Zahlreiche Brände wüten weiter auf Urlaubsinsel Rhodos

Mitsotakis: "Wir befinden uns im Krieg" – Bisher mehr als 100 Österreicherinnen und Österreicher aus Brandgebieten evakuiert

Einsatzkräfte im Dauereinsatz, evakuierte Touristen und abgesagte Flüge auf die Urlaubsinsel Rhodos: Griechenland hat am Montag weiter gegen die Folgen schwerer Waldbrände gekämpft. Im Südosten von Rhodos war trotz massiven Einsatzes von Löschflugzeugen und Helikoptern ein Großbrand weiterhin außer Kontrolle. Auch andere Länder im Mittelmeerraum kämpften weiter gegen Hitze und Trockenheit.

Etwa die Hälfte der 19.000 Menschen, die am Samstag auf Rhodos ihre Hotels verlassen mussten, waren Schätzungen zufolge am Montag entweder abgereist oder wieder in Hotels, Hallen, Schulen oder bei Privatpersonen untergebracht.

Auf Rhodos versuchten Löschflugzeuge und Hubschrauber die Brände im Südosten der Insel einzudämmen. Löschflugzeuge aus der Türkei und Hubschrauber aus Ägypten waren dort zur Verstärkung der Griechen im Einsatz. Immer wieder fachten starke Winde die Flammen an, wie ein Sprecher der Feuerwehr mitteilte. Touristen seien jedoch nicht in Gefahr, weil sie bereits am Samstag im Norden der Insel in Sicherheit gebracht worden waren.

Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hat sich am Montag bei allen Menschen bedankt, die bei den Löscharbeiten in den vergangenen Tagen in Griechenland mitgeholfen haben. Es habe keine Opfer gegeben und dies sei auf die Leistung der Feuerwehr, des Zivildienstes, der Küstenwache und der freiwilligen Helfer zurückzuführen. Die nächsten Tage würden weiterhin gefährlich sein. „Wir befinden uns (in Sachen Brände) im Krieg“, sagte Mitsotakis bei einer Parlamentsdebatte, die vom Staatsrundfunk übertragen wurde. Dieser Zustand sei auf den Klimawandel zurückzuführen, fügte er hinzu.

Die Feuerwehren in Griechenland kämpfen am Montag in insgesamt 64 Regionen des Landes gegen die Flammen. Die Brandgefahr bleibt extrem hoch. Dies gilt für die Region des Großraums Athen, der Halbinsel Peloponnes und vielen Inseln der Ägäis. So werde es auch in den kommenden Tagen bleiben, warnte am Montag der griechische Zivilschutz und veröffentlichte eine Karte mit der Waldbrandgefahr. Die schlimmsten Brände tobten am Montag auf der Insel Rhodos und auf der Insel Euböa.

Laut Außenministerium wurden bisher mehr als 100 Österreicherinnen und Österreicher aus den akuten Brandgebieten in Rhodos evakuiert. Montagmittag wusste die Behörden von keinen Landsleuten, die sich direkt im Brandgebiet befinden. Anrufe von Betroffenen auf anderen griechischen Inseln verzeichnete das Außenministerium bisher nicht. Das Team in Rhodos wurde personell bereits verstärkt – die Kolleginnen und Kollegen sind am dortigen Flughafen, um betroffene Österreicherinnen und Österreicher bestmöglich zu unterstützen. Ein weiterer Kollege aus Wien wird das Krisenteam in Rhodos, eine weitere Kollegin das Botschaftsteam in Athen ehestmöglich zusätzlich verstärken, kündigte das Außenministerium an.

Betroffene können sich jederzeit an das österreichische Außenministerium (+43 501150-4411) oder die Botschaft in Athen (+30 6944278148) wenden. Die griechischen Behörden haben am Flughafen einen Helpdesk eingerichtet. Urlauber, deren Pässe bei der Evakuierung abhanden gekommen sind, bekommen dort eine Bestätigung. Reisende können damit auch ohne Reisedokument den Flug boarden, sagte eine Sprecherin. Das sei bisher auch problemlos möglich gewesen.

Erstmals seit fast zwei Wochen kündigten die Meteorologen eine Abkühlung ab Donnerstag an. Die Temperaturen sollen dann erstmals seit fast zwei Wochen von 40 bis 45 Grad auf für die Jahreszeit normale Werte von etwa 35 fallen. Am Sonntag war im Süden der Halbinsel Peloponnes 46,4 Grad gemessen worden. Das sei die vierthöchste Temperatur, die je in Griechenland gemessen wurde, teilte das Meteorologische Amt mit. Demnach erlebt das Land „wahrscheinlich“ derzeit die längste Hitzewelle seiner Geschichte. Vor der Abkühlung werde es am Mittwoch noch einen letzten heißen Tag mit bis zu 46 Grad geben, sagen Wetterexperten. Die Abkühlung wird die Folge von starken Nordwinden sein. Der Zivilschutz warnte abermals: Wegen dieser starken Winde könnten erneut Waldbrände außer Kontrolle geraten.

