Vereinte Nationen feiern 75-jähriges Bestehen ohne Trump

Mit einem Festakt haben die Vereinten Nationen am Montag ihr 75-jähriges Bestehen gefeiert – überraschend aber ohne US-Präsiden Donald Trump. Eigentlich hätte er sich mit einer Video-Botschaft als erster Vertreter der 193 Mitgliedsstaaten äußern sollen, er ließ sich jedoch vertreten. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) meinte bei seiner Rede: „Die Covid-19-Pandemie hat auf dramatischste Weise gezeigt, wie miteinander verbunden und voneinander abhängig wir sind.“

Kein Land könne allein die Pandemie bekämpfen oder andere globale Herausforderungen lösen, so Kurz weiter. Die internationale Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen in ihrem Zentrum sei dabei von entscheidender Bedeutung, unterstrich Kurz laut Redetext. „Die Vereinten Nationen sind aus der Asche und Zerstörung des Zweiten Weltkriegs geboren.“

Seither habe es „75 Jahre Engagement für den Multilateralismus“ gegeben, „die zu bemerkenswerten Erfolgen geführt haben, auf die wir alle stolz sein können“. Konkret nannte Kurz folgende Beispiele: „Ein starkes Menschenrechtssystem, Friedenssicherung, die internationale Abrüstungsarchitektur, die Agenda 2030 und ihre Ziele für nachhaltige Entwicklung und Leadership im Kampf gegen den Klimawandel.“

Die ansonsten ebenfalls hochrangigen Vertreter beteuerten die Bedeutung der Vereinten Nationen – verlangten aber auch Reformen. Wegen der Coronavirus-Krise fiel der Festakt am UNO-Sitz in New York viel bescheidener aus als geplant.

Zum Auftakt beschwor UNO-Generalsekretär António Guterres die internationale Zusammenarbeit. „Heute haben wir einen Überschuss an multilateralen Herausforderungen und ein Defizit an multilateralen Lösungen.“ Es brauche eine effektive Zusammenarbeit mit Visionen und Ehrgeiz, um Problemen wie Klimawandel, Ungleichheiten und Benachteiligung von Frauen zu begegnen und den Kampf gegen Hass und Armut zu führen.

Die amerikanische Vize-Botschafterin Chalet würdigte die UNO ebenfalls, sprach aber auch von ihrem Reformbedarf, mangelnder Transparenz und Anfälligkeit gegenüber Autokratien. „Für die Trump-Regierung ist dieses Jubiläum ein wichtiger Moment, um die vielen Erfolge der Vereinten Nationen zu markieren – aber dies mit klaren Augen zu tun und einer erneuten Entschlossenheit, dieses wichtige Gremium seinen Zweck erfüllen zu sehen.“

Wegen der Coronavirus-Pandemie war im großen UNO-Saal für jedes Mitgliedsland nur ein Vertreter zugelassen. Die Staats- und Regierungschefs schickten im Voraus aufgezeichnete Videobotschaften. Noch am Sonntag hatte die UNO mit einer solchen Videobotschaft auch von US-Präsident Trump gerechnet. Eine Anfrage zu den Hintergründen der Änderung blieb von der UNO zunächst unbeantwortet.

Chinas Präsident Xi Jinping lobte in seinem Beitrag: „Diese Organisation hat eine Prüfung nach der anderen vorgelegt bekommen und ist daraus mit neuer Kraft und Lebhaftigkeit hervorgegangen.“ Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan betonte seine Wertschätzung – mahnte aber gleichzeitig dringende Reformen an, unter anderem des Sicherheitsrats. Später wird auch eine Video-Botschaft von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gezeigt.

Eine weltweite Umfrage zum Jubiläum mit mehr als einer Million Teilnehmern zeigt nach Einschätzung der UNO den großen Bedarf an grundlegender Versorgung. „Inmitten der aktuellen Covid-19-Krise besteht für die meisten Befragten die unmittelbare Priorität darin, den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen zu verbessern – Gesundheitsversorgung, sauberes Wasser, sanitäre Einrichtungen und Bildung“, heißt es in der Studie. Auch der Wunsch nach größerer internationaler Solidarität und Hilfe für die von der Pandemie am stärksten Betroffenen spiele eine wichtige Rolle.

Die Vereinten Nationen wurden 1945 mit zunächst rund 50 Mitgliedern gegründet. Am Dienstag beginnt die Generaldebatte der UNO-Vollversammlung – normalerweise ein großes alljährliches Treffen mit viel Gelegenheit zu Diplomatie auch auf den Gängen. Wegen der Pandemie fallen die allermeisten Begegnungen dieses Mal aus.

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