Nationalrat: Höbelt und Wiesinger Thema in Bildungsdebatte

Um „totalitäre Tendenzen an Unis und Schulen“ ist es am Mittwoch in der Aktuellen Stunde des Nationalrats gegangen. Anlass für das von der FPÖ aufs Tapet gebrachte Thema waren Störaktionen linker Demonstranten bei Vorlesungen des Historikers Lothar Höbelt, die Aufregung um Ex-Ombudsfrau Susanne Wiesinger und das Kopftuchverbot. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) verwies auf die Meinungsfreiheit.

Der zuständige Minister nahm am Mittwoch ausführlich Stellung zum von der FPÖ aufs Tapet gebrachte Thema. Faßmann bezeichnete die Österreichischen Universitäten als Orte der freien Lehre und des Diskurses, die Meinungsfreiheit werde an den Unis groß geschrieben, sagte er. Dazu gehören auch Dissens und Streit, so Faßmann. Dass die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit rechtliche Grenzen habe, sei klar – diese sieht er mit den aktuellen Störaktionen bei den Vorlesungen des FPÖ-nahen Historikers Höbelt aber nicht erreicht.

Faßmann gestand jedoch ein, dass Lehrveranstaltungen ungestört stattfinden können müssen. So müsse es auch für Höbelt möglich sein, seine Vorlesung ungestört zu halten. Die „Sicherstellung eines geordneten Lehrbetriebs“ sieht Faßmann allerdings als Aufgabe des Rektorats. Dieses könne etwa Sicherheitsdienste oder die Polizei beauftragen, wenn es nötig ist. Er als Minister werde jedenfalls dafür eintreten, dass Universitäten Teil eines demokratischen Diskurses bleiben werden. „An der Uni muss man sich eben auch mit anderen Meinungen auseinandersetzen“, erläuterte Faßmann.

Die Debatte eingeleitet hatte Klubobmann Herbert Kickl (FPÖ), der die Vorgänge an der Uni Wien als „Trauerspiel“ bezeichnet hatte. „Alles was rechts ist, wird mit rechtsextrem gleichgesetzt“, beschwerte er sich über den Hass, der nicht nur im Netz verbreitet werde, sondern auch an den Unis – und vor allem von links. Wäre ein linker Professor von rechten Störaktionen betroffen, hätte man den „moralischen Notstand ausgerufen“, vermutet Kickl. Die „linksextremistischen Umtriebe“ an der Universität nannte Kickl „beschämend“ für Faßmann, dem er vorwarf, die Vorgänge totgeschwiegen zu haben. Er selbst hätte einen Assistenzeinsatz zum Schutz der Vorlesungsbesucher angefordert.

Zum Rundumschlag holte Kickl auch in Sachen Kopftuchverbot aus. Ein solches forderte er „natürlich“ auch für Lehrerinnen, so Kickl. Dass ausgerechnet die Lehrerin mit einer „Flagge des Islamismus auf ihrem Kopf“ im Klassenzimmer steht, sei für ihn ein „Ding der Unmöglichkeit“.

Rudolf Taschner (ÖVP) nahm Faßmann in Schutz und bat Kickl, auf seine Wortwahl zu achten. Das Kopftuch sei sicher nicht die Flagge des Islamismus, sagte Taschner. Das Kopftuchverbot sei vielmehr dazu da, den Mädchen Freiheit zu geben, es sei „vernünftig“ und habe nichts mit jeglicher Form von Islamismus zu tun.

Andrea Kuntzl (SPÖ) sieht nicht die linken Demonstranten an der Universität in der Schuld, sondern die Identitären als Fanclub von Höbelt bei dessen Vorlesung aufmarschieren. Sie geht aber davon aus, dass der Rektor diese Vorgänge im Auge hat und entsprechend reagieren wird. Nico Marchetti (ÖVP) rief ebenso wie Faßmann dazu auf, die Meinungsfreiheit zu respektieren. „Die Grenzen der Meinungsfreiheit liegen nicht beim Parteiprogramm“, sagte er.

Eva Blimlinger von den Grünen verwies ebenfalls wie der Bildungsminister auf die Wissenschaftsfreiheit an den Universitäten. Dass Höbelt ein Rechtsextremer sei, sei für sie klar – immerhin habe er sich gegen das Verbotsgesetz geäußert und publiziere in rechtsextremen Medien. Er selbst schramme nur knapp am Verbotsgesetz vorbei, kritisierte Blimlinger. Aber: „Das Thema Höbelt an der Universität Wien hat sich Gott und Göttin sei Dank bald erledigt, weil er in Pension geht“, zeigte sie sich erleichtert. Zum Abschluss ihres Beitrags betonte die Abgeordnete der Grünen noch einmal ihre Abneigung gegen die FPÖ und die Burschenschaften: „Lieber Kippa, Kopftuch und Kreuz als ihre Kapperln von den schlagenden Verbindungen“, sagte sie – natürlich nicht ohne heftige Zwischenrufe Kickls.

Beate Meinl-Reisinger (NEOS) versuchte, die Diskussion auf eine Meta-Ebene zu bringen. Sie sprach davon, was es heißt, in einer offenen Gesellschaft zu leben. Dazu gehören bestimmte Grund- und Freiheitsrechte, sagte sie. Man könne nicht einfach alles verbieten, was nicht der eigenen Meinung entspreche. Sie sei etwa nicht dafür – wie Blimlinger vor ihr – Burschenschaften zu verbieten, auch wenn diese ihr nicht gefallen würden. Grundsätzlich sprach sich Meinl-Reisinger dagegen aus, politische Grabenkämpfe auszutragen – auf dem Rücken der Schüler und Lehrer.

Das Aufregerbuch der ehemaligen Bildungsobfrau Susanne Wiesinger bietet auch die Grundlage für eine „Dringliche Anfrage“ der NEOS an Bildungsminister Faßmann im Nationalrat. In der Begründung der Initiative beschwerte sich Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger, dass das Parteibuch noch immer das wichtigste Buch an den Schulen sei. Echte Reformen würden durch den parteipolitischen Zugriff auf das Bildungssystem verhindert. Seit 100 Jahren würden die gleichen ideologischen Grabenkämpfe geführt, so Meinl-Reisinger.

Wiesingers Buch „Machtkampf im Ministerium“, wegen dessen Erscheinen ihr Obfrau-Posten im Bildungsressort verloren geht, untermauerte für die NEOS-Chefin den Eindruck, dass es in Österreich nicht primär um das Wohl und die Ausbildung der Kinder gehe, sondern einzig um Macht, Einflussnahme, Postenschacher und Message Control im Sinne der eigenen Ideologie.

Die SPÖ-Abgeordnete Sonja Hammerschmid nahm ebenfalls Bezug auf den Wirbel rund um die Publikation der ehemaligen „Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte“, Susanne Wiesinger. Hammerschmid appellierte an die Kollegen im Plenum, die Kritik ernst zu nehmen – um die „gemeinsame Aufgabe“ wahrzunehmen und die Rahmenbedingungen für eine gute Schule zu schaffen. Dazu gehören für Hammerschmid etwa mehr Unterstützungspersonal und Ethikunterricht für alle.

Hermann Brückl (FPÖ) attestierte Wiesinger Mut, weil sie Missstände offen angesprochen habe. Faßmann kritisierte er dafür, dass er in der Debatte um Wiesinger sofort Stellung genommen habe, zu den Vorgängen an der Uni Wien jedoch nicht.

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