Unterdessen haben Reiseveranstalter damit begonnen, vor den Waldbränden auf der griechischen Urlaubsinsel geflohene Touristen nach Hause zu fliegen. Der britische und irische Ableger des Reisekonzerns TUI brachte drei Flugzeuge mit Passagieren nach Großbritannien zurück. Drei Schweizer Reiseveranstalter bieten in der Nacht auf Dienstag einen Extraflug Rhodos-Schweiz für auf der griechischen Insel evakuierte Personen an.

Einige Touristen klagten über mangelnde Unterstützung. Der Österreicher Mario Wiese sagte, er habe zwei Tage auf dem Flughafen von Rhodos verbracht und sich selbst um seinen Rückflug nach Deutschland am Montagabend kümmern müssen. „Es gibt keine Decken, nichts. Hier liegen Kinder, die Milch brauchen“, sagte er. „Ich musste alles selbst organisieren, weil sich hier niemand um uns kümmert. Ich verstehe das nicht.“

Hunderte von Urlaubern drängten sich am Wochenende im Flughafengebäude. Einige schliefen auf ihren Strandtüchern, während sie auf ihre Abflüge von der Insel warteten. Sie waren großteils ohne ihr Gepäck vor den Flammen geflüchtet. Der Österreicher Andreas Wöß erzählte im „Ö1“-Morgenjournal am Montag von seiner Flucht vor dem Feuer auf Rhodos. Der Mühlviertler sitzt mit seiner und einer befreundeten Familie mit insgesamt vier Kindern seit Samstag am Flughafen in Rhodos fest. Erst im letzten Augenblick wurden die Urlauber vom Hotel zur Flucht aufgefordert, zuvor war ihnen immer versichert worden, sie seien sicher. „Alle sofort raus, Gepäck dalassen“, es sei höchste Eisenbahn, habe es am Samstag bei der Rezeption geheißen. Zuvor waren ihnen schon Leute aus näher an den Bränden gelegenen Hotels entgegen gekommen und hätten geschrien „rennt“, dann sei „Panik ausgebrochen“. Die Familien flüchteten zwei bis drei Kilometer zu Fuß und wurden dann mit einem Bus zum Flughafen gebracht. Dort sitzen sie seither fest, „es gibt keine Zimmer, die ganze Insel ist ausgebucht, keine Flüge“, berichtete der Mühlviertler im ORF-Radio. Übernachtet wird „am kalten Marmorboden mit den Kindern“. Doch die Familien hatten noch Glück. „Im Nachhinein haben wir erfahren, dass unsere Hotels komplett abgebrannt sind inklusive unseren Gepäcks“, schilderte Wöß.

Auf Rhodos berichteten Urlauber, sie seien bei sengender Hitze kilometerweit gelaufen, um sich in Sicherheit zu bringen. Die Brände hinterließen verkohlte Bäume, und tote Tiere lagen auf den Straßen neben ausgebrannten Autos. Auf Korfu liefen Evakuierungen auf dem Seeweg. Filmaufnahmen von der Insel zeigten, wie die Skyline in einer Bergregion in Flammen stand. Von der Urlaubsinsel waren am Sonntag 59 Menschen von einem Strand vor dem Feuer in Sicherheit gebracht worden.

Nicht nur auf den Inseln Rhodos und Korfu, auch in zahlreichen anderen Regionen sind in Griechenland nach langer Trockenheit Großbrände ausgebrochen. Auch auf der Insel Evia, bei Karystos, und auf der Halbinsel Peloponnes nahe der kleinen Hafenstadt Egion wurden am Montag große Brände gemeldet. Auch dort wurden zahlreiche Dörfer evakuiert.

Die meisten Reiseveranstalter haben bis einschließlich Mittwoch Reisen in den Süden Rhodos ausgesetzt, sagte eine Verkehrsbüro-Sprecherin der APA. „Alle sind in Sicherheit, es wurde niemand verletzt“, betonte sie. Pauschalurlauber werden nun wie ursprünglich geplant zurück nach Österreich gebracht. 322 Österreicherinnen und Österreicher, die über Ruefa bei verschiedenen Veranstaltern gebucht haben, befinden sich derzeit auf Rhodos, viele davon im Norden. „Wir haben die allermeisten schon erreicht, alle sind wohlauf“, sagte die Sprecherin.

