wurde mit Jahresbeginn abgeschafft. Seitdem werden die Steuerstufen jedes Jahr an die jeweilige Teuerung angepasst, damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Zuge der jährlichen Lohnerhöhungen nicht mehr in höhere Steuerstufen rutschen. Die Anpassung der Tarifstufen erfolgt allerdings nicht zur Gänze, sondern nur zu zwei Dritteln automatisch. Was die Regierung mit den übrig gebliebenen Mehreinnahmen macht, bleibt ihr überlassen.

Das variable Drittel macht im kommenden Jahr knapp 1,2 Mrd. Euro aus. Mit rund 800 Millionen Euro davon werden nun die ersten vier Steuerstufen entlastet sowie die Absetzbeträge erhöht. Die Anpassung der Tarifstufen passiert gestaffelt, die erste Tarifstufe wird um 9,6 Prozent erhöht, die folgenden um 8,8, 7,6 bzw. 7,3 Prozent. Die Grenze für steuerpflichtige Einkommen erhöht sich damit von derzeit 11.693 Euro im kommenden Jahr auf 12.816 Euro, wie Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) erklärte. Die Absetzbeträgen werden zur Gänze an die Inflationsrate angepasst.

Um die Leistung von Überstunden zu belohnen, soll der monatliche Freibetrag dauerhaft von 86 Euro auf 120 Euro angehoben werden. Zeitlich befristet wird in den kommenden zwei Jahren außerdem der monatliche Freibetrag für 18 Überstunden auf 200 Euro im Monat erhöht. Der Grundfreibetrag des Gewinnfreibetrags für Selbstständige wird angehoben. Auch die Freibeträge für Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit steigen. Zudem wird 2021 befristet eingeführte Homeoffice-Regelung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dauerhaft verlängert.

Mit den Maßnahmen will die Regierung nach eigenen Angaben den Arbeitskräftemangel bekämpfen und positive Leistungsanreize schaffen. Die Entlastung der Familien soll der Kinderarmut entgegenwirken. Dazu wird der Kindermehrbetrag von 550 Euro auf 700 Euro angehoben. Verdoppelt werden soll zudem der steuerfreie Arbeitgeberzuschusses zur Kinderbetreuung und die Inanspruchnahme von Betriebskindergärten ausgeweitet werden.

Finanzminister Brunner lobte die Abschaffung der Kalten Progression einmal mehr als „wirklich historisch“, die für ihn als Finanzminister zwar nicht sehr bequem sei, aber ein „Akt der Fairness“. Bundeskanzler Nehammer sprach von „einem guten Tag für Österreichs Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“.

Kritik kam dagegen von der Opposition: SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer kritisierte das „ausufernde Selbstlob der Regierung“, obwohl das „Trostpflaster“ der Abschaffung der Kalten Progression „das Regierungsversagen bei der Inflation nicht kompensieren“ könne.

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