Zollstreit entzweit G-20-Mächte

Der eskalierende Handelsstreit zwischen den USA und China sorgt zunehmend für Unruhe in der Weltwirtschaft. Beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G-20) im japanischen Fukuoka wurden am Wochenende die Differenzen deutlich. Die USA verhinderten einen gemeinsamen Appell zur Beilegung der Probleme.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte eindringlich vor einem herben Konjunkturdämpfer durch die Zollkonflikte und rief die Beteiligten zur Umkehr auf. Mehr Einigkeit zeigten die G-20-Minister im Bemühen, international agierende Internetkonzerne stärker zu besteuern. Bis kommendes Jahr soll es gemeinsame Regeln geben, mit denen Schlupflöcher für Unternehmen wie Facebook, Google und Amazon geschlossen werden.

In der Abschlusserklärung von Fukuoka wird die Erwartung geäußert, dass sich die Weltwirtschaft im weiteren Verlauf dieses Jahres und im kommenden Jahr leicht erholen wird. Als Hauptrisiko werden verschärfte „Handels- und geopolitische Spannungen“ genannt. Die Unterzeichner erklären lediglich, diese Risiken weiter anzugehen. G-20-Kreisen zufolge wurde auf Betreiben der USA ein Passus gestrichen, in dem von einer „dringenden Notwendigkeit, die Handelsspannungen beizulegen“, die Rede war. Die Abschlusserklärung enthielt ferner nicht die ausdrückliche Einschätzung, dass der Handelsstreit das globale Wirtschaftswachstum schwäche. US-Finanzminister Steven Mnuchin sagte, er sehe keine Auswirkungen des Konflikts auf die heimische Konjunktur.

Deutliche Töne schlug dagegen IWF-Chefin Christine Lagarde an. Sie mahnte, es müsse oberste Priorität haben, die Spannungen im Handel abzubauen. Bereits erhobene Sonderzölle müssten eliminiert und angedrohte Abgaben erst gar nicht eingeführt werden, sagte Lagarde, ohne die USA explizit zu nennen. Ihren Worten zufolge könnten die Zölle, mit denen sich die Vereinigten Staaten und China gegenseitig überzogen haben, das Niveau der globalen Wirtschaft 2020 um 0,5 Prozent reduzieren. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte, der Welthandel könne durch den Streit mittelfristig um ein Prozent gebremst werden, im Falle einer zusätzlichen Eskalation sogar um 1,5 Prozent.

Der Handelskonflikt zwischen den zwei größten Wirtschaftsmächten der Welt hat sich im Mai wieder massiv verschärft. An den Finanzmärkten kamen daher zuletzt Rezessionsängste auf. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf einen neuen wichtigen Termin. Ende des Monats soll sich US-Präsident Donald Trump auf dem G-20-Gipfel im japanischen Osaka mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping treffen.

Als weiteres Risiko für die Weltwirtschaft wurden in Fukuoka steigende Schuldenlasten angesichts der Niedrigzinsen ausgemacht. Dies sei in vielen Industrieländern der Fall, warnte der IWF. Sollte sich die Finanzierungskonditionen für Unternehmen und private Haushalte schnell ändern, seien zudem zahlreiche Schwellenländer anfällig für Krisen. „Und das alles zu einer Zeit, in der der Spielraum der Geld- und Fiskalpolitik begrenzter ist als in der Vergangenheit.“

Fortschritte meldeten die Finanzminister in wichtigen Steuerfragen. So müssen sich Internetkonzerne auf höhere Zahlungen an den Fiskus einstellen. Die G-20-Staaten wollen in dieser Frage ihre „Anstrengungen verdoppeln“. Bis 2020 sollen die Fragen im Konsens geklärt und ein Abschlussbericht vorgelegt werden. Damit dürfte es künftig für Niedrigsteuerländer wie Irland schwieriger werden, ausländische Unternehmen anzulocken. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz betonte allerdings, die Arbeit an den Details dürfte schwierig werden.

Insbesondere die weltweit aktiven Onlinekonzerne sind in die Kritik geraten, weil sie Gewinne geschickt in Niedrigsteuergebiete verlegen und so ihre Last massiv schmälern. Die Digitalisierung fördere Steuerdumping, sagte Scholz. „Deshalb ist es jetzt richtig, das zu ändern.“ Dazu soll nun zum einen die Idee einer Mindeststeuer für Unternehmen vorangetrieben werden. Zum anderen soll auch geklärt werden, welche Länder künftig die Steuern auf Gewinne von Internetfirmen erheben dürfen. Denn diese bieten Dienstleistungen oft gratis an und verdienen dann an anderer Stelle mit den Daten der Nutzer. Außerdem machen sie hohe Gewinne in bevölkerungsreichen Ländern wie China und Indien, versteuern die Profite dann aber in Steueroasen.

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