Der Reisekonzern TUI will bis Dienstag keine Urlauberinnen und Urlauber mehr auf die Insel bringen. Einige hundert TUI Gäste aus Österreich wurden am Wochenende auf Rhodos evakuiert. „Wir haben gestern alle telefonisch kontaktiert und erreicht und waren teilweise mehrfach mit ihnen in Kontakt. Die Gäste sind wohlauf und in Sicherheit. Viele wollen auf der Insel bleiben“, teilte eine Sprecherin auf APA-Anfrage mit. „Denen, die frühzeitig abreisen wollen, ermöglichen wir dies mit den bestehenden Flugverbindungen. Aktuell sind keine Rückholflüge geplant“, so die Pressesprecherin. Gästen, die in den nächsten Tagen nach Rhodos fliegen, wird geraten, kostenlos umzubuchen. Die AUA wies darauf hin, dass es aktuell keine offizielle Reisewarnung gibt. „Derzeit kann der reguläre Flugbetrieb von und nach Rhodos aufrechterhalten werden. Der nächste Austrian Airlines Flug nach bzw. von Rhodos ist für Dienstag, den 25. Juli, geplant“, hieß es auf Anfrage der APA. Die Lage werde fortlaufend geprüft und man sei im stetigen Austausch mit den Behörden.

Der Brand auf Rhodos war am Dienstag ausgebrochen. Am Samstag trieben die Flammen dann plötzlich auf mehrere Dörfer zu, die Behörden gaben Evakuierungsalarm. Der Brand habe „das Herz von Rhodos und seine Umwelt getroffen“, sagte der Naturkatastrophen-Experte Efthymios Lekkas dem Fernsehsender ERT. Er warnte vor schwerwiegenden Auswirkungen auf die Tourismusbranche der Insel. „Ich bin gerade von Lindos nach Gennadi gefahren“, sagte er. „Alle großen Hotels haben geschlossen. Ich glaube nicht, dass sie dieses Jahr nochmal öffnen werden, denn die Umgebung ist zerstört und lädt nicht gerade zum Urlauben ein.“

Auch andere Länder im Mittelmeerraum ächzen weiter unter Hitze und Trockenheit. In der Türkei liegen die Temperaturen etwa an der Ägäis und am Mittelmeer dem Wetterdienst zufolge bis zu acht Grad über dem für diese Jahreszeit üblichen Wert. Am Mittwoch werden dort Temperaturen bis zu 42 Grad erwartet. In der südtürkischen Provinz Mugla brach unterdessen ein neuer Waldbrand aus, nachdem die Einsatzkräfte einen anderen Brand kurz zuvor unter Kontrolle gebracht hatten. Seit Wochen hat es in der Region nicht mehr geregnet, Waldbrände können sich in der trockenen Vegetation so schneller ausbreiten.

In Spanien und Portugal ist die Waldbrandgefahr wegen der langen Dürre in weiten Teilen der beiden Länder ebenfalls extrem hoch. Die große Hitze lässt die Vegetation zudem noch stärker austrocknen, was zu teilweise sich fast explosionsartig ausbreitenden Bränden führt. Derzeit gab es in Spanien jedoch nach Angaben des Umweltministeriums in Madrid nur einen aktiven Waldbrand. Er sei am Sonntagabend in der Gegend von Villanueva de la Vera in der Provinz Cáceres ausgebrochen. Bisher hätten die Flammen nicht unter Kontrolle gebracht werden können und bereits etwa 100 Hektar zerstört. Aus Portugal gab es keine Berichte über größere Brände. Nach einem heißen Wochenende mit Temperaturen bis zu 40 Grad im Süden Spaniens konnten sich die Menschen in den kommenden Tagen auf eine leichte „Abkühlung“ mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 25 und 35 Grad freuen.

Auch in Italien steigt wegen Trockenheit mancherorts die Gefahr von Wald- und Vegetationsbränden. In der Region Kalabrien gab es in den vergangenen Tagen bereits mehrere Brände. In der Provinz Cosenza waren Feuerwehrleute am Montag noch im Einsatz. Auch im Nordwesten Siziliens kämpften Einsatzkräfte gegen einzelne Brände.

Waldbrände drohen auch in Frankreich. Dem Wetterdienst Météo France zufolge ist das Risiko für Waldbrände im südöstlichen Département Bouches-du-Rhône, in dem etwa Marseille und Aix-en-Provence liegen, am Dienstag sehr hoch.

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