Jeder Siebente trinkt laut Drogenbericht 2018 zu viel

Die türkis-blaue Bundesregierung plant neue Ermittlungsmaßnahmen und Strafen für Drogenlenker. Der bisher nicht an die Öffentlichkeit gelangte „Epidemiologiebericht Sucht 2018“ im Auftrag des Gesundheitsministeriums zeigt insgesamt eher weniger als mehr „Drogenproblematik“ in Österreich. Während die Diskussion oft auf Suchtmittel fokussiert ist, hat das Land ein viel größeres (Alkohol)-Problem.

Ziel des Berichts von „Gesundheit Österreich“ ist es, so die Autoren, „ein möglichst klares und verständliches Bild der Epidemiologie des risikoreichen Drogenkonsums, des Alkoholkonsums sowie des Tabakkonsums in Österreich zu gewinnen“, schrieben die Autoren von „Gesundheit Österreich“. Der Report, seit Ende 2018 vorliegend, wurde offiziell nicht vorgestellt.

In Sachen Drogen steht oft die Abhängigkeit von Opioiden mit dem intravenösen Heroinkonsum im Vordergrund. Hier hat sich die Situation offenbar deutlich verbessert: „Fast alle verfügbaren Daten des Drogenmonitorings lassen auf einen Rückgang bzw. eine Stagnation des risikoreichen Opioidkonsums in der Altersgruppe der unter 25-Jährigen schließen (weniger Einsteigerinnen und Einsteiger). Dies bedeutet einen Rückgang hinsichtlich der Opioidproblematik. Derzeit gibt es in den verfügbaren Daten keine eindeutigen Hinweise auf eine nachhaltige Verlagerung auf andere Substanzen (z. B. Cannabis, Stimulanzien). Gemäß Prävalenzschätzung ist der Anteil der Personen unter 25 Jahren von 40 Prozent im Jahr 2004 auf neun Prozent im Jahr 2017 gesunken“, schreiben die Fachleute.

Derzeit geht man laut Schätzungen von im Mittel 36.500 „Personen mit risikoreichem Opioidkonsum“ aus. Bis 2014 waren es im Mittel rund 30.000 gewesen. Der Grund für die Zunahme laut den Experten: Dies dürfte in erster Linie „auf den chronischen Charakter der Opioidabhängigkeit und das lange Überleben von Personen mit Opioidabhängigkeit aufgrund einer gurten therapeutischen Versorgung (z.B. Substitutionsbehandlung) zurückzuführen sein.“ Mit 154 direkt drogenbezogenen Todesfällen im Jahr 2017 gab es bei den „Drogentoten“ wieder einen positiven Trend (2016: 165 Todesfälle). 2014 gab es mit 122 Todesfällen, die direkt mit Suchtgiftkonsum in Verbindung gestanden sind, ein Minimum (2009 zum Beispiel 206 Todesfälle). Im Jahr 2015 wurden 153 „Drogentote“ registriert. Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit solche Angaben jeweils statistisch signifikant sind.

Mehr als die Hälfte der geschätzt 35.000 bis 38.000 Personen mit risikoreichem Opioidkonsum befindet sich in Behandlung. „Der Prozentsatz der Personen mit Opioidproblemen in Substitutionsbehandlung ist regional unterschiedlich und liegt für Gesamtösterreich zwischen 49 und 53 Prozent. Es ist gelungen, über die Jahre die In-Treatment-Rate von Personen mit Opioidabhängigkeit massiv zu erhöhen. Dies kann als großer Erfolg gewertet werden. 2017 befanden sich 18.632 Personen in Substitutionsbehandlung“, heißt es in dem Report.

Allerdings tut sich offenbar eine Bedarfslücke bei den Ärzten auf, welche Opioid-Substitutionsbehandlungen durchführen. Der Report: „Die Anzahl der in der Substitutionsbehandlung versorgungswirksamen Ärztinnen und Ärzte ist 2017 im Vergleich zum Vorjahr erstmals gesunken (2016: 566, 2017: 552). Das kann bei steigenden Patientenzahlen als Verschlechterung der Versorgungslage interpretiert werden.“

Während die Diskussion rund um eine „Drogenproblematik“ in Österreich oft scharf auf die illegalen Suchtmittel fokussiert ist, hat das Land ein viel größeres (Alkohol)-Problem. „Alkohol ist jene psychoaktive Substanz, mit der in Österreich die meisten Personen Erfahrungen machen“, heißt es im Epidemiologiebericht Sucht 2018.

„Im Gegensatz zu illegalen Substanzen sowie Tabak handelt es sich dabei bei vielen Menschen um ein relativ konstantes Verhalten im Lebensverlauf. Etwa jede siebente Person in Österreich trinkt in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß, wobei der Anteil unter Männern doppelt so hoch ist wie jener unter Frauen“, schreiben die Experten von „‚Gesundheit Österreich“. Im Handbuch Alkohol des Gesundheitsministeriums (2018 publiziert) ist von 18,8 Litern reinem Alkohol Jahreskonsum bei den über 15-jährigen Männern und von 6,2 Litern bei den Frauen die Rede. Das deckt sich in etwa mit den Zahlen im aktuellen „Lancet“-Fachblatt (Frauen: 5,75 Liter, Männer: 18,48 Liter; 2017). Für alle 15- bis 99-Jährigen wird im Durchschnitt mit einem Pro-Kopf-Konsum an reinem Alkohol in Österreich von rund zwölf Litern gerechnet.

Das sollte aber nicht unbedingt beruhigen. „Alkoholassoziierte Todesfälle sind seit den 1990er-Jahren rückläufig. Im Jahr 2016 wurden 1,4 Prozent aller Todesfälle explizit mit Alkoholkonsum in Verbindung gebracht. Die tatsächliche Anzahl der Todesfälle, bei denen exzessiver Alkoholkonsum eine wesentliche Rolle gespielt hat, wird jedoch höher liegen“, schrieben die Experten.

Deutlich rückläufig ist der Anteil der Raucher in Österreich. Seit Anfang der 2000er-Jahre hat sich beispielsweise die Rate der täglich rauchenden 15-Jährigen je nach internationaler Vergleichsstudie in etwa halbiert: Von rund 30 auf 16 Prozent oder von etwas mehr als 20 auf zehn Prozent. Der Drogenbericht: „Die Rauchprävalenz bei Kindern und Jugendlichen halbierte sich seit dem Jahr 2002. Im Europäischen Vergleich liegt Österreich nach diesem Rückgang allerdings nach wie vor je nach Erhebungsreihe leicht bzw. deutlich über dem Durchschnitt (um die acht Prozent; Anm.).“

Ganz ähnlich ist es bei den Über-15-Jährigen. „Im europäischen Vergleich (EHIS 2014) liegt Österreich bei den täglich Rauchenden mit einem Wert von 24 Prozent über dem EU-28-Durchschnitt von 19 Prozent im oberen Viertel. Der EU-28-Durchschnitt bei Rauchenden gesamt (täglich und gelegentlich) liegt bei 24 Prozent (in Österreich bei 30 Prozent).

Im EU-28-Vergleich (plus Türkei) zeigten 2014 allerdings die österreichischen Frauen als tägliche Raucherinnen den höchsten Anteil mit 22 Prozent (EU-Durchschnitt: 16 Prozent). Die Männer lagen mit 27 Prozent (EU-28-Durchschnitt: 23 Prozent) ebenfalls im höheren Bereich, aber längst nicht an der Spitze (Türkei: 41 Prozent, Zypern: 38 Prozent, Schweden: neun Prozent).

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