Leitzins im Euroraum bleibt auf Rekordtief von 0,0 Prozent

Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Das entschied der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag in Frankfurt. Auch der Einlagenzins für Banken bleibt unverändert bei minus 0,5 Prozent. Indes stehen für EZB-Präsident Mario Draghi die Zeichen auf Abschied. Nach acht Jahren auf dem Chefsessel der EZB ist dies die letzte Zinssitzung für den Italiener.

Draghi wird sich darum nach Einschätzung von Experten bemühen, die Wogen zu glätten und sein Vermächtnis zu sichern. Die jüngsten schwachen Konjunkturdaten dürften ihm Argumente für den lockeren Kurs liefern. Die Konjunkturaussichten haben sich weiter eingetrübt und die Inflation fiel im Euroraum zuletzt auf 0,8 Prozent. Das ist weit entfernt vom Ziel der EZB von knapp zwei Prozent, das sie als Optimalwert für die Wirtschaft anstrebt.

Am Leitzins, der seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent liegt, werden die Euro-Wächter auf der Sitzung wohl nicht rütteln. Experten gehen davon aus, dass die Zinsen noch für längere Zeit und bis weit in die Amtszeit von Draghis Nachfolgerin Christine Lagarde hinein sehr niedrig bleiben. Die Französin und ehemalige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) übernimmt im November das Ruder bei der EZB.

Der frühere Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny findet für den scheidenden EZB-Chef Draghi vor allem lobende Worte. Draghi habe „in einer sehr schwierigen Phase der europäischen Wirtschaft insgesamt einen guten Job geleistet“, sagte Nowotny am Donnerstag im ORF-„Mittagsjournal“. Inzwischen habe sich aber viel verändert und man müsse „so bald wie möglich von den niedrigen Zinsen wegkommen“.

Draghi habe „mitgeholfen, dass sich der Euro stabilisiert, dass der Euro heute eine internationale anerkannte Währung ist“, so Nowotny. Eine einheitliche Währung sei eine wesentliche Grundlage für das Funktionieren des einheitlichen europäischen Wirtschaftsraums, der wiederum wichtig sei für Beschäftigung und Wachstum.

Die Kritik, Draghi habe entgegen dem Auftrag der EZB Währungs- und Wirtschaftspolitik gemacht, hält Nowotny für „irrelevant“, denn es gebe eine Verbindung zwischen Geldpolitik sowie Wirtschafts- und Währungspolitik. Der Vorwurf, der Italiener Draghi habe den hoch verschuldeten Euroländern wie Italien billiges Geld nachgeworfen, sei „eine schöne Formulierung von Boulevardzeitungen, aber es ist in der Sache nicht richtig“, denn die EZB habe „natürlich keine Staatsfinanzierung betrieben, sie hat den Staaten direkt kein Geld gegeben“, sondern es sei ihr um Preisstabilität gegangen.

Er kritisiere, dass Draghi das Stabilitätsziel bei 1,9 Prozent Inflation festgelegt habe, sagte Nowotny und sprach sich dafür aus, das Ziel künftig flexibler mit 1,5 bis 2,5 Prozent festzulegen, „dann ist man nicht gezwungen, Expansionspolitik um jeden Preis zu machen“.

Von Draghis Nachfolgerin Christine Lagarde erhoffe er sich, „dass es doch eine kritische Diskussion der bisherigen Entwicklungen gibt, weil sich auch Dinge geändert haben“. Man sollte versuchen, so bald wie möglich von den Negativzinsen wegzukommen. „Ich glaube, dass man eine Normalisierung der Geldpolitik schon im vorigen Jahr hätte beginnen können.“

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