Nationalrat beschließt Polizeibefugnisse bei Coronafragen
Der Nationalrat hat die Novelle zum Epidemiegesetz beschlossen, mittels derer die Polizei auch Krankheitssymptome erheben darf. Allerdings droht ein Veto des Bundesrats, da die Oppositionsparteien die Vorlage vehement ablehnten. Sicherheitsbehörden sollen allfällige Erkrankungssymptome abfragen dürfen, jedoch nur nach Ersuchen der zuständigen Gesundheitsbehörden und wenn „dringend erforderlich“.
Von „Huschpfusch“ sprach etwa SPÖ-Gesundheitssprecher Philipp Kucher. Es könne nicht sein, dass die Tätigkeiten der Gesundheitsbehörden der Polizei überantwortet werden. Ganz ähnlich der freiheitliche Abgeordnete Gerhard Kaniak. Es gebe kaum sensiblere Daten als Gesundheitsdaten und die gehörten nicht ins Innenministerium, dessen Chef die Österreicher ohnehin bis in ihre Wohnungen bespitzeln wolle. Besonders herb bewertete NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker die Vorlage, nämlich als „legistischen Schrott“. Es sei auch nicht der Job des Polizisten, Menschen zu ihrem Befinden zu befragen.
Mit wenig Verständnis reagierten die Grünen und die ÖVP auf diese Kritik. Grünen-Mandatar Ralph Schallmeiner wies darauf hin, dass es sich ja lediglich um ein Angebot für Länder handle, deren Gesundheitsbehörden mit der Verfolgung von Corona-Patienten nicht so schnell zu Rande käme. Daher sei es auch ein Auftrag an die jeweiligen Behörden Kapazitäten aufzubauen.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte, er schätze es sehr, wenn Wiens Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) sage, er brauche die Hilfe der Exekutive nicht. Das sei legitim. Die Möglichkeit dafür sollte aber bestehen. Der ÖVP-Abgeordnete Klaus Fürlinger meinte in Richtung Opposition, dass man all deren Bedenken eingearbeitet habe. Dazu zählt auch eine zeitliche Befristung der Regelung, nämlich bis Mitte kommenden Jahres.
Die Neuregelung der Befugnisse der Exekutive beinhaltet drei Aufgaben: Die Erhebung von Identitätsdaten (Namen, Wohnsitz), die Erfragung allfälliger Krankheitssymptome und die Erhebung von Kontaktdaten von kranken, krankheitsverdächtigen oder ansteckungsverdächtigen Personen. Gestattet werden dabei auch Abfragen aus dem Zentralen Melderegister. Diese Daten müssen allerdings nach Übermittlung an die Gesundheitsbehörden unverzüglich gelöscht werden. Eine Verarbeitung der Daten zu anderen Zwecken ist nicht zulässig.
Zudem beschließt der Nationalrat am Donnerstag als erste Etappe der BVT-Reform eine Vertrauenswürdigkeitsprüfung für mit dem Staatsschutz betraute Bedienstete. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sah darin einen ersten Schritt, den Verfassungsschutz „noch stärker und effizienter“ zu machen. Die Opposition zeigte sich grundsätzlich einverstanden, regte aber eine Verordnungsermächtigung durch den Hauptausschuss an.
Und zwar soll der Verordnungsinhalt, nach welchen Kriterien die Bewerber ausgewählt werden, einmalig im Hauptausschuss diskutiert werden, so das gemeinsame Ansinnen von SPÖ, FPÖ und NEOS. Die drei Oppositionsparteien brachten gemeinsam einen entsprechenden Abänderungsantrag ein und machten ihre Zustimmung vorerst davon abhängig.
Die Rechtsgrundlage für die Vertrauenswürdigkeitsprüfung wird im Polizeilichen Staatsschutzgesetz geschaffen. Im Gegensatz zur bereits obligaten Sicherheitsüberprüfung handelt es sich dabei um einen weiter reichenden Eingriff in die Privatsphäre der Bediensteten. Etwa beinhaltet sie die Erhebung relevanter personenbezogener Daten, inklusive Informationen zu Eltern, Ehepartnern und im Haushalt lebenden erwachsenen Personen. Zudem wird das Bundesamt ermächtigt, Auskünfte von Gebietskörperschaften oder ausländischen Sicherheitsbehörden zu verlangen.
Man könne dem Ansinnen grundsätzlich etwas abgewinnen, so SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner, allerdings sei die Umsetzung das Problem. Ein Schwachpunkt etwa sei, dass nicht geregelt ist, welche Möglichkeiten ein Mitarbeiter habe, wenn seine Prüfung negativ ausfalle. Zudem verwies Einwallner auf den gemeinsam mit FPÖ und NEOS eingebrachten Abänderungsantrag: „Ich weiß nicht, warum sie die Transparenz so scheuen.“
Ähnlich die FPÖ: Grundsätzlich finden die Freiheitlichen den Entwurf „gut“. Weil es sich aber um einen „sensiblen Eingriff in Grundrechte“ handle, brauche es eine Verordnungsermächtigung im Hauptausschuss. „Da fällt ihnen kein Zacken aus der Krone“, meinte der freiheitliche Mandatar Hannes Amesbauer: „Stimmen sie dem Abänderungsantrag zu, dann könnten wir einen einstimmigen Beschluss haben.“ Für die NEOS warb Stephanie Krisper für den Abänderungsantrag. Die Einbindung des Hauptausschusses wäre wichtig, weil auch die Zurücknahme und Änderung dann durch den Hauptausschuss passieren müsste. Unser Anliegen wäre sehr leicht zu akzeptieren so Krisper, die eine mögliche Verzögerung durch den Bundesrat ins Fenster stellte.
Indes betonte Nehammer, dass man „intensiv“ daran arbeite, das Vertrauen in das BVT wieder herzustellen und warb dafür, „diesen Weg gemeinsam fortzusetzen“. Aus seiner Sicht ist es nicht notwendig, die Verordnung in den Hauptausschuss zu bringen, denn die Transparenz sei ohnedies durch die Veröffentlichung der Verordnung gegeben. Schützenhilfe bekam er diesbezüglich vom grünen Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr: „Die Verordnung wird im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, jeder kann nachsehen, nach welchen Kriterien das Personal rekrutiert wird.“
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