Schallenberg im Iran: „Offene und ehrliche Gespräche“

Eine positive Bilanz zog Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Sonntag nach seinen Treffen mit seinem Amtskollegen Mohammad Javad Zarif und Präsident Hassan Rouhani gegenüber österreichischen Journalisten. „Es waren offene und ehrliche Gespräche“, bei denen Möglichkeiten für gemeinsame Einzelprojekte zwischen dem Iran und Österreich sowie der EU angesprochen worden seien.

Es seien „alle Punkte“ angesprochen worden, die geplant waren, resümierte der Außenminister, „das Atomprogramm, die Rhetorik gegen Israel, Leugnung des Holocaust, die regionale Rolle des Iran in der Region.“ Etwa in Bezug auf Syrien oder den Jemen. Konkret seien allgemeine und konkrete Menschenrechtsfragen behandelt worden, etwa auch bezüglich einer humanitären Lösung.

In Absprache mit dem EU-Beauftragten Josep Borrell oder US-Außenminister Mike Pompeo, den er Anfang Februar in Washington getroffen hatte, sei es Ziel der Reise gewesen, vom „Monolog“ zum „Dialog“ zu kommen, betonte Schallenberg im APA-Gespräch. Zuletzt habe nur in der Region nur noch „Sprachlosigkeit“ geherrscht. Daher habe er in Teheran, Möglichkeiten zu „Einzelprojekten“ ausgelotet, um in kleinen Schritten gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.

Die Menschen im Iran sind besorgt, doch hatte Außenminister Zarif am Sonntag die Lacher der iranischen Journalisten auf seiner Seite. „Ich habe keinen Coronavirus“, sagte er auf Farsi, um kurz danach Schallenberg im Teheraner Außenamt mit freundlichem Handschlag zu begrüßen. Bewusst keinen Handshake gab es wegen des Virus beim Treffen mit Parlamentspräsident Ali Larijani. Bisher sind in der Islamischen Republik acht Personen am Virus gestorben. Mehr als 40 Personen gelten als infiziert. Schulen und Universitäten waren bis auf Widerruf geschlossen, kulturelle Veranstaltungen finden nicht statt.

Besprochen wurden auch Möglichkeiten bezüglich einer Kooperation in der Flüchtlingsfrage. Derzeit befinden sich rund drei Millionen afghanische Migranten im Iran. Es geht darum, wie sie bewegt werden können, nach Hause zurückzukehren oder zumindest daran gehindert, nach Europa weiterzuziehen. Bereits jetzt gebe es bei Aufgriffen in Griechenland eine Quote von „81 Prozent an Afghanen“, so Schallenberg.

Weitere Themen seien die Bereiche „regionale Vertrauensbildung, Katastrophenhilfe oder Abfallwirtschaft“ gewesen. Dabei sollte es zu Kooperationen kommen. Er habe auch betont, dass Österreich und die EU am 2015 in Wien zwischen den UNO-Vetomächten USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China sowie Deutschland geschlossenen Atomvertrag festhalten wollen und das Ausscheren der USA bedauern.

Gleichzeitig sei aber auch klargestellt worden, dass es nicht nur an der Aufkündigung des Pakts durch US-Präsident Donald Trump gelegen sei, dass die im Vertrag zugesagten Verbesserungen im wirtschaftlichen Bereich nicht wie erhofft zum Tragen gekommen seien, sagte Schallenberg. „Das hatte auch mit regionalen Problemen zu tun.“ Er habe in den Gesprächen daher auch daran erinnert, dass er Iran „regionale Verantwortung“ habe und diese auch übernehmen müsse.

Generell ist die Situation im Iran wegen der Wirtschaftssanktionen aber „miserabel“, wie der österreichische Wirtschaftsdelegierte Christoph Grabmayr konstatierte. „Und sie wird noch schlechter.“ Auch österreichische Firmen seien davon massiv betroffen. Ein Hauptproblem sei der nicht mehr vorhandene internationale Zahlungsverkehr, sagte Grabmayr, der ein Beispiel nannte: „Es dürfen zwar Medikamente eingeführt werden, aber man kann sie nicht bezahlen.“

Schallenberg erinnerte seinerseits weiters daran, dass er mit Zarif gleich nach seinem Amtsantritt als Außenminister der türkis-grünen Bundesregierung Anfang Jänner telefonisch Kontakt gehabt habe. Damals – kurz nach der Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani durch die USA – sei die Situation „knapp unter dem Siedepunkt“, meinte Schallenberg. „Es hätte auch aus dem Ruder laufen können“.

Laut Diplomaten war die Situation in den vergangenen Monaten dreimal am Rande eines Kriegs. Erstmals im Juni des Vorjahrs nach dem Abschuss einer US-Drohne, die auf iranisches Hoheitsgebiet vorgedrungen sein soll. Dann nach dem Angriff auf Ölverarbeitungsanlagen in Saudi-Arabien im September, für die die USA den Iran verantwortlich machten. Und letztlich nach dem tödlichen Angriff auf Soleimani, dessen Konterfei in der Hauptstadt nach wie vor oft zusehen ist.

Da aber letztlich weder der Iran noch die USA Interesse gehabt hätten, die Eskalation an die Spitze zu treiben, sei die Lage mittlerweile nicht mehr ganz so heiß, analysierte der Außenminister. Nun gelte es eben „regional und überregional Dialogmöglichkeiten“ auszuloten. Allerdings dürfe bei Gesprächen mit dem Iran nie vergessen werden, dass es sich um eine „alte und stolze Kulturnation“ handle, der man auf „Augenhöhe und nicht von oben herab“ begegnen müsse.

Österreich habe dabei gute Karten, weil es im Iran nicht nur wegen des in Wien abgeschlossenen Atomvertrags als Partner ernst genommen werde. Vielmehr gebe es seit Jahrhunderten traditionell guten Beziehungen. „1873 hat der Schah von Persien seine erste Auslandreise zur Weltausstellung nach Wien gemacht.“ Die Folge sei eine äußerst belastbare Vertrauensbasis.

Auch von iranischer Seite wurde betont, das historisch gewachsene gute Verhältnis auch heute unter schwierigen Bedingungen noch Früchte tragen würde. So gebe es aktuell etwa hoffnungsvolle Kooperationen im Tourismusbereich. Ein gutes Beispiel ist die Elmo-Farhang-Universität für Wissenschaft und Kunst, die im Bereich Tourismus mit der Fachhochschule IMC in Krems eng kooperiert.

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