„Aussprache“ über WKStA-Angriff bringt Justiz mehr Geld

Mehr Geld und damit der „Startschuss“ für Reformen wurden der Justiz in der „Aussprache“ von Kanzler und Justizministerin mit Standesvertretern der Staatsanwälte am Montag angekündigt. Angestoßen hatten das Gespräch die Staatsanwälte wegen der Attacke des Kanzlers gegen die WKStA. Das sei jetzt „ausgeräumt“, sagten die Standesvertreter, und nutzten die Gelegenheit, 150 Mio. Euro mehr zu verlangen.

Für Aufsehen sorgte eine Rand-Bemerkung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), mit der er seine Behauptung über „Leaks“ bei den Staatsanwälten untermauern wollte. Zwei „hochrangige“ Journalisten hätten ihm erzählt, dass ihre Redaktionen Akten auch von Staatsanwälten bekommen hätten, sagte Kurz. Und machte damit der Justiz Arbeit: FPÖ und NEOS kündigten umgehend Anzeigen wegen mutmaßlichen Amtsmissbrauchs an, mit Kurz und den „unter Wahrheitspflicht bekannt zu gebenden“ (FPÖ) Journalisten als Zeugen. Die SPÖ fragt Kurz in einer schriftlichen Anzeige auch, warum er nicht Anzeige erstattetet hat.

Maßnahmen gegen die unerlaubte Veröffentlichung von Ermittlungsinhalten – etwa durch die Digitalisierung aller Justiz-Akten – sind eine der drei „Reformen“, die Justizministerin Alma Zadic (Grüne), unterstützt durch Kurz, jetzt angehen will. Sie freute sich in ihrer Stellungnahme – die Gesprächsteilnehmer traten getrennt vor die Presse – über die Zusage, dass ihr Budget in den bevorstehenden Verhandlungen aufgestockt werden soll. Wie viel die Justiz bekommt, wollten weder sie noch Kurz verraten.

150 Mio. Euro mehr seien für die Aufrechterhaltung des Status Quo nötig, wolle man eine Verfahrensbeschleunigung, müsste es mehr sein, zeigte sich nur die Präsidentin der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte, Cornelia Koller, zur Auskunft über Zahlen bereit. Sie erinnerte an den Anlass der Unterredung – nämlich „kolportierte Angriffe auf die Integrität der Staatsanwälte“. Gemeint war damit die vom „Falter“ in der vergangenen Woche veröffentlichte Attacke von Kurz gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Diese Causa sei „aus meiner Sicht ausgeräumt“, sagte der Chef der Justizgewerkschafter, Christian Haider. Kurz habe versichert, dass er hohes Vertrauen in die Justiz habe.

Der Kanzler selbst unterstrich, er habe nur Missstände wie die lange Verfahrensdauer und die Leaks ansprechen wollen – und er sei froh, dass es jetzt die nötigen „Reformen“ gebe. Zadic freute sich ihrerseits, jetzt seine Unterstützung und die nötigen Mittel in Aussicht zu haben, um schon lang anstehende Maßnahmen zu starten und die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken.

Zu deren Inhalten gab es noch kaum Konkretes: Verfahren beschleunigen will Zadic u.a. durch mehr Personal (Supportkräfte in den Kanzleien und Staatsanwälte) und schnellere Datenauswertung. „Leaks“ will die Ministerin durch die Digitalisierung verhindern. Damit würde der Weg von Akten besser nachvollziehbar – und so ließe sich der (unzutreffende) „Generalverdacht“ gegen ihre Kollegen entkräften, begrüßte Koller die Ankündigung. Zur Stärkung des Rechtsschutzes will Zadic Haft- und Rechtsschutzrichter aufwerten, etwa durch Dreier-Senate. Die ÖVP hat in der Debatte immer wieder die – telefonisch vom Journalrichter genehmigte – Hausdurchsuchung im BVT als Missstand angeführt.

Thema der Unterredung war auch der Versuch (partei)politischer Einflussnahme auf die Justiz. Koller fand es durchaus gut, dass vergangenen Woche breit darüber diskutiert wurde – und versicherte ebenso wie Haider, dass Staatsanwälte und Richter unabhängig und unbeeinflusst arbeiten würden.

Die ÖVP hatte die Medien schon am Wochenende an einen SPÖ-Aktenvermerk aus dem Jahr 1997 erinnert und versuchte „Unterwanderung“ der Justiz durch die SPÖ beklagt. Am Montag sah Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) dies bestätigt durch Aussagen von Ex-SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim – und appellierte, dass Parteizentralen keinen Einfluss auf die Karriereplanung von Richtern oder Staatsanwälten nehmen dürften.

Zadic hatte sich dazu am Weg zum Treffen geäußert – und festgehalten, dass sie „keine Netzwerke gesehen“ habe. Das von der ÖVP wieder hervorgezogene Papier nahm sie nicht allzu wichtig, denn es sei „aus dem letzten Jahrtausend“. Das Justizministerium veröffentlichte auch eine „Klarstellung“ im Internet, wonach es keine Hinweise auf ein politisches Agieren einer Staatsanwaltschaft gebe. Die Staatsanwälte würden objektiv und unabhängig von Parteizugehörigkeiten ermitteln, wurde festgestellt – und beim Treffen von Koller unterstrichen.

Kein Thema war am Montag, so Edtstadler, die Frage der WKStA-Zuständigkeiten. Laut Zadic steht allerdings fest, dass die Wirtschaftsverfahren bei den Korruptionsermittlern bleiben. Denn man habe sich nicht auf einen „kompletten Umbau“ der WKStA geeinigt.

Bei der Opposition riefen die „Aussprache“-Ergebnisse wenig Begeisterung hervor. Jörg Leichtfried (SPÖ) sah eigentlich nur ein „billige Ablenkungsmanöver“ vom Versuch des Kanzlers, die Justiz für seine Zwecke zu instrumentalisieren. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger begrüßte zwar die Zusage von mehr Mitteln für die „ausgehungerte“ Justiz – aber auch sie erachtete die Ankündigungen als „Nebelgranaten, um vom Fehltritt des Bundeskanzlers abzulenken“.

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