Wifo sieht heuer Exporteinbruch von zumindest 12 Prozent

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sieht für heuer einen Exporteinbruch von zumindest 12 Prozent. Es seien umfangreiche geld- und fiskalpolitische Maßnahmen zur Stabilisierung der Unternehmen notwendig, etwa bei der Forschungsförderung. In der Ausbildung von akademischen und nicht-akademischen Fachkräften liege wirtschaftspolitisch der dringendste Handlungsbedarf.

Auch strukturpolitische Maßnahmen zur Diversifikation der Exporte und zur Steigerung der Resilienz seien notwendig. „Das bedeutet eine intelligente Verschränkung von Technologiepolitik und Exportförderung mit dem Ziel der technologischen und geografischen Diversifikation des Exportportfolios“, schreiben die beiden Wifo-Wissenschafter Andreas Reinstaller und Klaus Friesenbichler. „Wirtschaftspolitische Ansatzpunkte sind eine strategische Standortpolitik, die Stärkung der Kompetenzbasis, die Förderung der Resilienz der Exportwirtschaft oder die Nutzung des Dienstleistungshandels in der Sachgütererzeugung.“

Die für die neueste Analyse zugrunde liegende langfristige Studie der heimischen Warenexporte zeigt, dass diese nach einer stark expansiven Phase zwischen 2000 und 2008 nach der Finanz- und Wirtschaftskrise bis 2010 Marktanteile und Alleinstellungsmerkmale im globalen Handel verloren haben. Die Exporteure konzentrieren sich demnach immer stärker auf Ausfuhren, in denen starke Spezialisierungsvorteile gegeben sind – während die Wettbewerbsintensität stetig stieg.

Die derzeitige Wirtschaftskrise zeige nun „Auswirkungen ungekannten Ausmaßes, die auch den Außenhandel erfassen und die ungünstige Entwicklung der österreichischen Exportwirtschaft infolge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/09 beschleunigen und vertiefen dürften“, so die Wifo-Wissenschafter. Unmittelbare Folgen seien vorerst aber noch schwer einschätzbar.

In einer Wifo-Sonderbefragung zu Unsicherheit und Unternehmensstrategien berichten fast drei Viertel der Industrieunternehmen, dass sie mögliche Lieferengpässe und ein Abreißen der Wertschöpfungsketten befürchten. Ein gutes Drittel verortet Unsicherheit durch den globalen Handel. Weitere alarmierende Einblicke hat auch die Sonderbefragung zur Reaktion österreichischer Unternehmen auf die Covid-19-Pandemie im Rahmen der Wifo-Konjunkturtests vom April, Mai und August 2020 gegeben. Dabei zeigt sich eine prekäre Liquidität der Unternehmen, die sich im August entspannt hat.

Im Mai 2020 sind die österreichischen Ausfuhren von Gütern im Vergleich zum Vormonat um 25,5 Prozent eingebrochen. Der Rückgang für heuer wurde im ersten Quartal noch zwischen 12 und 22 Prozent prognostiziert. Die monatliche Entwicklung lasse derzeit erwarten, dass der Wert am unteren Ende dieser Bandbreite zu liegen komme.

In einer Wifo-Sonderbefragung zu Unsicherheit und Unternehmensstrategien berichten fast drei Viertel der Industrieunternehmen, dass sie mögliche Lieferengpässe und ein Abreißen der Wertschöpfungsketten befürchten. Ein gutes Drittel verortet Unsicherheit durch den globalen Handel.

Was tun? Für die Unternehmen in der Sachgütererzeugung sind F&E, die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und die (Weiter-)Entwicklung von Humankapital die wichtigsten Ansatzpunkte, schreiben die Wifo-Fachleute. So liege in der Ausbildung von akademischen und nicht-akademischen Fachkräften der dringendste Handlungsbedarf. Der derzeitige Fokus der Außenwirtschaftsstrategie auf die duale Ausbildung sollte erweitert werden.

Zudem sollte die Forschungsförderung größeres Augenmerk auf die gezielte Förderung von Projekten legen, die auf die Verbindung von Technologiefeldern in neuen Anwendungsfeldern abzielt. Auch neue Märkte müssten aufgebaut werden. Österreichische Unternehmen sähen sich aber vor allem im Bereich des Marketings und des Vertriebs gegenüber der Konkurrenz im Nachteil. Unterstützt werden sollte daher vor allem der Aufbau marktspezifischer Kompetenzen.

Unter vielen weiteren Punkten sollten auch Dienstleistungsexporte gestärkt und gefördert werden. Das Augenmerk sollte zudem auch auf nicht-technologische Innovationen in Förderschwerpunkten gelegt werden. Gerade hier entstünden Alleinstellungsmerkmale und Kunden könnten gebunden werden, so Reinstaller und Friesenbichler.

Die Industriellenvereinigung (IV) sieht etwa eine Chance in der Umsetzung des umstrittenen Handelspakts der EU mit den Mercosur-Staaten. Dieser soll im Herbst von der EU-Kommission an die Mitgliedsstaaten in deren Landessprachen ergehen. Hier erhoffen sich die Industriellen dann Bewegung.

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