Renzi verlässt Italiens Sozialdemokraten und gründet Partei

Der frühere Ministerpräsident Matteo Renzi sorgt wieder für Wirbel in Italiens Politik. Der 45-jährige Senator will die mitregierende sozialdemokratische Partito Democratico (PD) verlassen und eine eigene Partei gründen. Renzi kündigte am Dienstag per Facebook an, er werde die PD verlassen, „um mit anderen zusammen ein Haus zu errichten und Politik anders zu gestalten“.

Renzi geht davon aus, dass ihm rund 20 von 111 PD-Abgeordneten und zehn von 51 Senatoren folgen werden. Er plant noch diese Woche die Gründung einer eigenen Fraktion im Parlament. Renzi kann mit einigen Anhängern in der Regierungsmannschaft Contes rechnen, unter anderem mit Landwirtschaftsministerin Teresa Bellanova und Familienministerin Elena Bonetti. „Ich stehe auf Renzis Seite. Er hat ein ehrgeiziges politisches Projekt für die Zukunft Italiens und Europas“, schrieb Ministerin Bellanova auf Facebook.

Renzi berichtete, dass er am Montag Ministerpräsidenten Giuseppe Conte über seine Pläne informiert habe. Der Toskaner versicherte, dass er weiterhin die zweite Regierung Conte aus PD und Fünf-Sterne-Bewegung unterstützen wird. Einen Namen für die zukünftige Gruppierung nannte Renzi nicht. Erwartet wird, dass er die politische Strategie seiner neuen Partei beim sogenannten Leopolda-Kongress in Florenz vorstellen wird, einer jährlich im Herbst stattfindenden Ideenwerkstatt für ein neues Italien. „Wir werden Ideen und Träume für das Italien von morgen vorstellen“, schrieb der 44-Jährige auf Facebook. Renzi war von 2014 bis 2016 italienischer Ministerpräsident. Er trat zurück, nachdem die Italiener sein ehrgeiziges Projekt einer Verfassungsreform in einem Referendum mit deutlicher Mehrheit ablehnten.

Im Interview mit der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ erklärte Renzi, seine Partei werde bei den nächsten Parlamentswahlen erstmals antreten. Er hoffe, dass diese erst am Ende der Legislaturperiode 2023 stattfinden würden. Sein Ziel sei es, die rechte Lega um Ex-Innenminister Matteo Salvini zu bekämpfen. Kritiker warnten, dass es dem parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte damit erschwert werde, sich an der Macht zu halten. Renzi werde künftig den Regierungskurs stark beeinflussen können.

Renzi betonte, er habe keine Probleme mit PD-Chef Nicola Zingaretti. Die Demokratische Partei bestehe allerdings aus mehreren Flügeln und habe keine Zukunftsvision. Zingaretti reagierte kritisch auf Renzis Austrittspläne. „Renzis Entscheidung tut uns Leid. Das ist ein Fehler, doch jetzt denken wir weiter an die Zukunft der Italiener, an Beschäftigung, Umwelt, Unternehmensförderung, Bildung und Investitionen“, schrieb Zingaretti auf Twitter.

Der sozialdemokratische Kulturminister Dario Franceschini warnte, dass Parteispaltungen in den 1920-er Jahren in Italien Benito Mussolini den Weg zu seinem politischen Triumph geebnet hatten. „Wir sollten aus der Geschichte lernen“, so Franceschini.

Der Ex-Premier und künftige EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni bedauert Renzis Parteiaustritt. „Für mich ist die PD ein Lebensprojekt. Heute ist sie eine der stärksten europäischen und zukunftsoffenen Parteien in Europa. In derart schwierigen Zeiten müssen wir an unserer Partei festhalten und nach vorne schauen“, sagte Gentiloni.

Der Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, reagierte spöttisch auf die Spaltung der Partei, die erst vor zwei Wochen eine Regierung mit der Fünf-Sterne-Bewegung eingegangen war. Salvini warf Renzi Machtgier vor. „Die Italiener werden ihn bestrafen“, twitterte der Rechtspopulist.

Kritisch zeigte sich auch der Gründer der Fünf Sterne-Bewegung, Beppe Grillo. Renzi habe eine „Dummheit“ gemacht. „Italien ist instabil und voller Groll. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um narzissistischem Verhalten nachzugehen“, kommentierte Grillo.

Die oppositionelle Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi rief Regierungschef Conte auf, über die jüngsten politischen Entwicklungen im Parlament zu berichten. „Conte muss erklären, was sich mit der Gründung einer Renzi-Partei für seine Regierung ändert“, forderte die Forza Italia.

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