EU führt neue Strafzölle auf US-Produkte ein

Die EU wird wegen unerlaubter Subventionen für den Flugzeugbauer Boeing neue Strafzölle auf US-Importe einführen – trotz des bevorstehenden Machtwechsels im Weißen Haus. Man habe eine Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO, die der EU die Strafzölle erlaube, erklärte EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis am Montag am Rande einer Videokonferenz der EU-Handelsminister. Das sei das, was man jetzt mache.

Die EU wird demnach nicht abwarten, ob der künftige US-Präsident Joe Biden einen Kurswechsel in der amerikanischen Handelspolitik einleitet. Als ein Grund gilt, dass auch Biden wirtschaftspolitisch als eher protektionistisch gilt.

Dombrovskis betonte, dass die EU weiter bereit sei für Verhandlungen. Sollten die USA ihre Zölle wegen der Subventionen für den europäischen Flugzeugbauer Airbus zurückziehen oder aussetzen, werde das auch die EU tun.

Nach früheren EU-Angaben könnten die europäischen Sonderabgaben auf Produkte wie Tomatenketchup, Wein, Reisekoffer und Spielekonsolen erhoben werden. Zudem wurden auch amerikanische Traktoren, Hubschrauber, Fahrradrahmen sowie Nüsse, Schokolade und gefrorener Fisch als mögliche Ziele für die Zölle genannt.

Von den 25-prozentigen US-Sonderzöllen wegen unerlaubter Subventionen für Airbus sind zum Beispiel Wein aus Deutschland und Frankreich, Parmesan aus Italien und Olivenöl aus Spanien betroffen. Auf Flugzeugimporte gibt es eine Sonderabgabe in Höhe von 15 Prozent.

Grundlage für das jetzt angekündigte Vorgehen der EU ist eine WTO-Ankündigung aus dem vergangenen Monat. Deren Streitschlichter hatten Mitte Oktober entschieden, dass die EU wegen rechtswidriger Subventionen für den US-Flugzeugbauer Boeing Strafzölle auf US-Importe im Umfang von knapp vier Milliarden Dollar (rund 3,4 Milliarden Euro) im Jahr verhängen darf.

In einem ähnlich gelagerten Fall hatten Schlichter den USA wegen unerlaubter Subventionen für Airbus bereits Strafzölle auf Produkte aus der EU im Umfang von 7,5 Milliarden Dollar genehmigt. Die Sonderabgaben sollen die durch die Subventionen entstehenden Wettbewerbsnachteile ausgleichen.

Direkt nach der WTO-Entscheidung Mitte Oktober hatte die EU angekündigt, zunächst noch einmal mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump die Möglichkeiten für eine Verhandlungslösung ausloten zu wollen. Dies verlief aber offensichtlich erfolglos.

Wirtschaftsminister Margarete Schramböck (ÖVP) sprach sich am Montag am Rande des virtuellen EU-Handelsrates in Hinblick auf die USA einerseits dagegen aus, Strafzölle zu forcieren, andererseits darf ihrer Ansicht nach die EU auch „nicht naiv sein“. Der gewählte US-Präsident Joe Biden habe einen „sicherlich starken Wirtschaftsstandort USA im Auge, da muss Europa weiterhin zusammenstehen und stark sein“, sagte Schramböck gegenüber dem ORF.

Die EU-Minister behandeln am Montag in einer Videokonferenz ihre Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten und den USA. Gespräche zu Strafzöllen laufen gerade, berichtete Schramböck. Es bringe niemandem etwas, wenn dieser Weg „intensiv“ weiterverfolgt werde. „Wir stehen dazu, dass wir aus Europa auch klare Signale senden müssen“, räumte die Ministerin jedoch ein und verwies darauf, dass „noch die Regierung Trumps in der Verantwortung“ sei. Mit der neuen Regierung werde man bereits Kontakt suchen.

Die Ministerin äußerte die Erwartung, dass sich ein „neues Gesprächsklima“ einstelle. Man wolle Gespräche „auf Augenhöhe“, nicht von einer Seite diktiert. „So geht es hoffentlich nicht weiter“, so Schramböck. Ihrer Ansicht nach ist trotz oft unterschiedlicher Sichtweises das Gemeinsame der USA und der EU größer als das Trennende. Zusammenarbeit „auch in Richtung China“ und in Bezug auf die Welthandelsorganisation (WTO), hielte sie für vorteilhaft.

Für Schramböck ist es noch nicht möglich, etwas über den Einfluss der Regierung des Demokraten Biden auf die Gestaltung der künftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien zu sagen. Es sei „zu früh zu bewerten, wie Biden agieren wird“. Zu Großbritanniens Premierminister Boris Johnsons Vorgehensweise bezog die Ministerin hingegen klar Stellung: „Ich teile Boris Johnsons Sichtweise überhaupt nicht“, so Schramböck. Es habe noch nie einem Land geholfen, wenn es zum Beispiel Zölle und andere Handelshemmnisse in großem Maße gebe. Sie äußerte jedoch die Hoffnung, dass Johnson sich „etwas abschauen“ könne, wie die USA reagieren werden. Die „Hand sei ausgestreckt“, es liege an ihm, in den noch strittigen Punkten „Bewegung zu zeigen“.

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