„Literatur im Nebel“: Coetzee kritisiert Globalisierung

„Literatur im Nebel“ ist Kult, mit und ohne Nebel: Auch im 13. Jahr fand die Veranstaltung in Heidenreichstein (NÖ) regen Zulauf. Mit dem in Südafrika geborenen und in Australien lebenden John Maxwell Coetzee stand wieder ein Nobelpreisträger als Ehrengast im Mittelpunkt des zweitägigen Festivals, das Freitag Abend mit Lesungen, Gesprächen und einer Globalisierungskritik Coetzees begonnen hat.

Die Menschen würden nur noch über ihr Konsumverhalten als Verbraucher definiert, kritisierte Coetzee. Das interessiere ihn nicht. Angesprochen auf den bereits 1980 erschienenen Roman „Warten auf die Barbaren“ zog er Parallelen zur Gegenwart: Die Verteidigung gegen vermeintliche Barbaren führe selbst in die Barbarei. Mit dem Begriff „Apartheid“ hat er mittlerweile ein Problem, denn seine Verwendung mache konstruktive Debatten unmöglich, so Coetzee, der 2016 anlässlich eines Besuchs in Palästina mit unverhohlener Kritik am israelischen Vorgehen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem nicht gespart hatte.

Begonnen hatte die diesjährige Ausgabe der „Literatur im Nebel“ mit einem großen Gedränge in der Margithalle. Zunächst lasen Inger-Maria Mahlke und Aglaia Szyszkowitz aus Coetzees Werk. Statt der ursprünglich angekündigten, wegen einer Verletzung verhinderten Schriftstellerin Helene Hegemann sprang Daniela Golpashin ein, in weiteren Leseblocks wirkten Elias Hirschl, Hans Pleschinski, Elisabeth Trissenaar, Thomas Frank, Elisabeth Orth und Peter Lohmeyer mit.

Im Gespräch mit Hans Balmes, Lektor beim Fischer-Verlag, kam dann der 79-jährige Coetzee selbst zu Wort. Zunächst richtete er auf Deutsch Dankesworte für die Einladung an die Festivalinitiatoren Rudolf und Christine Scholten sowie Robert Schindel und an alle daran Mitwirkenden. Dann ging es um Coetzees jüngsten Erzählband „Seven moral tales“, der u.a. die Beziehung zwischen erwachsenen Kindern und alternden Eltern sowie die Frage thematisiert, ob Tiere Ansprüche und Rechte hätten.

„Meine Bücher wurzeln nicht in der englischen Sprache“, erklärte Coetzee auf die Frage, warum dieser Band zuerst auf Spanisch erschienen sei. Er habe keine Präferenz für eine bestimmte Sprache und sei darüber hinaus „angewidert“ von der präpotenten Hegemonie der Weltsprache Englisch, die kleinere Sprachen verdränge.

Seit 2015 hat Coetzee eine Professur in Buenos Aires inne, die er dafür nützen will, drei entfernte Literaturen miteinander zu verbinden: jene aus Lateinamerika, Südafrika und Australien. Ein direkter Austausch soll – ohne Umwege über die „Wächterfiguren“ in New York oder London – zuwege kommen und eine „Literatur des Südens“ stärken: eines Südens, der über eine eigene komplexe Geschichte verfüge.

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