EU senkt Wachstumsprognose für Österreich auf 1,3 Prozent

Die EU-Kommission hat ihre Wachstumsaussichten für Österreich abermals leicht zurückgenommen. 2020 und 2021 dürfte die Wirtschaft nur mehr um je 1,3 Prozent wachsen, 2019 dürfte sich das Plus doch auf 1,6 statt der im Herbst erwarteten 1,5 Prozent belaufen haben.

Auch das heimische Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) schätzte das BIP-Wachstum 2019 zuletzt, Ende Jänner, mit 1,6 Prozent. Für 2020 gingen Wifo und das Institut für Höhere Studien (IHS) Mitte Dezember von einem BIP-Plus von 1,2 bzw. 1,3 Prozent aus, für 2021 erwarteten die beiden Forschungsstätten +1,4 bzw. +1,6 Prozent.

Für die gesamte EU und auch die Eurozone bestätigte die Brüsseler Behörde am Donnerstag ihre Prognose von je 1,4 Prozent (EU) bzw. 1,2 Prozent (Euroraum) Wachstum für die Jahre 2020 und 2021. Das Coronavirus ist ein Risiko, aber noch nicht eingepreist.

Es sei noch zu früh, um die Auswirkungen der neuartigen Lungenkrankheit aus China in die Berechnungen einfließen zu lassen, so EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni bei der Pressekonferenz zur EU-Winterprognose in Brüssel. Sicher sei, dass Chinas Wirtschaft für die Weltwirtschaft immer wichtiger werde. Im Gegensatz zur SARS-Epidemie 2003 trage China heute 17,7 Prozent zur Weltwirtschaft bei, damals sei der Anteil erst bei 4,5 Prozent gelegen. Derzeit seien besonders der Tourismus in China und außerhalb sowie globale Lieferketten betroffen. Negative wirtschaftliche Auswirkungen habe das Virus auf jeden Fall.

Noch geht die EU-Kommission davon aus, dass der Ausbruch der Krankheit in China im ersten Quartal 2020 seinen Höhepunkt erreicht und dass die globalen Auswirkungen relativ begrenzt sind. Aber: Das sei eine Annahme, keine Prognose, sagte Gentiloni. Je länger der Ausbruch der Krankheit dauert, desto größer das Risiko, dass sich auch die Wirtschaftsstimmung und die globalen Finanzierungsbedingungen verschlechtern.

Für Österreich hat die EU-Kommission ihre Wachstumsaussichten wie schon bei den vorangegangenen Prognosen im Herbst und im Sommer etwas zurückgenommen. Grund ist die schwächelnde Industrie, die anhaltend scharfem globalen Gegenwind ausgesetzt ist. Trotz Stabilisierungsanzeichen der Wirtschaft Ende 2019 bleibe die Stimmung in den heimischen Industriebetrieben verhalten. Die Ausrüstungsinvestitionen dürften daher heuer und 2021 niedrig bleiben, die Investitionen in den Bausektor allmählich zurückgehen. Stütze der heimischen Wirtschaft sei nach wie vor der private Konsum.

Die Teuerung in Österreich dürfte sich 2019 abgeschwächt haben, von 2,1 Prozent im Jahr 2018 auf 1,5 Prozent. Zu erklären sei das mit gefallenen Ölpreisen und nicht so stark gestiegenen Lebensmittelpreisen. 2020 wird die Inflation bei 1,6 Prozent erwartet, 2021 soll sie wieder auf 1,5 Prozent zurückgehen. Damit bleibt der Preisdruck in Österreich höher als im Schnitt der Eurozone. Für diese rechnet die Kommission heuer mit einer Inflation von 1,3 Prozent, für 2021 werden 1,4 Prozent erwartet.

Weitere Risiken für die EU-Wirtschaft sind neben dem Coronavirus die Spannungen im Nahen Osten (Stichwort: Ölpreis), die Unruhen in Lateinamerika, die Brexit-Folgen sowie der Handelsstreit zwischen China und den USA. Der Konflikt könnte wieder eskalieren, es könnten neue Handelsbarrieren eingeführt werden, so Gentiloni.

Insgesamt befindet sich die europäische Wirtschaft der Kommission zufolge trotz nach wie vor herausfordernden Umfelds auf einem „Weg des stabilen, moderaten Wachstums“.

In allen Mitgliedsstaaten dürfte die Wirtschaftsleistung steigen. Die wichtigste EU-Volkswirtschaft Deutschland soll laut Annahme der EU-Kommission heuer und 2021 jeweils um 1,1 Prozent wachsen. Die deutsche Exportindustrie ist nach wie vor nicht guter Dinge, Treiber im Nachbarland sind die Baubranche und der Dienstleistungssektor. Am schwächsten dürfte Italien mit nur 0,3 Prozent 2020 und 0,6 Prozent 2021 zulegen, Gentiloni sagte, sein Heimatland sei dabei, dass das wirtschaftliche Wachstum allmählich anziehen werde. Länder mit Spielraum im Budget sollten bei der Förderung des Wirtschaftswachstums einen expansiveren Kurs fahren, forderte der Kommissar erneut.

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