Auch Österreich von Abhöraffäre betroffen

Von der am Dienstag bekanntgewordenen Abhöraffäre durch den US-Auslandsgeheimdienst CIA und den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) ist laut einem Medienbericht auch Österreich betroffen. Das geht aus einer von der US-Zeitung „Washington Post“ veröffentlichten Darstellung der von den Geheimdiensten ausgespähten Länder hervor.

Das Verteidigungsministerium in Wien wollte Mittwochfrüh zunächst auf APA-Anfrage keine Stellungnahme dazu abgeben. Laut Recherchen der „Washington Post“, dem Schweizer Fernsehen SRF und dem deutschen TV-Sender ZDF sollen Deutschland und die USA mithilfe der Schweizer Firma Crypto AG für Verschlüsselungstechnik den rund 120 betroffenen Staaten manipulierte Technologie verkauft haben, um dann deren Kommunikation abhören zu können. Die „Operation Rubikon“ soll demnach von 1970 bis 1993 gelaufen sein.

Ob Österreich tatsächlich einer jener Staaten war, der vom deutschen und US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst jahrzehntelang abgehört wurde, ist laut ZDF unklar. Zwar steht laut einem an der Recherche zu „Cryptoleaks“ beteiligten Redakteur fest, dass Österreich manipulierte Geräte gekauft hat. Doch hätten österreichische Stellen deren „Knackbarkeit“ erkannt, erklärte der Journalist Ulrich Stoll.

Der deutsche „Plan“ sei „zu transparent“ gewesen, weshalb einige Kunden, darunter Österreich und das damalige Jugoslawien, die „Lesbarkeit“ der Maschine erkannt hätten, heißt es in einem Papier des US-Geheimdienstes CIA, aus dem das ZDF zitiert. Das entsprechende Sprachverschlüsselungsgerät (MCC 314) sei in den 1970ern an Österreich verkauft worden, so Stoll.

Unklar ist nur, wann Österreich durchschaute, dass die über die Schweizer Firma Crypto AG verkauften Maschinen manipuliert sind. Nicht geklärt sei auch, ob diese vor Entdeckung der Manipulation bereits abgehört wurden und ob sie auch nach dieser Entdeckung noch genutzt wurden. Ersteres sei zu vermuten, letzteres unwahrscheinlich, erklärte Stoll.

Durch manipulierte Verschlüsselungsgeräte, die durch die Schweizer Firma Crypto AG vertrieben wurden, haben die USA und Deutschland von 1970 bis 1993 laut ZDF, dem Schweizer Fernsehen SRF und der „Washington Post“ über 100 Staaten ausgespäht. In den USA lief die Operation unter dem Decknamen „Minerva“, beim deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) unter dem Namen „Rubikon“. In dem BND-Papier „Operation Thesaurus/Rubikon“ ist Österreich laut ZDF allerdings nicht explizit als abgehörter Crypto-Kunde erwähnt. Die Liste sei unvollständig, in den internen Papieren habe man sich hauptsächlich damit „gerühmt“, große Staaten wie Argentinien oder Chile abzuhören.

Richard Aldrich, Professor für Sicherheitspolitik an der britischen Universität Warwick, bezeichnete die „Operation Rubikon“ in dem ZDF-Magazin „Frontal21“ als „wahrscheinlich die bedeutendste Geheimdienstoperation der Geschichte“. Es sei die wichtigste Spionageoperation die jemals unternommen worden sei und eine der „kühnsten“ und „skandalträchtigsten“.

„Die Aktion Rubikon hat sicher dazu beigetragen, dass die Welt ein Stück sicherer geblieben ist“, sagte der damalige deutsche Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer dem ZDF. Man habe Informationen erhalten, die man nur auf einem solchen Weg habe erhalten können. Schmidbauer bestätigte, dass es die Operation gab. Der BND habe sie aber 1993 beendet. Der US-Geheimdienst führte sie laut ZDF weiter.

Die Schweizer Firma Crypto AG war den Medienberichten zufolge seit Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Beginn dieses Jahrhunderts einer der größten Anbieter für abhörsichere Kommunikation und verkaufte diese weltweit. Die größten Abnehmer für die manipulierten Verschlüsselungsgeräte waren Medien zufolge Saudi-Arabien und der Iran, die wichtigsten Gegenspieler des Westens – China und Russland – hätten allerdings nie darauf zurückgegriffen. Die Kunden wussten laut den Berichten nicht, dass BND und CIA die Technik manipulieren ließen.

Die Schweizer Regierung untersagte indes bis auf Weiteres die Generalausfuhrbewilligungen für Verschlüsselungstechnik der Nachfolgeunternehmen der Schweizer Firma. Die Schweizer Regierung ordnete zudem eine Untersuchung an.

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