Neo-Thiem-Coach Massu: „Ich spiele jedes Match mit ihm mit“

Er ist zweifacher Olympiasieger von 2004 in Athen, ehemalige Nummer 9 der Tennis-Herren und seit fünf Jahren chilenischer Davis-Cup-Kapitän. Der neue Mann an der Seite von Dominic Thiem heißt Nicolas Massu. Der 38-jährige Chilene, der seit dem Turnier in Buenos Aires bzw. knapp zwei Monaten Touring-Coach Thiems ist, ist nun alleinverantwortlicher Coach des Weltranglisten-Fünften aus Lichtenwörth.

Massu ist ein Volksheld in Chile, hat er doch als erster chilenischer Sportler überhaupt – zunächst im Doppel mit Fernando Gonzalez und 24 Stunden später auch noch im Einzel – die ersten Olympia-Goldmedaillen überhaupt für sein Land geholt. Im August 2013 hat er seine Karriere beendet und schon eine Woche darauf den Job als Davis-Cup-Kapitän angenommen.

„Ich bin damals nicht zurückgetreten, weil ich des Tennis müde war, sondern weil ich viele Verletzungen gehabt habe. Aber das ist mein Leben, ich widme mein ganzes Leben dem Tennis“, erzählte Massu im Vorfeld des ersten Auftritts seines neuen Schützlings Dominic Thiem beim Masters-1000-Turnier in Monte Carlo.

Im Rückblick liest es sich fast eigenartig, hatte doch Thiem Anfang Februar angeschlagen für den Heim-Davis-Cup gegen Chile absagen müssen. Und damit den knappen 3:2-Auswärtssieg der Südamerikaner in Salzburg gegen das ÖTV-Team im Kampf um einen Platz beim lukrativen Davis-Cup-Finalturnier in Madrid zumindest erleichtert.

„Ja, das ist unglaublich. Für mich war es ein unglaubliches Jahr, weil wir in die Davis-Cup-Weltgruppe aufgestiegen sind nach acht Jahren. Ich habe mit einigen dieser Spieler begonnen, als sie 16 Jahre alt waren. Jedes Land will einen Dominic Thiem in seinem Team haben. Aber dadurch, dass er nicht gespielt hat, hatten wir mehr Chancen und haben bis zum letzten Ball gekämpft“, blickte Massu zurück.

Noch ehe in Salzburg der erste Ball geschlagen war, war der Anruf von Thiem-Coach Günter Bresnik gekommen. Und so sollte Massu Thiem sehr bald auf der gleichen Seite des Platzes unterstützen. „Ich kenne Günter, seit er noch mit (Stefan) Koubek gereist ist. Ich bin dann nach Buenos Aires gefahren, war dann in Rio alleine. Sie haben Vertrauen in mich und ich werde alles tun, was ich kann, um ihm zu helfen“, versprach Massu.

Dass sich Thiem nun in sportlichen Belangen von Bresnik getrennt hat, davon war damals nicht die Rede. Massu will sich dazu auch nicht äußern, zumindest hatte er im Vorfeld auch noch Kontakt zum Langzeit-Coach Thiems. „Dominic muss wissen, was für ihn das Beste ist. Er muss glücklich sein. Fans und Medien denken immer nur an die Resultate. Das Wichtigste ist das gute Umfeld und dass er happy ist, dann kommen auch gute Resultate einfacher“, glaubt Massu.

Massu brennt nicht nur für diesen Sport, er zeigt es als Coach sowohl auf der Davis-Cup-Bank als auch in der Spielerbox von Thiem. „Ich bin jetzt in einem anderen Teil meines Lebens. Davor war ich derjenige, der gelaufen ist und gekämpft hat, jetzt fühle ich es genauso. Ich spiele jedes Match mit Dominic. Wenn er gewinnt, bin ich glücklich, wenn er verliert, bin ich traurig. Wir haben eine sehr gute Connection, er ist auch ein großartiger Mensch“, lobte der sechsfache Turniersieger den Niederösterreicher.

Sich selbst will Massu hintanstellen.“Jetzt ist die wichtigste Person Dominic, das bin nicht ich oder irgendjemand anderer. Er ist jetzt Nummer 5 der Welt und er ist jetzt 25 Jahre alt. Das Turnier in Indian Wells hat ihm sehr viel Selbstvertrauen gegeben.“ Zudem habe Thiem einmal mehr bewiesen, dass er kein reiner Sandplatz-Spezialist ist. „Er kann auf allen Belägen sehr gut spielen.“

Große Änderungen will Massu an Thiem nicht vornehmen. „Er ist 25 und ein kompletter Spieler. Aber manchmal machen ganz kleine Veränderungen ganz große Unterschiede“, sagte der Chilene.

Eine wichtige Komponente im neuen „Team Thiem“ spielt neben dem weiterhin engagierten Physio Alex Stober auch Neo-Fitness-Coach Duglas Cordero, den sich Thiem mit Fabio Fognini teilt. Massu hatte den Kubaner nach Rio de Janeiro geholt. „Ich habe ihm gesagt, wir brauchen so schnell wie möglich einen Konditionstrainer und haben gesprochen“, erzählte Massu der APA – Austria Presse Agentur. Nach Absprache mit Fogninis Coach war schnell eine Vereinbarung erzielt. „Es gibt viele Spieler auf der Tour, die den Konditionstrainer teilen, das ist normal.“

Was Cordero und Thiem in kurzer Zeit erreicht haben, hat Massu „sehr überrascht“. „In einem Monat hat Dominic seinen körperlichen Zustand SEHR verbessert.“ Massu hat auch sonst bereits erkannt, wie schnell Thiem Vorgaben umsetzen kann. Dafür hatte auch Bresnik den French-Open-Finalisten 2018 immer wieder gelobt. „Wenn du etwas zu ihm sagst, kann er es sofort umsetzen.“

Vor zwei Monaten kannten sich Massu und Thiem noch nicht, nun sehen sie sich sehr intensiv. „Das ist wie eine Ehe. Es ist nicht so einfach, wenn du jemanden nicht kennst und dann von einem Tag auf den anderen verbringst du plötzlich fast 24 Stunden am Tag zusammen.“ Doch der Lichtenwörther sei auch abseits des Platzes ein toller Mensch und auch mit Thiems Eltern herrscht ein gutes Einvernehmen.

Sein eigener Input als Ex-Spieler? „Ich verstehe, wie er spielt, ich hatte ein ähnliches Spiel“, erzählte Massu, der selbst den Ball noch sehr gut trifft. „Ich bin 38, ich fühle wie der Ball kommt, ich kann mit ihm üben. Ich habe noch viel Energie und das ist auch meine Art.“ Dass er nun wieder viel reisen wird, stört Massu gar nicht. „Ich war immer so. Für mich wäre es eigenartig, wenn ich immer zu Hause bleiben würde.“

Und Thiem kann für ihn noch sehr viel erreichen. „Eines Tages kann er die Nummer 1 werden: er hat das Alter, das Talent und die Power und er ist Nummer 5 der Welt.“

Und Massu wird künftig wohl auch öfters in Österreich sein. Denn Thiem möchte seine „Homebase“ nicht aufgeben und im Heimatland trainieren, wie er auch in Monte Carlo bestätigt hat. Nach einer Verpflichtung in Chile wird Massu im Vorfeld des Turniers in Madrid schon für einige Tage nach Wien kommen.

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