Isolierte Familie: Österreicher im Zentrum der Ermittlungen

Ein 58-jährige Österreicher, festgenommener Mieter eines Bauernhofs im niederländischen Ruinerwold, soll am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt werden. Ihm wird im Fall einer isoliert lebenden Familie Freiheitsberaubung und Benachteiligung der Gesundheit anderer vorgeworfen. Der abgelegene Hof wurde inzwischen von einer Spezialeinheit der Polizei durchsucht.

Im Zuge der Ermittlungen haben die Behörden in der rund 15 Kilometer entfernten Ortschaft Zwartsluis zwei Hausdurchsuchungen durchgeführt. Zudem werden die Räume auf dem Bauernhof in Ruinerwold digital erfasst, „um sich einen vollständigen Überblick zu verschaffen“, schrieb die Polizei in einer Stellungnahme. Auch das Landeskriminalamt (LKA) Oberösterreich ermittelt auf Ersuchen des Außenministeriums inzwischen weitere Informationen zum Verdächtigen.

Was mögliche religiöse Hintergründe zu dem Fall betrifft, so gebe es vorerst keine Hinweise auf die Mitgliedschaft in einer Sekte während der Zeit, die der Verdächtige in Oberösterreich verbracht hat. Die Ermittlungen des LKA sind aber noch nicht abgeschlossen. Der Mann wurde in Waldhausen im Bezirk Perg geboren und hat ein kleines Bauernhaus – ein sogenanntes Sacherl – in Pabneukirchen geerbt. Dieses soll er 1983 verkauft haben, dann dürfte er laut LKA nach Wien übersiedelt sein.

Bisher hatte es geheißen es, dass der 58-Jährige ein gebürtiger Wiener sei. Wie die Recherchen der APA ergaben, ist der Mann dann wieder nach Oberösterreich zurückgezogen und lebte bis 2010 rund zehn Jahre wieder in einer Marktgemeinde im Bezirk Perg, ehe er dann in die Niederlande ausgewandert ist.

Niederländischen Medien schrieben, dass der Österreicher und die Familie einander bereits vor dem Aufenthalt in Ruinerwold gekannt hätten. Sie sollen laut „de Volkskrant“ zuvor in der Ortschaft Hasselt bei Zwolle Nachbarn gewesen seien. Der 25-jährige Hofbewohner, der am Montag in einem Wirtshaus um Hilfe gebeten und den Fall so ins Rollen gebracht hat, habe Hasselt zudem als seinen Geburtsort genannt. Später habe er in Zwartsluis gelebt, jener Ortschaft, wo der Vater bis 2008 einen Spielwaren- und Holzhandel betrieben hat. Das Geschäft und ein weiterer Betrieb wurden am Mittwoch von den niederländischen Behörden durchsucht, etwaige Ergebnisse wurden jedoch noch nicht bekannt gegeben.

Über den Holzhandel könnte auch der Kontakt zum verdächtigen Österreicher geknüpft worden sein, denn dieser dürfte in der wenige Kilometer entfernten Stadt Meppel ein Firma registriert haben, die auf Holz spezialisiert ist, wie das niederländische Firmenregister nahelegt. Laut „de Volkskrant“ verkaufte er in den Niederlanden unter anderem auch Holzspielzeug, Holzspäne und Kleinmöbel auf diversen Märkten. Auch während seiner Zeit in Österreich war der 58-jährige als Tischler tätig.

Nach Angaben der Polizei scheint keines der Familienmitglieder in Ruinerwold in Drenthe bei der Grundverwaltung registriert zu sein. Das könnte erklären, warum die Behörden bisher untätig waren. Auf dem abgelegenen, von Bäumen und Hecken umgebenen Bauernhof könnte sich die Familie von auf dem Gelände angebauten Gemüse ernährt haben – auch Tiere, unter anderem eine Ziege, sind dort gehalten worden.

Die zuständige Polizeibehörde bestätigte am Donnerstag auf Anfrage der APA, dass die Exekutive auf dem Bauerhof selbst sechs Personen angetroffen hatte. Sie selbst gaben an, dass sie eine Familie seien: ein Vater und sechs seiner Kinder. Der 25-Jährige war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem Gelände anwesend. Alter und die Identitäten der sieben Personen sind weiterhin Gegenstand der Ermittlungen. Auch die Frage, ob sich alle Personen unfreiwillig auf dem Hof aufgehalten haben, war bisher noch ungeklärt, bisher gebe es aber keine derartigen Indizien. Die Mutter der Familie soll bereits 2004 gestorben ein.

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