Europa droht Iran mit Verfahren – UNO-Sanktionen möglich

Frankreich, Deutschland, Großbritannien und die EU haben dem Iran mit einem Mechanismus des Atomabkommens gedroht, der am Ende zur Wiedereinführung von UNO-Sanktionen führen könnte. In einer gemeinsamen Stellungnahme zeigten sich die Außenminister der drei Länder sowie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini „äußerst besorgt“ wegen der wiederholten Verstöße des Iran gegen das Atomabkommen.

Die EU-Staaten bekräftigten zugleich ihre Bereitschaft, den sogenannten Streitschlichtungsmechanismus in Betracht zu ziehen, der zur Wiedereinführung von Wirtschaftssanktionen führen könnte. Das Atomabkommen von 2015 soll den Iran am Bau von Atomwaffen hindern und unterwirft sein Nuklearprogramm internationaler Kontrolle. Im Gegenzug waren die internationalen und nationalen Sanktionen gegen das Land aufgehoben worden, einschließlich der durch den UNO-Sicherheitsrat verhängten Sanktionen. Allerdings zieht sich der Iran seit Mai schrittweise aus dem internationalen Atomabkommen zurück. Er reagiert damit auf den einseitigen Ausstieg der USA aus der Vereinbarung im vergangenen Jahr und die Wiedereinführung und Verschärfung von US-Wirtschaftssanktionen.

Am Donnerstag hatte der Iran die Urananreicherung in der Atomanlage Fordo offiziell wieder aufgenommen. Am Sonntag teilte das Land mit, es habe die Uran-Anreicherung auf fünf Prozent gesteigert. Nach dem Atomabkommen erlaubt sind nur 3,67 Prozent.

Laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO/IAEA) lagert der Iran bereits jetzt mehr als doppelt so viel angereichertes Uran wie es das Wiener Atomabkommen erlaubt. Aus Diplomatenkreisen hieß es am Montag, der Iran reichere derzeit rund 100 Kilogramm Uran pro Monat an – im Vergleich zu vier Kilogramm vor Beginn der Verstöße gegen das Atomabkommen. Außerdem habe das Land eine neue Anlage zum Test von Anreicherungszentrifugen vorbereitet – auch das ist ein Verstoß gegen das Atomabkommen.

Die jüngsten Schritte Teherans stellten eine „bedauerliche Beschleunigung“ des iranischen Rückzugs von den Verpflichtungen des Abkommens aus dem Jahr 2015 dar, hieß es in der gemeinsamen Erklärung der Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens sowie Mogherinis. Die iranische Führung solle unverzüglich alle Verstöße gegen das Atomabkommen rückgängig machen. Zugleich bekräftigten sie ihre „Entschlossenheit, alle Anstrengungen zur Beibehaltung der Vereinbarung fortzusetzen“ – warnten aber auch, dass sie „alle Mechanismen zur Beilegung von Streitfragen“ in Betracht ziehen, „einschließlich des Streitschlichtungsmechanismus“.

Dieser Mechanismus sieht ein mehrstufiges Verfahren mit zahlreichen Fristen vor. Er kann aktiviert werden, wenn eine Vertragspartei glaubt, dass Bestimmungen des Abkommens von der anderen Seite verletzt werden. Dies wäre ein sehr langer Prozess über voraussichtlich mehrere Monate. Ohne Einigung mit dem Iran könnte er aber letztlich zur Wiedereinführung von UNO-Sanktionen führen.

Die IAEO teilte in ihrem neuen Iran-Bericht mit, dass Partikel von Uran in einem iranischen Gebäude entdeckt worden seien, das nicht entsprechend deklariert wurde. „Es ist essenziell, dass der Iran seine Zusammenarbeit mit der Behörde fortsetzt, um dieses Thema so schnell wie möglich zu klären“, hieß es dazu von der IAEO.

Wo das Material ist, das die Spuren verursacht hat, ist laut Diplomatenkreisen unklar. Die Erklärungen, die der Iran bisher zur Herkunft des Materials gemacht hat, decken sich demnach nicht mit den Analysen der IAEO. Einen weiteren Verstoß gegen das Atomabkommen bedeutet der Fund nicht. Israel bewertete den Vorfall aber bereits als klares Zeichen, dass das Atomabkommen auf Grundlage unvollständiger Informationen des Iran ausgehandelt wurde.

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